Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mittsommersehnsucht

Mittsommersehnsucht

Titel: Mittsommersehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfie Ligensa
Vom Netzwerk:
kann seine Tochter doch nicht heiraten, nur damit wir weiter das Forschungsschiff finanziert bekommen.«
    »So eine Frechheit!« Birgit war empört. Sie schenkte Kaffee ein und setzte sich zu Magnus. »Die Menschen sind schlecht – einige zumindest.« Zwei Tränen liefen ihr über die Wangen. »Ich … ich komme gerade von der Polizei in Svolvær. Man hat Holger gefunden. Ertrunken.«
    »Das tut mir leid.« Magnus streckte die Hand aus und legte sie tröstend auf ihre. »Wie ist es passiert?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Genaues weiß man nicht. Man vermutet, dass er im Drogenrausch ein Boot genommen und aufs Meer hinausgefahren ist. Ein alter Kahn fehlt.« Sie schluchzte auf. »Holger war schon immer mein Sorgenkind. Von klein auf hat er mir Kummer gemacht. Und dann die Drogen … ich fürchte, er hat damit gedealt. Woher sonst hätte er das Geld für sein Sportboot und den teuren Wagen gehabt?«
    Magnus erwiderte nichts, Trostworte gab es in diesem Fall nicht.
    »Und jetzt … jetzt hat er so ein Ende gefunden.« Sie wischte sich über die Augen. »Was hab ich falsch gemacht?«
    »Gar nichts.« Magnus sah sie eindringlich an. »Ich bin sicher, dass du alles richtig gemacht hast, Birgit. Da ist doch noch dein anderer Neffe. Björn ist fleißig und anständig, nicht wahr?«
    »Ja.« Sie stand auf. »Himmel, ich muss ihn anrufen. Er ist in Tromsø an der Uni … Er muss herkommen, wenn Holger beerdigt wird.«
    »Das mach morgen.« Magnus stand auf und goss Kaffee nach. »Gönn ihm noch eine ruhige Nacht. Er kann doch jetzt sowieso nichts mehr tun.«
    Birgit nickte. »Und was machst du?«
    »Ich warte, wenn ich darf.«
    »Andrea will dich aber nicht sehen.« Sie legte beide Hände um die heiße Tasse. »Es ist auch gar nicht sicher, ob sie nach Hause kommt. Sie wollte zu Evelyn.«
    »Kann ich trotzdem warten?«
    »Aber ja.« Sie wies auf den Kühlschrank. »Hol uns einen Aquavit. Den brauche ich für die Nerven.«
    Mitternacht war vorüber, es war ruhig auf den Straßen geworden. Kein Motorengeräusch zerriss die Stille, die über dem Ort lag wie ein dichtes dunkles Tuch, das alles Störende dämpfte und von den Ruhe suchenden Menschen fernhielt. Der Himmel zeigte sich in dunklem Grau. Nur ein paar violett-rote Streifen am Horizont ließen erahnen, dass die Mittsommernächte noch nicht lange vorbei waren.
    Magnus lag auf dem alten Sofa in Johan Ecklunds Wohnzimmer und starrte an die Decke. Er fand keinen Schlaf, tausend Gedanken gingen ihm durch den Kopf. Wie konnte er Andrea von seiner aufrichtigen Liebe überzeugen? Von welcher Überraschung hatte Lilian geschrieben? Womit hatte sie so massive Zweifel in Andrea geweckt? Wenn er an die blonde Millionärstochter dachte, kochte Zorn in ihm hoch. Wieso konnte Lilian nicht akzeptieren, dass seine Gefühle ihr gegenüber erloschen waren? Liebte sie ihn? Oder war es reine Besitzgier, die sie dazu trieb, mit allen Mitteln um ihn zu kämpfen?
    Und Kjell Blomquist scheute weder vor Erpressung noch vor Drohungen zurück, um seiner Tochter ihren Willen zu lassen. Es war schäbig. Billig. Gemein und hinterhältig.
    Und er selber … er hatte ein schlechtes Gewissen den Kollegen gegenüber. Doch konnte er Lilian heiraten, nur damit das Institut und das Forschungsschiff weiterhin mit Geldmitteln bedacht wurden? Nein, das konnte niemand von ihm verlangen.
    Nachdem er sich noch ein paar Mal hin und her gewälzt hatte, griff er zur Fernbedienung des Fernsehers und zappte durch die Programme. Himmel, wie viele Sender gab es denn? Er konnte sich nicht konzentrieren, schaltete den Ton leiser und stand auf.
    In der Küche goss er sich ein Glas Wasser ein und überlegte, ob er heiß duschen sollte. Erfahrungsgemäß brachte ihm das Entspannung. Aber dann verwarf er den Gedanken wieder und ging auf die Couch zurück. Im Fernsehen lief ein alter amerikanischer Schinken. Schwarzweiß. Er erkannte Errol Flynn, der eine Fantasieuniform trug. Gerade rettete er eine aparte Blondine vor Indianern.
    Aufseufzend schaltete Magnus den Fernseher wieder aus. Er konnte sich nicht konzentrieren. Die Spannung in ihm war fast nicht mehr zu ertragen.
    Ein Geräusch an der Haustür ließ ihn aufspringen. Ohne sich die Mühe zu machen, nach den Schuhen zu suchen, die vor der Couch standen, lief er in die geräumige Diele.
    »Andrea!«
    »Raus!« Ihr eben noch entspannt wirkendes Gesicht verhärtete sich. »Ich will dich nicht mehr sehen.« Sie stand schräg neben der Tür und streckte den Arm aus.

Weitere Kostenlose Bücher