Mittsommerzauber
noch einmal den Anlasser. Wieder nichts. Ihr wurde heiß. Konnte es sein, dass ihre Wangen gerade dunkelrot anliefen? Sie wollte diesen Mann da drüben in seinem Klasse-Boot auf keinen Fall merken lassen, wie nervös er sie machte. Denn das war ihr längst klar: Es war nicht der Zusammenstoß, es war auch nicht die Schramme, die sie in die edle Yacht geratscht hatte, es war die pure Anwesenheit dieses Mannes, den sie gerade zum zweiten Mal in ihrem Leben sah, der ihre Knie zum Zittern brachte, ihre Hände schweißnass werden ließ. Dieser Mann, der in dieser Situation nicht nur so unverschämt lässig den Überblick behalten hatte, sondern der auch noch so verdammt gut aussah. Und sie zu allem Überfluss beobachtete wie ein Luchs. Wieso ging eigentlich immer gerade dann, wenn es darauf ankam, alles schief? Eine Sekunde vor dem Vorstellungsgespräch knallt man im Lift auf jemanden, der einem sein Erdbeereis auf die Bluse drückt. Oder vor dem ersten Rendezvous bekommt man plötzlich den dicksten Pickel seines Lebens auf der Nase. Oder ein blöder Motor springt nicht an. Sie hatte das Gefühl, als würden ihr plötzlich die Haare ausfal-len. Als wäre ihre gerade noch blitzblanke weiße Jeans über und über mit Flecken besät. Außerdem würde ihre Stimme jetzt versagen. Von ihren Knien gar nicht zu reden.
Doch dann geschah das Wunder, der Motor sprang an. Katarina drückte den Rücken durch und hob den Kopf. Sie nickte Sven Svanblom kurz zu, schenkte ihm ein sehr knappes Lächeln und machte, dass sie wegkam. Gott sei Dank, das war geschafft. Jetzt wollte sie nur noch nach Hause und am liebsten ein heißes Bad nehmen. Das sie hoffentlich beruhigen würde.
Svens Blick folgte dem kleinen blauen Boot, bis es um die nächste Insel verschwand. Er ertappte sich dabei, dass er wie ein verliebter Schüler vor sich hin grinste. Was war das denn? Er schüttelte den Kopf. Diese Frau - irgendwie war die ja ganz schön beeindruckend. Erst diese seltsame Strömling-Kreation, die sie ihm im Hjört vorgesetzt hatte -obwohl er zugeben musste, dass es ihm durchaus geschmeckt hatte. Und jetzt dieser Zusammenstoß. In anderen Fällen hätte er getobt, wenn jemand ihm sein Boot zerkratzt hätte, hätte sich den Ausweis zeigen und die Kontonummer geben lassen und so weiter. Doch was hatte er getan? Er hatte diese Katarina angestarrt. Sein Herz hatte ihm bis zum Hals geklopft. Er hatte pseudowitzige Sprüche abgelassen. Und - das war unverzeihlich - er hatte es versäumt, sie um ein Wiedersehen zu bitten. Denn das war sonnenklar. Er wollte sie Wiedersehen, diese Frau mit den vor Verlegenheit geröteten Wangen, den zersausten dunklen Haaren und dem leuchtenden Veilchenblick. Es ging dabei nicht um den Kratzer am Boot. Sie hatte wohl eher einen Kratzer in seinem Herzen hinterlassen. Und der tat seltsamerweise gar nicht weh. Es brannte nur ein bisschen. Und das war ziemlich aufregend.
*
Katarina steuerte das blaue Boot um die nächste Insel hemm und drosselte dann die Geschwindigkeit. Sie sah sich nach Sven um und atmete tief durch, als sie sich sicher sein konnte, dass sie sich außerhalb seiner Sichtweise befand.
Was war das denn? Nun gut, es war klar, dass so ein Zusammenstoß, der ja durchaus auch hätte gefährlicher enden können, jede Menge Adrenalin freisetzte. Aber dass sie derart aus der Fassung geraten war, mit zitternden Knien und feuchten Händen hier herumdümpelte, irritierte sie sehr. Sie ließ den Blick über die Inseln schweifen. Und entspannte sich langsam in der beruhigenden Stille, die über dem Wasser lag und nur durch das ferne Kreischen einiger Möwen unterbrochen wurde. Sie legte den Kopf in den Nacken und ließ sich die Sonne aufs Gesicht brennen. Und konnte nicht verhindern, dass Svens spöttische Stimme in ihrem Ohr erklang.
»Und wenn Sie jetzt auch noch so Boot fahren würden, wie Sie kochen können...«
Was fiel diesem Kerl ein? Dachte er, er könne sich alles erlauben, nur weil er so schöne Augen hatte und so ein sympathisches Lachen? Sie verbot sich auf der Stelle, an diese blauen Augen zu denken, die sich unverschämterweise in ihrem Gedächtnis festgesetzt hatten, doch es gelang ihr nicht. Gut, was soll’s, dachte sie. Er sieht gut aus, er ist charmant, anscheinend ist er auch witzig. Ich werde an so einen Mann ja zumindest denken dürfen. Doch schon schüttelte sie den Kopf. Auch das half nicht weiter. Denn dass dieser Mann in einer ganz anderen Liga spielte als sie, das war doch klar wie
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