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Mittsommerzauber

Mittsommerzauber

Titel: Mittsommerzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inga Lindström
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nebenan, um den Anruf entgegenzunehmen.
    »Ziehst du das bitte ab?«, bat er Anna beim Hinausgehen. Sie nickte und tippte den Preis in die jetzt wieder betriebsbereite Kasse ein, und nachdem Robert das Mückenschutzmittel bezahlt hatte, packte sie es ihm zusammen mit einem Päckchen Traubenzucker in eine kleine Plastiktüte.
    »Ich hatte gehofft, Sie wiederzusehen, Anna.«
    Sie neigte den Kopf zur Seite und hörte von nebenan Bertils gedämpfte Stimme, während sie Roberts Blick hilflos erwiderte.
    »Allein«, fügte er hinzu.
    Sie holte tief Luft, sagte aber nichts.
    »Und Sie, Anna? Geht es Ihnen nicht genauso?«
    Sie schluckte, doch dann nickte sie mit gesenktem Blick.
    »Vielleicht klappt es ja beim nächsten Mal.« So, wie er es sagte, klang es wie ein Versprechen.
    Sie nickte abermals, obwohl sie genau wusste, was für ein Wahnsinn das war.
    »Ist wohl nicht so einfach, oder?«, fragte er.
    Sie blieb weiterhin stumm und wusste nicht, ob sie erleichtert oder frustriert sein sollte, als im nächsten Moment Bertil aus dem Büro zurückkam.
    Robert hielt die Tüte mit dem Mückenschutzmittel hoch, während er zur Tür ging. »Danke vielmals. Hoffentlich bringt es nur die Mücken und nicht mich um.«
    »Keine Sorge«, sagte Anna heiser. »Es ist rein pflanzlich. Es wird Ihnen nicht schaden.«
    »Dann bin ich ja beruhigt.« Er bedachte sie mit einem beunruhigend intimen Lächeln und ging hinaus.
     
    *
     
    Silvia verschränkte die Hände auf ihrem Schreibtisch und schaute aus dem Fenster. Sie war es müde, ihrem Sohn dabei zuzusehen, wie er durchs Zimmer marschierte. Mit seiner starren Miene und den abgehackten Bewegungen ähnelte er einer Marionette, deren Schnüre durcheinander geraten waren, ein Eindruck, der durch die bleiche Farbe seines Gesichts noch verstärkt wurde. Er sah aus, als hätte er seit Tagen nicht geschlafen. Die blutunterlaufenen Augen lagen tief in den Höhlen, und der Schatten seines Dreitagebarts ließ ihn in Kombination mit seinem zerknitterten, fleckigen Hemd wie einen Herumtreiber wirken.
    »Du erwartest wirklich, dass ich es einfach so schlucke, wenn du mir einen neuen Geschäftsführer vor die Nase setzt?« Seine Stimme hatte trotz der offen zur Schau getragenen Aggression einen weinerlichen Unterton, und Silvia hätte ihn am liebsten angeherrscht, sich endlich wie ein Mann zu benehmen. Stattdessen wappnete sie sich mit Geduld.
    »Erstens setze ich ihn dir nicht vor die Nase. Er soll neben und vor allem mit dir arbeiten. Zweitens wollte ich mit dir vorher darüber reden, aber es war in der letzten Zeit nicht möglich, mit dir ein vernünftiges Gespräch zu führen. Und drittens: Es geht hier nicht um dich. Es geht um das Sägewerk.« Sie beugte sich vor und versuchte, seinen Blick einzufangen, damit er den Ernst ihrer Worte begriff. »Das Sägewerk, das seit drei Generationen in der Familie ist! Und das ich weiter erhalten will!«
    »Ach«, fuhr er auf. »Und ich will das nicht, oder was?«
    »Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht«, sagte sie erschöpft. »Manchmal könnte man fast glauben, das Werk sei dir egal.«
    »Ist es aber nicht! Nur weil ich einige Dinge anders handhabe, als Papa das getan hat, musst du nicht gleich denken...«
    »Wir haben Schulden«, unterbrach sie ihn. »Wir schöpfen unsere Kapazitäten nicht aus. Letzten Monat haben wir Termine nicht eingehalten. Im April hatten wir jede Menge Ausschuss, weil...«
    Diesmal fiel er ihr ins Wort. »Das ist doch alles nicht so tragisch! Es kommt eben vor, dass eine Säge ausfällt! Und wenn wir wegen der Frühjahrsstürme zu wenige Bäume fällen können, ist es kein Wunder, dass wir in Verzug kommen. Und der Ausschuss im April lag an der schlechten Qualität der Stämme.«
    »Es gibt immer für alles eine Erklärung. Nur sind es nicht die einzelnen Fälle, die zählen. Es ist die Häufung.« Sie schaute ihn an, und ihre Kehle wurde eng, als sie ihn so vor sich sah. Ihr Sohn, der vor ein paar Jahren noch so lebensfroh gewesen war und nur so gestrotzt hatte vor körperlicher und seelischer Gesundheit. Der Mensch, der heute hier in ihrem Büro stand, war ein anderer als früher. Harald ließ sich gehen und hatte kaum noch Interesse an der Arbeit. Er aß unregelmäßig, und wenn er nicht gerade unterwegs war, lag er teilnahmslos in seinem Zimmer auf dem Bett. Er war auf dem besten Wege, ein Wrack zu werden. Wenn er es nicht schon war.
    Doch er war auch ihr Kind. Sie würde ihn nicht kampflos aufgeben, und wenn es dieser Anstoß von

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