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Mittsommersehnsucht

Mittsommersehnsucht

Titel: Mittsommersehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfie Ligensa
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eintrockneten.
    Der Galerist stand ein paar Schritte abseits und sah ihr zu. Die Arbeit war exzellent, und er konnte sicher sein, für dieses Bild einen guten Preis erzielen zu können – so wie für alle Arbeiten von Evelyn Wahlstrom. Doch das interessierte ihn nur in zweiter Linie. Wichtig war, wieder ein paar Bilder mit Rahmen transportieren zu können. Er beglückwünschte sich einmal mehr zu der Idee, hohle Bilderrahmen als Transportmittel für die von Nik hergestellten Rauschmittel zu benutzen.
    Kaum jemand wagte es, ein solches Kunstwerk in die Hand zu nehmen. Zumindest waren bisher alle Zöllner oder Polizisten höchst vorsichtig mit den Transportkisten umgegangen. Und der Geruch nach Farbe oder gar Terpentin, der den Bildern anhaftete und für Menschennasen kaum wahrzunehmen war, mochte die meisten Hunde daran hindern, den Geruch nach Rauschgift zu erspüren.
    »Ich hatte in Bodø zu tun und dachte, ich schau kurz bei dir vorbei.«
    Evelyn runzelte die Stirn. Das übergroße Interesse des Galeristen machte sie misstrauisch. Sicher, er verkaufte ihre Werke sehr gut, doch dass er immer wieder bei ihr auftauchte, war höchst ungewöhnlich.
    »Wo sind die neuen Bilder?«, erkundigte sich Tom jetzt und ging zur rechten Seitenwand, wo ein paar fertige Arbeiten lehnten. »Du hast ja nur für zwei Bilder die Rahmen benutzt, die ich vorgeschlagen hatte.«
    »Sie passten nicht zum Bild.« Evelyn arbeitete weiter, aber sie war abgelenkt und konnte sich nur schwer konzentrieren. »Ich hatte noch zwei sehr gute hier stehen, die waren perfekt.« Sie wies hinüber zu einer kleinen Abstellkammer. »Da sind noch zwei Bilder. Für die kannst du deine Rahmen meinetwegen verwenden. Die Latten stehen daneben. Musst sie aber selbst anbringen. Ich will noch eine Stunde arbeiten, ehe das Licht weg ist.«
    Tom biss sich auf die Lippen. Er hatte ein paar Rahmen halb vorgefertigt und gehofft, Evelyn würde sie verwenden. Auf keinen Fall durfte sie herausfinden, dass die dicken Latten innen hohl waren.
    »Sehr gut! Diese norwegische Landschaft mit dem Wasserfall gefällt mir besonders gut. Dazu passt mein Lieblingsrahmen perfekt. Ich bringe ihn gleich an.« Es raschelte ein paar Minuten lang, dann hörte Evelyn, wie Tom ein paar Nägel in die Rahmenleiste schlug.
    Gerade dieses Bild war ihr nicht besonders gelungen. Die Farben waren ihrer Meinung nach nicht ganz stimmig. Sie hatte zum ersten Mal versucht, Öl auf Holz zu malen, aber es war nicht ihr Stil, das hatte sie rasch erkannt und sich wieder der Leinwand zugewandt.
    »Du glaubst doch wohl selber nicht, was du da sagst.« Sie stand, den Pinsel in der Rechten und einen Terpentinlappen in der Linken, im Türrahmen. »Ich wollte das Bild schon vernichten. Und jetzt noch der rote Rahmen … ich glaub’s nicht! Da hat dich aber dein guter Geschmack im Stich gelassen.«
    »Unsinn! Das verkauft sich schnell, ganz bestimmt.« Er grinste. »Ich weiß, was ich tue.«
    »Unmöglich! Das kann doch wohl nicht dein Ernst sein.« Evelyn ging ein paar Schritte auf ihn zu und machte Anstalten, ihm das Bild mit dem braun-rot lackierten Holzrahmen, der wahrhaftig nicht passte, aus den Händen zu nehmen.
    »Lass das!« Brüsk schob Tom sie zur Seite.
    »Hei, was fällt dir ein?« Evelyn sah ihn wütend an. »Raus hier, wenn du dich nicht benehmen kannst.« Und als er stehen blieb, fauchte sie lauter: »Raus, hab ich gesagt!«
    »Aber Eve … das war doch … ein Reflex. Tut mir leid!«
    »Mir nicht.« Sie wollte ihn in Richtung Tür schieben, dabei kam sie an das Bild, das zur Seite kippte. Tom versuchte es festzuhalten, doch es entglitt seinen Fingern. Der braun-rote Bilderrahmen, nur notdürftig fixiert, brach auseinander.
    Fassungslos sah Evelyn auf die kleinen Tütchen mit weißem Pulver.
    »Was ist das denn?« Sie wollte sich bücken, doch Tom schob sie mit Gewalt zur Seite.
    »Verdammtes Miststück!«
    »Was erlaubst du dir?« Evelyn stand, einer Rachegöttin nicht unähnlich, vor ihm. Das Band, mit dem sie ihre Haare beim Malen aus der Stirn gehalten hatte, war verrutscht. Die rote Mähne fiel ihr weit bis über die Schultern. »Verschwinde, Tom, und lass dich nie wieder hier blicken!« Ehe er sie daran hindern konnte, hatte sie eins der Kokainpäckchen aufgehoben.
    »Lass das!« Er schlug ihr das Tütchen aus der Hand. Als sie sich erneut bückte, holte er weit aus. Seine flache Hand traf mit Wucht ihre Wange, die sich sofort rötete. Evelyn sackte zur Seite. Es gab ein hässliches, leise

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