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Mittwinternacht

Mittwinternacht

Titel: Mittwinternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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angelassen wurde. Andere Geräusche gab es nicht.
    «Das ist keine gute Idee», sagte er ruhig. «Ich glaube, Sie sollten einfach weitersprechen.»
    «Ich habe alles gesagt, was ich sagen wollte.»
    «Aber nicht alles, was ich wissen will.»
    Sie stellte fest, dass sie beinahe mit dem Rücken an der bröckelnden Mauer stand, die viel zu hoch war, um darüberzusteigen. Vermutlich lag der bischöfliche Palastgarten dahinter.
    «Es gibt Leute», sagte sie, «die uns Schlechtes wünschen. Und ich glaube, dass Sie – vielleicht unfreiwillig oder weil Sie erpresst wurden – auf
ihrer
Seite gespielt haben.»
    Sie stieß mit der rechten Schulter an einen Stein, der spitz aus der Mauer ragte, und keuchte vor Schmerz auf.
    «All die Zeichen   … Das wichtigste davon war vermutlich, dass der Cantilupe-Schrein abgebaut war   … Wenn Dobbs unangefochten im Amt geblieben wäre, hätte es eine viel stärkere spirituelle Gegenwehr gegeben. Stattdessen musste er heimlich und allein bei Nacht vorgehen und war allen möglichen Angriffen durch übernatürliche Kräfte ausgesetzt.»
    Sie begann, sich ganz langsam an der Wand entlangzuschieben. Weiter vorne war ein etwas niedrigerer Abschnitt. Wenn sie darüberkäme, würde sie zwar wahrscheinlich auf dem Rasen des Bischofspalastes landen, aber von dort aus könnte sie versuchen, es zum Ufer des Wye zu schaffen. Es war vermutlich aussichtslos, aber sie musste es wenigstens versuchen.
    «Zwicken Sie sich doch mal selbst», sagte der Bischof. «Vielleicht ist ja alles nur ein Traum.»
    «Das glaube ich nicht. Und ich weiß immer noch nicht, was Sieglauben, wenn Sie überhaupt an etwas glauben. Ich weiß nicht mal, ob Sie glauben, dass die Dinge, die Sie tun, überhaupt irgendeinen Effekt haben.»
    Er lächelte und trat einen Schritt von ihr weg. «Soll ich Ihnen mal was sagen? Ich wollte nie Bischof werden. Davon gab es schon viel zu viele in meiner Familie. Ich wusste schon als kleiner Junge, was für gottlose Mistkerle die meisten von ihnen waren, also wollte ich natürlich keiner von ihnen werden. Nein, ich wollte als Rockstar auf der Bühne stehen – oder von mir aus Minister werden. Ich habe den armen Tony eine Zeitlang richtig beneidet, andererseits
misstrauen
die Leute den Politikern immer.»
    «Ach ja?»
    «Politiker sind zu allem fähig, während Bischöfe   … Bischöfe werden immer noch für einigermaßen heilig gehalten. Sie geben vielleicht gelegentlich einen unüberlegten Kommentar zur Jungfrauengeburt ab, aber sie unterschlagen keine riesigen Summen, vögeln anderer Leute Frauen nicht oder   … was? Was gibt es sonst noch, das sie nicht tun, Merrily? Was tun Bischöfe nicht?»
    «O Gott», sagte sie. «Ich werde es nicht aussprechen.»
    Er straffte sich und wirkte mit einem Mal noch größer, als er ohnehin schon war.
    «Gehen wir jetzt wieder hinein», sagte sie. «Sie haben mich schließlich schon gefeuert. Ich bin wirklich dumm gewesen. Und eine lausige Exorzistin noch dazu.» Sie schüttelte den Kopf. «Ich gehe sofort von hier weg. Ich bewerbe mich um die entlegenste Pfarrstelle, die es gibt.»
    «Merrily, was tun Bischöfe sonst noch nicht?»
    «Ich
weiß
nicht, ob Sie es getan haben. Und wenn Sie es getan haben, verstehe ich nicht weshalb – oder ob es ein Unfall war.»
    «Sprechen Sie weiter.»
    «Paul Sayer – der Satanist, den sie aus dem Fluss gezogen haben.»
    «Ah», sagte er.
    «Ich vermute, Sie wissen, wie er gestorben ist», sagte sie.
    Und hechtete auf die Mauer zu.
     
    Er bekam sie problemlos zu fassen und warf sie ein gutes Stück von der Mauer entfernt in ein gefrorenes Blumenbeet neben dem Brunnen. Er schlug sie mehrere Male heftig auf die Wangen, und sie konnte vor Schreck nicht schreien, als er ihr die Beine spreizte, ihren Rock hochschob und ihr zwischen die Schenkel griff.
    Dann seufzte er kläglich.
    Und zog seine Hand wieder weg.
    Merrily erstarrte.
    «Wissen Sie, was mein Pech ist, Merrily?», sagte er. «Mein Pech ist, dass ich Ihnen nicht verpassen kann, was Sie verdient haben und was Sie am Ende vermutlich noch richtig genießen würden.»
    Sie konnte sich nicht bewegen. Sie keuchte vor Entsetzen.
    «DNA», sagte er. «Diese Scheiß-DNA!»
    Ihr Rücken war eiskalt. Der Frost kroch durch ihren Pullover, während er sie auf den Boden drückte. Sie versuchte zu beten und spähte gleichzeitig nach rechts und links, um etwas zu finden, das sie als Waffe benutzen könnte.
    «Denn das bin natürlich nicht ich», erklärte er ihr. «So

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