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Mittsommersehnsucht

Mittsommersehnsucht

Titel: Mittsommersehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfie Ligensa
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»Raus, ehe ich schreie.«
    »Aber wir müssen reden. Bitte!«
    Sie schüttelte nur den Kopf und wollte an ihm vorbei, doch er hielt sie fest. Und obwohl sein Griff hart war, obwohl er ihr weh tat, genoss sie seine Berührung. Sein vertrauter Geruch weckte Sehnsüchte in ihr, die sie mühsam verdrängt hatte.
    »Lass mich los!«
    »Nein. Du hörst mir jetzt zu!« Er legte die linke Hand unter ihr Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. »Andrea, ich liebe dich. Dich allein!«
    »Und was ist mit dieser Lilian?« Ihre Stimme klang hohl, sie hielt den Kopf gesenkt und mied immer noch seinen Blick.
    »Das ist vorbei, das hab ich dir doch schon gesagt.« Er zog sie mit sich ins Wohnzimmer, zwang sie mit sanfter Gewalt, sich auf die Couch zu setzen, und ließ sich ihr gegenüber in einem Sessel nieder. Wieder nahm er ihre Hände. »Andrea, Lilian ist ein verwöhntes reiches Mädchen. Sie hat sich in den Kopf gesetzt, dass aus uns ein Paar wird. Aber …« Er zuckte mit den Schultern, ein zärtliches Lächeln umspielte seine Lippen, als er fortfuhr: »Seit ich dir begegnet bin, gibt es nur noch dich. Und so wird es bleiben.«
    »Und … die Überraschung? Kriegt sie … ein Kind von dir?« Die letzten vier Wörter flüsterte sie nur.
    »Nein. Auf keinen Fall. Sie hat nur versucht, mich … zu kaufen.«
    »Was?«
    »Ja. Ihr Vater ist Multimillionär. Er spendet einiges für unser Labor. Und finanziert zum Teil die Black Nessy .« Er biss sich auf die Lippe. »Na ja, und er hat mir ein eigenes Labor eingerichtet. Gleich hinter seiner Luxusvilla. Das war die Überraschung, die sie angekündigt hat.«
    Ungläubig sah Andrea ihn an. »Das ist – verrückt.«
    »Stimmt. Und ganz und gar indiskutabel.«
    Sie beugte sich vor, alle Abwehr war aus ihrer Miene verschwunden. »Und jetzt?«
    »Jetzt bin ich bei dir.« Er strich ihr zärtlich über die Wange. »Es gibt nichts, was mich noch von dir trennen kann. Ich liebe dich, Andrea. Dich allein!«
    Tränen standen ihr in den Augen, als sie sich vorbeugte und ihn küsste. »Ich liebe dich«, flüsterte sie dicht vor seinem Mund.

43
    E velyn Wahlstrom rückte die Staffelei näher ans Fenster. Die Sonne stand schon jetzt, am frühen Nachmittag, recht tief. Der kurze Sommer auf den Lofoten neigte sich dem Ende entgegen. Seit dem 14. Juli war die Mitternachtssonne auch am Weststrand nicht mehr zu bewundern. Es war ein Phänomen, das Fremde immer wieder irritierte: Je weiter man nach Norden kam, desto mehr Tage mit Mitternachtssonne waren zu bestaunen.
    Jetzt kam der Herbst mit langen Schritten und kühlen Winden immer näher. Evelyn war froh, dass Erik in wenigen Tagen von seiner Fotosafari zurückkehren würde. Wenn er bei ihr war, bekamen auch die kühlen Tage Wärme. Ein kleines Lächeln glitt über ihr angespanntes Gesicht, als sie an das Telefonat vom gestrigen Abend dachte. Erik hatte aus Nairobi angerufen. Er stand am Flughafen und wartete auf die Maschine, die ihn zurück nach Europa bringen würde.
    »Noch zwei, höchstens drei Tage, dann bin ich wieder bei dir.« Sie hörte noch sein warmes, zärtliches Lächeln, das bei diesen Worten mitschwang. »Ich freue mich auf zu Hause, und auf dich natürlich.«
    Evelyn war gespannt auf die Fotos, die er ihr zeigen würde, bevor er sie als Bildband oder Fotoreportage einem Verlag anbot. Auf seine Art war Erik auch ein Künstler, der nicht einfach etwas fotografierte, das interessant war, sondern ein Bild regelrecht zu komponieren verstand.
    Draußen erklang eine Autohupe, doch Evelyn reagierte nicht. Sie war ganz in ihre Arbeit – und die Gedanken an Erik – versunken. Das Bild, an dem sie gerade malte, zeigte brütende Dreizehenmöwen, wie sie in der Umgebung von Hamnøy zu Tausenden zu finden waren. Mit zum Teil groben Pinselstrichen hatte Evelyn den Brutfelsen auf die Leinwand gebracht, die Tiere, die oft paarweise auf den Nistplätzen saßen, malte sie jedoch sehr naturalistisch. Es war eine außergewöhnliche, aber reizvolle Technik, die sie zuvor noch nicht ausprobiert hatte.
    Noch einmal drehte sie die Staffelei mehr zum Fenster und zuckte zusammen, als sie Tom Rheenhus draußen stehen sah. Jetzt hob er die Hand und winkte ihr zu.
    Die Malerin nickte nur kurz, bevor sie einen Flügel der Ateliertür öffnete. »Wo kommst du denn her?« Sie ließ sich auf die Wange küssen, dann ging sie zurück an die Staffelei und brachte die Arbeit an einem kleinen Stück Nistfläche, die aus Seetang und Gras bestand, zu Ende, ehe die Farben

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