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Mittsommerzauber

Mittsommerzauber

Titel: Mittsommerzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inga Lindström
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wäre ich hier schon längst eingegangen wie eine Primel.«
    Er ließ sich neben ihr nieder und legte seinen Arm um ihre Schultern. »Ich verstehe das nicht, Anna. Du hast doch so eine Power. Wieso lässt du dich von den anderen derart vereinnahmen?«
    Sie schien nachzudenken, doch dann schüttelte sie den Kopf und presste die Lippen zusammen. »Lass uns über was anderes reden.«
    »Reden?«, murmelte Robert.
    Sie wandte ihm ihr Gesicht zu, und das war alles, was Robert an Aufforderung brauchte.
     
    *
     
    Bertil fühlte sich, als müsse er die Last der ganzen Welt auf den Schultern schleppen. Er ging zu einem der freien Bistrotische und ließ sich auf einen Stuhl fallen, und während er darauf wartete, dass seine Schwester sich zu ihm gesellte, brannte das Fax ihm förmlich Löcher in die Tasche.
    »Hej«, sagte er, als Silke zu ihm an den Tisch trat, »Kann ich einen Kaffee haben?«
    »Natürlich. Ein Stück Mandeltorte dazu?«
    »Nein, nur Kaffee.«
    Sie schien sofort zu merken, dass etwas nicht stimmte. Anstatt ihm Kaffee zu holen, setzte sie sich zu ihm an den Tisch und musterte ihn besorgt. »Was ist los?«
    »Ich weiß es nicht. Sie... Sie ist schon wieder unterwegs.«
    »Auf dem Fluss?«
    »Möglich«, sagte er. »Kann aber auch sein, dass sie auf dem Weg nach Stockholm ist. In ihr neues Leben.« Er fühlte sich miserabel, obwohl er vorhin schon etwas gegen die aufkommende Übelkeit genommen hatte. Die Neuigkeiten waren ihm auf den Magen geschlagen, und obwohl er sich sagte, dass er die vielen Anzeichen in der letzten Zeit kaum noch hatte übersehen können, war es ihm, als hätte jemand ihm einen gut gezielten Tritt verpasst und ihn aus der Bahn seines sonst so geordneten Lebens geworfen.
    »Ach, ich glaube nicht, dass Anna wirklich wegwill.« Silke legte ihre Hand auf seine. »Das ist sicher nur so eine Gedankenspielerei von ihr.«
    Seine Schwester meinte es gut, und das wusste er zu schätzen, aber ihm war dennoch klar, dass sie in Wahrheit dasselbe befürchtete wie er. Ohne weitere Umschweife zog er das Fax aus der Tasche seines Kittels und legte es auf den Tisch. »Das kam vorhin für Anna an.«
    Silke betrachtete den Absender. »Von der Olsson-Reederei? Was wollen die von Anna?«
    »Lies es einfach.«
    Sie las es halblaut vor, und jedes einzelne Wort war für ihn wie ein Messer in einer offenen Wunde, obwohl er den gesamten Text längst auswendig kannte.
    »Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass wir uns für Sie entschieden haben. Sie können die Stelle als Kinderanimateurin...« Silke hob den Kopf und schaute Bertil verständnislos an. »Kinderanimateurin?« Sie schluckte und las leise weiter. »... auf unserem Kreuzfahrtschiff Victoria am ersten September antreten...«
    Bertil trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte, und Silke legte das Fax zur Seite. »Ich bin sicher, sie wollte nur mal ausprobieren, ob sie überhaupt eine Chance hat, so einen Job zu bekommen.«
    »Wozu sollte das gut sein?«
    »Zur Selbstbestätigung?«, schlug Silke vor.
    Er merkte ihr deutlich an, dass sie das nur sagte, um ihn zu beruhigen.
    »Vielleicht sollte ich ihr das Fax einfach nicht geben«, meinte er.
    »Das ist lächerlich«, widersprach sie sofort.
    Er setzte sich aufrecht hin und stellte das Trommeln ein. »Ich soll sie gehen lassen?«
    »Das Wichtigste ist, dass du versuchst, sie zu verstehen.«
    Bertil schluckte seine Verstimmung hinunter und stand auf, um wieder an die Arbeit zu gehen. Natürlich musste Silke etwas in dieser Art sagen, sie war ja Annas beste Freundin. Aber er war ihr Bruder, verdammt noch mal! Er hatte ein Anrecht darauf, dass sie ihn verstand!
    Vor allem musste sie verstehen, dass er Anna liebte. Sie war alles für ihn, und er würde den Teufel tun, sie einfach ohne Gegenwehr ziehen zu lassen.
     
    *
     
    Harald schwitzte, obwohl es in der Werkshalle nur mäßig warm war. Die Sägemaschine, die nur ein paar Meter von ihm entfernt kreischte, war sicherlich nicht lauter als sonst, doch das Geräusch schien Krater in sein Hirn zu fräsen. Er wusste selbst nicht, warum er sich das antat, doch wenn er öfter wegblieb, würde es auffallen. Es fiel sowieso schon auf. Mikael hatte gesagt, dass die Männer angefangen hatten, über ihn zu reden.
    Endlich hatte er seinen täglichen Rundgang beendet und konnte die Halle verlassen. Er fühlte sich von allen Seiten beobachtet. Manche der starrenden Blicke bildete er sich vielleicht nur ein, aber er war davon überzeugt, dass sie zum größten

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