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Mittland 3 - Das Erbe der Drachen - Teil 3: Dunkle Schwingen (DAS FINALE) (German Edition)

Mittland 3 - Das Erbe der Drachen - Teil 3: Dunkle Schwingen (DAS FINALE) (German Edition)

Titel: Mittland 3 - Das Erbe der Drachen - Teil 3: Dunkle Schwingen (DAS FINALE) (German Edition)
Autoren: Volker Ferkau
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nur, zog einen Stein aus der von der Gischt klammen Hose und legte ihn ihr in den Schoß, als wäre es Erklärung genug.
    Überhaupt redete Earin kaum. Sie musste nicht reden. Ein einzelner Blick genügte, eine kaum merkliche Bewegung ihrer Mundwinkel, der Lippen, ein Augenaufschlag oder das Kräuseln ihrer Nase reichte n aus, um sich verständlich zu machen. Und je älter sie wurde, umso tiefgehender schien sich dieses Talent auszubilden.
    Als sie schließlich zu einer Halbwüchsigen herangewachsen war, zogen die Frauen sie zu Rate, wenn sie Ärger mit ihren Männern hatten, begleiteten sie auf ihren Spaziergängen am Meer und lauschten ihr, als wäre jedes unausgesprochene Wort eine Offenbarung. Auch die Männer kamen, fragten nach den besten Fischfanggebieten oder baten um Hilfe, weil sie die Fährte ihrer Beute auf den überwucherten Gebirgspfaden verloren hatten.
    Und ihre stummen Ratschläge waren gut. So gut, dass sich ihr Ruf über die Grenzen der Halblingswelt hinaus verbreitete und selbst über das Meer an fremde Küsten getragen wurde.
    Andere kamen, um sie zu sehen, um Antworten zu finden und sich selbst von ihrem sagenumwobenen Talent zu überzeugen. Aber nicht jeder war dankbar, nicht jeder demütig. Besitzen wollten sie sie, wollten sie mit sich nehmen, ganz für sich alleine haben und für ihre machthungrigen und habgierigen Zwecke missbrauchen.
    »Kendrik, du als ihr Vater und Anführer musst etwas unternehmen«, wetterten die Stammesmitglieder auf der Ratsversammlung. »Sie bringt uns ehrloses Gesindel in das Dorf, Raffgierige, Meuchler und Banditen.«
    » Wie sollen wir uns verteidigen? Mit Angeln und Jagdmessern? Wie sollen wir unsere Familien schützen, wenn sie die Dörfer überfallen und ausrauben? Wir haben nur unseren täglichen Fang, die wenigen Nackenhornhirsche, die wir schießen und die Handvoll Leporis, die wir aus den Erdbauten ziehen.«
    » Schaff sie fort, Kendrik. Schaff sie fort oder verheirate sie mit einem fernen Stamm, damit es einen anderen scheren muss und wir wieder unseren Frieden haben.«
    So überlegte Kendrik On'tor, was am besten zu tun sei, für sich, seine Tochter und die Gemeinschaft. Wie es Brauch war, zog er sich in das Tam , das Ritualzelt des Heilers, zurück.
    Der runde Bau war am Bodensaum mit einer dicken Schicht Tran abgedichtet, mit Fellen ausgelegt und in der Mitte mit einer kleinen Feuerstelle bestückt. Hier empfing der Stammesführer seine Weihe, hier hörte er die verschiedenen Tieraspekte sprechen, sah sie in seinem Geist Gestalt annehmen, wenn sie ihm Weisung gaben. Ihr Wort war Gesetz, egal wie ihre Entscheidungen ausfielen. Auch wenn es bedeuten würde, Earin fortzuschicken.
    Mit von Gram gezeichneter Miene entzündete der Älteste die ausgewählten Späne und träufelte die aus Rinde, Kräutern und Seemuscheln gewonnene Gebetsessenz in die Wasserschale, die über dem Feuer hing. Tief und langgezogen atmete er ein, so wie es ihm von seinem Vater, und dem wiederum von dessen Vater, beigebracht worden war.
    Weißer Rauch flutete das Tam, legte sich als brennender, pelziger Film über die Augen und machte ihm das Atmen schwer.
    Doch Kendrik saß unverrückbar, aufrecht, die Beine in Froschhaltung seitlich der Hüfte aufgestellt, während dessen sein Geist langsam die Fühler nach der Geisterebene auszustrecken begann. Er schloss die Lider und ließ sich von den stumpfen Bässen der Erdtrommeln, die draußen geschlagen wurden, tragen. Schlag um Schlag - langsam, monoton und unerbittlich in ihrer Regelmäßigkeit.
    Warum habe ich nicht Earin um Rat gefragt, so wie alle anderen? , wanderte ein Gedanke durch sein Bewusstsein und wurde im nächsten Augenblick mit dem Rauch fortgeweht, als sich die Götter zeigten.
    Dunka und Tokk, Daschwa und Sogg, Zonday und Inuel kamen aus dem Dunkel der Zeltwände gekrochen und versammelten sich im Kreis um das Feuer. Bär und Habicht, Schlange und Seewolf, Lepori und Hirsch. Wehende Dunstgebilde.
    »Du hast gerufen und wir sind gekommen, wie es der Bund verlangt«, erklangen die Stimmen im Chor.
    Der Älteste schluckte trocken, spürte das Kratzen im Hals, den Rauch, der ihm seine Lungen füllte, aber es war ein anderer Schmerz, tief in seinem Herzen, der ihm Tränen in die Augen trieb, als er die Worte für seine Frage sammelte. Als er endlich die Lippen auseinander zwang, kamen ihm die Götter zuvor.
    »Wir kennen deine Frage, Kendrik On'tor, und wir kennen die Antwort. Earin ist für anderes bestimmt als für eine Ehe
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