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Mittsommersehnsucht

Mittsommersehnsucht

Titel: Mittsommersehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfie Ligensa
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knirschendes Geräusch, als sie mit dem Hinterkopf gegen den Türrahmen krachte.
    Tom Rheenhus fluchte laut. Er bückte sich, sah der Malerin ins Gesicht. Sie hielt die Augen geschlossen, ein dünner Blutfaden rann aus ihrem rechten Mundwinkel. Als er sie mit dem Fuß anstieß, fiel sie zur Seite. Halb gekrümmt lag sie auf dem Boden des Ateliers.
    Wie gehetzt schaute der Galerist sich um. Nur fort von hier!
    Ehe er die Latten und hohlen Rahmen an sich riss, tastete er nach Evelyns Halsschlagader – der Puls war kaum noch zu spüren. Doch jetzt regte sie sich, sah ihn an …
    »Merde! Merde!« Vor Toms Augen drehte sich alles, Panik überflutete ihn wie ein Tsunami. Er griff in die linke Jackentasche. Die Beretta darin war rasch entsichert. Er schoss zweimal kurz hintereinander, ohne genau zu zielen. Nur eins war wichtig: Evelyn durfte nicht mehr wach werden, sie durfte nicht gegen ihn aussagen.
    Panisch sah er sich um. Sollte er einen Raubmord vortäuschen? Das Wertvollste waren hier die Rahmen und Bilder. Wenn er alles mitnahm … etliche Leinwände standen herum. Auf einigen waren Skizzen zu sehen. Ein paar Bilder waren fertig …
    Draußen war es still. Nur ganz selten hörte man ein Auto oder eine Schiffssirene.
    Tom rannte zu seinem Wagen, verfrachtete alles, was ihm im Atelier nützlich erschien, im Kofferraum des Kombi.
    Noch einmal sah er nach Evelyn. Sie lag reglos auf dem Boden, eine Blutlache hatte sich unter ihrem Körper gebildet. Schulterzuckend wandte er sich ab und ging hinaus.
    Er hatte seinen Wagen gerade erreicht, als ein grauer Volvo in die Einfahrt fuhr. Die Fahrertür schwang auf. Das Erste, was Tom sah, war eine dunkle Tasche, dann stieg die junge Frau aus und hob grüßend die Hand.
    »Hallo, Tom! Holst du dir neue Bilder ab?«
    Die deutsche Ärztin! Wenn sie jetzt ins Haus ging … nein, das durfte nicht passieren!
    Erneut griff er zur Pistole.

44
    D ie Black Nessy verließ den Hafen von Tromsø und nahm Kurs auf Hammerfest. Die Stadt, seit fast zwei Jahrhunderten Anlaufhafen der Wal- und Robbenfänger, hatte sich in den letzten zehn Jahren stark ausgedehnt. Immer noch war die Fisch verarbeitende Industrie ein wichtiger Erwerbszweig, doch inzwischen war die Öl- und Gasindustrie noch bedeutsamer für die Region. Die Klimaerwärmung hatte es möglich gemacht, die Öl- und Gasvorkommen in der Barentssee zu fördern. Melkøya hieß die kleine Insel, die Hammerfest vorgelagert war und auf der inzwischen die größte Erdgasverflüssigungsanlage Europas stand.
    Magnus, James und ihre Kollegen brachten diesem stetig wachsenden Industriezweig eine gewisse Skepsis entgegen. Gewiss, es war unumgänglich, die Bodenschätze der Erde zu fördern, doch die Meeresbiologen versuchten darauf zu achten, dass dem Umweltschutz und dem Schutz der Meerestiere ausreichend Rechnung getragen wurde. Immer wieder nahmen sie Messungen vor, kontrollierten die Reinheit des Wassers, die Gesundheit von Fischen, Krebsen und den unzähligen Kleinlebewesen, die für das ökologische Gleichgewicht des Meeres so wichtig waren.
    Aus diesem Grund wollten die Meeresbiologen noch weiter nördlich zur Barentssee fahren. Dieser sensible Meeresbereich war einer der wichtigsten Fischlaichgründe für den Kabeljau, aber auch ein zentraler Korridor für die berühmten Walwanderungen. James, Magnus und viele andere Forscher hatten große Sorgen, dass die immer intensiver praktizierte Ölförderung in diesem Gebiet das ökologische Gleichgewicht des Meeres stören könnte. Auch die vier größten Vogelbrutkolonien der Welt, die hier im Norden beheimatet waren, schienen gefährdet.
    Das Schiff hatte den Bals-Fjord verlassen, und auch der breite Uls-Fjord war bereits passiert, als Magnus und James einige Wasserproben nahmen und die ersten Königskrabben fingen. Es waren große, fast einen Meter lange Tiere.
    »Die Population nimmt immer mehr zu. Wenn das so weitergeht …«
    »Dann frisst dieses Monsterwesen in einem Jahrzehnt alles andere, was in unseren Gewässern lebt, auf.« James tötete das Tier kurz und schmerzlos. Lust darauf, die Krabbe zum Mittagessen zu genießen, hatten die Forscher nur noch selten. Sie wussten nur zu gut, dass diese Tiere, die ursprünglich in fernöstlichen Gewässern zu Hause waren und einst von sowjetischen Militärs zur Barentssee gebracht worden waren, eine Gefahr für die einheimischen Meeresbewohner darstellten.
    James und Magnus arbeiteten mit den drei Kollegen bis zum späten Nachmittag. Die See, am

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