Mittland 2 - Das Feuer der Drachen: 1.100 Seiten Fantasy (German Edition)
auf den Kampf und die Eroberung freuen. Sie entwickeln neue Säfte, sie wissen wieder, warum sie Barken sind.«
»Wir sind nicht mehr als fünf Dutzend, die Weiber und Kinder abgerechnet. Was sollen wir gegen eine ganze Stadt ausrichten?«
»Je weniger wir sind, desto besser. Eine Armee lenkt Aufmerksamkeit auf sich, eine Gruppe kaum.«
»Ich glaube, du kennst den Grund deiner Entscheidung ganz genau ...«, meinte der Alte sophistisch.
Korgath kochte innerlich . Er hatte die Schnauze voll von diesem Kerl. Das ewige Gequatsche von wegen diesem und jenem und überhaupt ... Zwar mussten Schamanen so sein, man erwartete von ih nen eine gewisse Versponnenheit, auch dass sie in schwer verständlichen Sätzen sprachen, doch Korgath hatte nun endgültig genug davon.
»Es wird getan, wie ich es befohlen habe!«, schnauzte er und ließ den Alten stehen. Er begab sich in den Kreis seiner Männer, die ihm auf die Schulter schlugen, ihn beglückwünschten und ihm deutlich machten, was er war und immer sein würde:
Korgath von Nordbarken, ein Barke, ein Kämpfer, ein Eroberer, Jäger und ganzer Kerl.
24
Neun Generationen zuvor hoch im Norden
Die Geburt war grauenvoll.
Nashka schrie und wand sich, während Regerik Lightgarden ihre Beine hielt, wobei seine Hände Schraubstöcken glichen.
»Gleich hast du es geschafft«, zischte er , und seine A ugen glühten. »Gleich ist es so weit!«
»NEIN!«, brüllte Nashka. Ihr Körper war ein einziger glühender Schmerz. In ihrem Leib rumorten die Götter von Unterwelt. Sie hatte das Kind fast neun Monate in sich getragen , und auf gewisse Weise hatte sie sich daran gewöhnt, sogar etwas, wie ... Liebe? ... zumindest Zuneigung entwickelt. Der Hass, den sie verspürt hatte, als sie schwanger wurde, veränderte sich im selben Moment, als das Kind sich in ihr bewegte, streckte und gegen ihre Bauchdecke trat. Sie betrachtete die kleinen Beulen unter ihrer Haut und weinte. Lightgarden kümmerte sich rührend um sie, dennoch ließ er sie nie aus den Augen . S ie durfte die düstere Gruft nicht verlassen.
So verging die Zeit . H eute waren die Wehen gekommen. Flüssigkeit schoss aus ihrem Unterleib , und als hätte der Vampir die Schwingung des neuen Lebens verspürt, öffnete er die Tür und war bei ihr. Er brachte weiße , saubere Tücher mit und eine Schüssel mit warmem Wasser. Er reinigte Nashka und machte ihr Mut.
»Ich will dieses beschissene Kind nicht!«, kreischte Nashka und wehrte sich. »Es tut so weh!«
Das tat es, denn das Kind wehrte sich. Es stieß und beugte sich, drehte sich in ihrem Leib , und Nashka wusste , dass es nicht geboren werden wollte. Es fühlte sich wohl im warmen dunklen Mutterleib und fürchtete sich vor dem Leben. Die Schmerzen waren allumfassend , sodass Nashka dachte, in der Mitte zu zerreißen, auseinander zu platzen, während sie sich den Tod wünschte oder zumindest einen sehr tiefen Schlaf, damit die Pein ein Ende habe, endlich endete, endlich.
Sie lag zitternd in einer Lache nasser Hitze . All ihre Kraft war gewichen , also wehrte sich auch nicht, als Lightgarden in sie fasste und dort hantierte. Vor ihren Augen dämmerte es und ihr Geist gab auf. Nun gut – so würde sie sterben. Das war nicht ungewöhnlich. Ein Drittel aller Frauen starben bei der Geburt, warum sollte es ihr anders ergehen? Doch diese Frauen hatten einen letzten Wunsch. Sie wollten ihr Kind sehen, nur einmal sehen, es vielleicht betasten und, wenn sie viel Glück hatten, an sich drücken.
Diesen Wunsch hegte Nashka nicht, denn sie begriff, dass dieses Kind nicht von ihr gehätschelt werden wollte. Es rief nicht schweigend oder greinend nach seiner Mutter, sondern es wollte nicht hinaus. Es hatte keine Sehnsucht nach seiner Mutter, keine Sehnsucht nach dem Licht.
»Dann bleib, wo du bist, verfluchter Balg!«, schrie Nashka und weinte . Sie stöhnte und badete in unendlichem Schmerz. Ihre Haut brannte, ihre Knochen waren wie zerschlagen, ihre Haut zum Reißen gespannt. Ihr Unterleib glich einer glühenden Masse Lava , und salziger Schweiß troff in ihre Augen, sodass sie nichts mehr sah, alles vor ihr verschwamm, während eine beginnende Ohnmacht sie umgarnte, sie in ihre weichen Arme nehmen und davon tragen wollte. Doch diese Ohnmacht war nicht gnädig, sondern nahm stets Reißaus, wenn Nashka sich ihr hingeben wollte. Krämpfe schüttelten sie und holten sie zurück in diesen von Kerzen beschienenen Raum, zurück zu Reg erick Lightgarden, der auf das Kind wartete, es
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