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Mittwinternacht

Mittwinternacht

Titel: Mittwinternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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und fror in ihrem Rock und ihrem Pullover, doch sie war entschlossen, sich nichts anmerken zu lassen.
    «Diese Schmierenkomödie wird in der Presse landen», sagte er.
    «
Irgendetwas
wird in der Presse landen.»
    «Was meinen Sie damit?»
    «Ich halte Sie für einen vorzüglichen Informationspolitiker.»
    «Das klingt ziemlich abfällig.»
    «O nein», sagte sie. «Das beeindruckt mich.»
    «Nein, das beeindruckt Sie keineswegs. Sie halten mich für einen karriereorientierten Verwaltungstypen mit äußerst dürftigen spirituellen Eigenschaften.»
    «Wenn Sie überhaupt welche haben», stimmte Merrily zu.
Was soll’s?
Jane würde wieder in Ordnung kommen, und Huw war nebenan in der Kathedrale.
Also, was soll’s!
    Der Bischof lehnte sich gegen eine Tür auf seiner linken Seite, es war sehr kalt. Sie standen beinahe ganz im Freien.
    Der Kreuzgang mit dem Innenhof gehörte zu dem für Touristen zugänglichen Teil der Kathedrale. Der Bischof hielt ihr die Tür auf, folgte ihr hinaus und zog die Tür wieder zu. Sie befanden sich auf einem gepflasterten Weg, den Blumenbeete und immergrünes Gebüsch säumten. Vor dem Weg lag eine kreisförmige Rasenfläche mit einem abgedeckten Brunnen in der Mitte, auf dem ein schweres Steingefäß stand. Dahinter erhob sich eine malerisch bröckelnde Mauer, an der höchst dekorativ wilder Wein rankte. Im Sommer war das hier eine unglaubliche Idylle – man fühlte sich meilenweit von der Stadt entfernt.
    Nun lag der Hof verlassen unter dem eisigen Mond.
    «Sie», sagte Mick Hunter milde, «sind ein unglaubliches Miststück – eine unglaubliche kleine Scharfmacherin.»
    Merrily schüttelte den Kopf und ging zur Tür zurück. «Das ist nicht das Thema, über das ich mit Ihnen sprechen wollte.»
    Der Bischof stellte sich vor die Tür. «Na gut, worüber wollen Sie sprechen?»
    «Dobbs?»
    «Möchten Sie, dass ich mein Bedauern ausdrücke? Kein Problem, ich bedaure, was ihm zugestoßen ist.»
    Merrily verschränkte die Arme, um sich ein bisschen vor der Kälte zu schützen. «Kurz bevor Kanonikus Dobbs gestorben ist, hat er den Arm gehoben und noch die Worte ‹Teufel   … unreiner Geist› herausgebracht. Jeder dachte, er wollte auf James Lyden deuten. Aber ich habe gesehen, dass er jemand anders meinte, der etwas links von James gestanden hat – ausnahmsweise einmal nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit.»
    Hunter leugnete es nicht. «Überrascht es Sie, dass er mich gehasst hat?»
    «Wohl kaum, unter den gegebenen Umständen. Als Sie angetreten sind, war er ein kranker alter Mann. Er stand kurz davor, sich aus dem Amt zurückzuziehen, aber Sie wollten ihn sofort loswerden. Und als er nicht freiwillig ging, haben Sie ihn gedemütigt. Und auf diese Weise haben Sie den Dekan und das Domkapitel und zahllose andere Leute gegen sich aufgebracht – Leute, die wirklich zählen.»
    «Man darf sich in diesen Dingen nicht von Gefühlen leiten lassen.»
    «Das war keine sachliche Entscheidung, Bischof. Das war Irrsinn. Als Sie mir kürzlich erzählt haben, dass man Ihnen von der Einsetzung eines weiblichen Beraters für Grenzfragen abgeraten hatte, ist es mir nicht aufgefallen, aber später dachte ich: Das passt nicht zu ihm. Er verhält sich diplomatisch. Er ist ein Politiker. Er hätte mir das Amt später geben können, wenn er sich bewährt hat, aber nicht   … Ich meine, ich wette, dass die Leute, die Ihnen davon abgeraten haben, genau die Leute waren, deren Unterstützung Sie brauchten.»
    Er schwieg.
    «Es schien keinen Sinn zu ergeben, aber ich dachte – und Sophie hat es oft genug gesagt   –, dass Sie jung und radikal und ein bisschen unverantwortlich sind. Andererseits sind Sie intelligent und umsichtig. Sie haben noch nie einen Fehler gemacht. Wie könnte ein hitzköpfiger Revolutionär unter fünfundvierzig auch Bischof werden? Wie könnte er
jemals
Bischof werden?»
    «Merrily», sagte er. «Ist Ihnen eigentlich nie aufgefallen, wie unheimlich scharf ich auf Sie war?»
    «Das ist mir aufgefallen, ja. Sie haben sich nach einer netten, unproblematischen Bettgeschichte umgesehen, und was könnte da unproblematischer sein als eine ehrgeizige, unverheiratete Pfarrerin? Das habe ich eine ganze Weile lang geglaubt. Ich bin sogar zu dem Schluss gekommen, dass ich damit umgehen kann, wenn wir nicht zu oft allein miteinander sind.»
    «Wie tapfer von Ihnen.» Er trat einen Schritt nach draußen. Sein Gesicht wirkte im Mondlicht hager und zweidimensional, schien nur aus Licht und Schatten

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