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Mittsommersehnsucht

Mittsommersehnsucht

Titel: Mittsommersehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfie Ligensa
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braune Arzttasche. »Ruf mich an, wenn es Kirstin schlechter gehen sollte, dann schau ich wieder nach ihr.«
    »Mach ich. Und – danke noch mal für deine Hilfe.« Er strich sich über den Arm.
    »Mein Job«, erwiderte Andrea lächelnd und ging zur Tür. Dabei bewunderte sie ein paar kleine Zeichnungen, die Haakon angefertigt hatte. Meist waren es Skizzen zu seinen Skulpturen. Er hatte sie einfach an die Wand geheftet.
    Haakon wollte mit ihr bis zu dem alten Volvo gehen, doch in diesem Moment rief Kirstin nach ihm.
    »Geh ruhig zu ihr.« Andrea öffnete den Wagen, stellte die Tasche auf den Rücksitz. Kurz überlegte sie, ob sie trotz der noch ausstehenden Hausbesuche für ein paar Minuten zu Evelyn gehen sollte, die schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite wohnte. In ihrem Atelier brannte Licht, also war die Freundin daheim.
    Andrea lenkte den grauen Volvo die Hügel hinunter und hielt dicht hinter Evelyns Wagen. Erst da bemerkte sie das dunkle Fahrzeug, das seitlich neben dem Atelier parkte.
    »Das ist doch Tom Rheenhus«, stellte Andrea fest. Und dann bemerkte sie auch schon den Mann, der fluchtartig das Haus der Malerin verließ. In seiner Hand …
    Jedes Denken wurde jäh unterbrochen. Ein Blitz flammte auf, Andrea spürte ein Brennen an der Schläfe, in der nächsten Sekunde erhielt sie einen heftigen Stoß gegen die Brust. Dann wurde sie ohnmächtig. Dass sie hart auf die Erde fiel und mit dem Hinterkopf auf einem apfelgroßen Stein aufschlug, bekam sie nicht mehr mit.
    »Was war denn das?« Kirstin richtete sich im Bett auf.
    »Keine Ahnung, Kleines. Warte, ich sehe mal nach.« Haakon stellte die Tasse Tee, die er Kirstin gebracht hatte, auf dem Nachttisch ab, dann lief er die Treppe hinunter. Er hatte deutlich einen Schuss gehört, und jetzt heulte ein Automotor auf. Das war mit Sicherheit nicht der Wagen der deutschen Ärztin.
    Er rannte vors Haus, sah aber nur noch ein paar rote Rückleuchten, die dann an der Straßenecke verschwanden.
    Haakon sah sich um. Andreas Volvo stand immer noch auf dem Stellplatz links vom Haus, gleich hinter dem Wagen der Malerin.
    »Kirstin, ich laufe mal rüber zu Tante Evelyn und schaue nach, ob bei ihr alles in Ordnung ist!«, rief er ins Haus.
    »Ist gut.«
    Mit langen Schritten rannte Haakon quer über die Straße und stieß einen unterdrückten Schrei aus.
    »Andrea! Hei, Frau Doktor, was ist passiert?« Er beugte sich über Andrea, die mit abgewinkeltem linkem Bein auf dem Boden lag. Ihr Atem ging schwer, und zu seinem Entsetzen bemerkte Haakon, dass sich ihre dicke Wolljacke, die sie über einer hellen Bluse trug, rot färbte. Zudem hatte sie, er sah es deutlich, als er sich tiefer beugte, einen Streifschuss an der Schläfe.
    »Oh, nein …« Haakon musste sich zwingen, besonnen zu bleiben. Sein Handy lag in der Werkstatt, aber die Ärztin hatte sicher ihr Mobiltelefon dabei. Vorsichtig tastete er die Taschen der Jacke ab und fand es. Seine Finger zitterten, als er den Notruf wählte.
    Nachdem die Polizei und der Notarzt verständigt waren, holte er eine Decke aus seinem Haus, die er behutsam über Andrea breitete. Dann rief er im Doktorhaus in Stamsund an. So wie meistens, ging auch jetzt die Haushälterin an den Apparat.
    »Birgit, es ist etwas Schreckliches passiert. Eure Ärztin ist angeschossen worden. Kann Johan kommen? Andrea liegt vor Evelyn Wahlstroms Haus und …«
    »Nein! Das ist ja schrecklich!« Trotz allem blieb Birgit sachlich. »Versuch die Blutung zu stoppen. Leg sie so hin, dass sie nicht ersticken kann. Ist der Notarzt verständigt?«
    »Ja. Und auch die Polizei. Aber bis ein Krankenwagen hier ist …«
    »Johan und ich fahren gleich los. Bis dann. Und sieh zu, dass sie nicht auskühlt.« Und schon hatte sie aufgelegt.
    Haakon beugte sich wieder über Andrea und versuchte, die Jacke so weit zu öffnen, dass er die Wunde genauer sehen konnte. Doch Andrea trug darunter noch einen Pulli und eine Bluse. Kurz zögerte Haakon, dann riss er sich den dünnen Pulli vom Körper und presste den Stoff auf die blutende Stelle. Ob es richtig war? Er wusste es nicht. Aber irgendetwas musste er tun. Er konnte doch nicht einfach dastehen und zusehen, wie Andrea verblutete.
    »Papa … was ist los?« Kirstin stand plötzlich neben ihm. Sie hatte sich einen dicken Anorak übergezogen und sah aus weit aufgerissenen Augen auf die am Boden liegende leblose Gestalt.
    »Andrea ist verletzt. Du, hol mir die Felldecke aus dem Wohnzimmer, damit wir sie wärmen

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