Mittsommerzauber
mit ihm zu tun haben wollte.
Er seufzte tief. Die Einsicht hatte er ja. Aber sie half ihm nicht weiter. Er konnte einfach nicht so tun, als wäre ihm die Firma egal. Sicher konnte er sich ein Leben vorstellen, in dem er etwas anderes tat, als die Geschäfte der Firma Svanblom zu leiten. Aber ob er sich weit vom Kaffeehandel entfernen würde? Er liebte den Duft der schwarzen Bohnen. Er liebte den Blick über die unendlich grünen Plantagen in Kolumbien. Er liebte die Menschen, die dort für ihn arbeiteten. Er hatte ihnen schon Vorjahren sehr faire Verträge gegeben, sie krankenversichert, Kindergärten und Schulen gebaut. Nicht zuletzt deswegen war seine Firma in die momentane Schieflage geraten. Was immer er auch tun würde, um die Firma zu retten, die soziale Verbesserung bei seinen Arbeitern würde er niemals zurücknehmen.
Er befand sich in einer Zwickmühle. Und er hatte keine Ahnung, wie er aus ihr herauskommen sollte. Aber eins wusste er, er konnte Katarina nicht einfach so aus seinem Leben verschwinden lassen.
Katarina hatte Annicka gebeten, ihr beim Abschmirgeln der Terrassenstühle zu helfen. Sie wollte das Mädchen in ihrer Nähe wissen, Harald keine Möglichkeit geben, allein mit ihr zu sein. Die Stühle würden mit einem neuen leuchtend blauen Anstrich dem Tärna einen neuen Akzent geben.
Eine Männerstimme erklang.«Kann ich euch helfen?«
Katarina zuckte zusammen. Aber es war nicht Harald, der sie überraschte, es war Sven. Was wollte er? Sie hatte sich doch klar ausgedrückt, dass sie ihn nicht mehr sehen wollte. Sie sah ihn abweisend an, und gleichzeitig zog es sie mit jeder Faser ihres Körpers zu ihm.
»Falls du wissen willst, wie wir mit den Vorbereitungen für das Fest zurechtkommen, wir sind absolut im Zeitplan. Du musst dir keine Sorgen machen.«
»Ich wollte mit dir nicht über das Fest reden. Bitte, Katarina, du musst mir einfach noch einmal zuhören. Ich...«
Katarina wollte auf keinen Fall eine Diskussion mit Sven in Anwesenheit Annickas. Sie wollte eigentlich überhaupt keine Diskussion mit Sven. Oder doch? Sie hasste dieses Gefühlschaos. Wie war sie da nur wieder hineingeraten? Sie brauchte Klarheit in ihrem Leben.
Annicka, die spürte, dass ihre Mutter durcheinander war, legte das Schmirgelpapier weg. »Ich hab Durst. Ich hole mir was zu trinken.« Und weg war sie.
Katarina und Sven waren allein auf der Terrasse.
Sven ging einen Schritt auf Katarina zu. Sein Blick war bittend. Drängend. Hoffend.
Zögernd sagte er: »Ich will dich nicht verlieren. Es darf einfach nicht sein, dass es schon wieder zu Ende ist. Es war doch gut, Katarina. Hast du das nicht auch gespürt?«
Sie drehte sich weg, rieb heftig mit dem rauen Papier über das ausgebleichte Holz. Konnte einfach nichts sagen. Er ging neben ihr in die Hocke. Hielt ihre Hand fest. Sie sollte ihn ansehen.
»Gib mir ein bisschen Zeit. Ich werde alles regeln. Ich werde meine Firma retten, und ich werde...«
»Geh, rette deine Firma, Sven. Und lass mich in Ruhe.« Sie sagte das mit einer fremden, ganz kalten Stimme.
Sven sah sie erschrocken an. War sie das wirklich? Meinte sie das, was sie sagte?
»Es ist gut so, wie es ist. Ich hätte wissen müssen, dass es nichts werden kann mit uns. Weißt du, ich passe nicht in deine Welt der Geschäfte und der Fusionen. Damit will ich nichts zu tun haben. Auf Wiedersehen, Sven.«
Sie sah ihn nicht an. Sondern ging einfach an ihm vorbei ins Haus. So, als wäre er gar nicht da. Sven spürte noch den leichten Luftzug, den die sich schließende Tür verursachte, er atmete den sanften Duft ihrer Haare ein. Was sollte er noch tun?
Er war ratlos. Eine Frau wie Katarina hatte er noch nie geliebt. Er wusste kein Mittel, um sie zu halten.
*
Viveca saß am Tisch auf der Terrasse. Sie ordnete die schriftlichen Antworten, die sie zu ihrem Fest bekommen hatte. Mehr als sechzig Zusagen hatte sie schon. Ihre Freunde freuten sich alle, dass es ihr wieder besser ging. Viele hatten sich Sorgen gemacht um Viveca, die jeden Lebenswillen verloren zu haben schien.
Ja, das Leben hatte sie tatsächlich wieder. Dessen war sich Viveca bewusst. Sie atmete wieder. Sie freute sich an der Schönheit der Welt. Und an ihren eigenen Gefühlen. Niemals hätte sie vor einem Jahr gedacht, dass sie dem innigen Gesang der Nachtigall mit einer solchen Freude lauschen würde. Oder dass sie wieder mit großer Lust vor ihrer Leinwand stehen würde. Sie hatte sich leer gefühlt, verlassen und sich nichts anderes
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