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Mittwinternacht

Mittwinternacht

Titel: Mittwinternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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muss?»
    «Die beiden Gemeinden wären die leichtere Wahl, Merrily   – Sie hätten ein viel ruhigeres Leben.»
    «Ja.»
    «Ist es ein ruhiges Leben, was Sie wollen?»
    Was sie wollte, war eine Zigarette, aber sie wusste, dass es der Bischof hasste, wenn geraucht wurde. Was sie wollte, war ein Beweis dafür, dass sich Huw Owen geirrt hatte, aber jetzt wurde ihr klar, dass er nur allzu richtig gelegen hatte. Sie
würde
mitsamt Foto in der
Hereford Times
auftauchen, wenn auch vermutlich ohne das Kruzifix.
    «Ich muss in dieser Sache höchst diplomatisch vorgehen», sagte Mick Hunter. «Dobbs wird sich nicht aus dem Amt verabschieden, solange er noch nicht zu tattrig ist, um einen Weihwasserkessel hochzuhalten, und solange er da ist, kann er auf die Unterstützung des Dekans zählen. Von mir aus, soll er eben Exorzist bleiben, wenn er will. Aber das hindert mich ja nicht daran, einen Referenten einzusetzen, um, sagen wir, einen ausführlichen Bericht über den Beratungsbedarf bei spirituellen Grenzfragen vorzubereiten.»
    «Das gefällt mir nicht», sagte Merrily.
    «Reine Politik. Ich fürchte, darin bin ich ziemlich gut.»
    Merrily seufzte. «Sie haben mir eine Menge Stoff zum Nachdenken geliefert, Bischof.»
    «Mick.»
    «Können Sie mir etwas Zeit geben?»
    «Wollen Sie um göttlichen Beistand bitten?»
    «Ja», sagte Merrily, «genau das werde ich vermutlich tun.»
    «Rufen Sie bei mir im Büro an, wenn Sie gerne ein weiteres Gespräch hätten.» Mick stand auf und zog den Reißverschluss seiner violetten Joggingjacke hoch.
    «Ähm   … wenn Sie im Kloster kein Büro für mich bekommen, bedeutet das, dass ich von zu Hause aus arbeiten würde?»
    Dann würde sie wenigstens nicht diesem unheimlichen Dobbs über den Weg laufen.
    «O nein.» Mick grinste. «So leicht kriegt mich der Dekan nicht klein. Ich habe Ihnen ja gesagt, in solchen Dingen bin ich ziemlich gut. Ich werde Sie im Bischofspalast unterbringen.»
     
    Als sie nach Hause fuhren, legte Merrily Tori Amos’
From the Choirgirl Hotel
auf, weil die Musik so unheilschwanger und
gothic
war und dafür sorgen würde, dass Jane schwieg. Sie würde bestimmt wissen wollen, was der Bischof so Dringendes mit ihrer Mutter zu besprechen gehabt hatte, aber Merrily musste sich zuerst selbst darüber klarwerden.
    Es war bestimmt nicht das, was Jane sich vorgestellt hatte – eine klammheimliche Rückkehr zur Hexenverfolgung als hinterhältiger Verteidigungsmaßnahme einer Kirche, die sich in der Defensive fühlte. Bei Mick Hunter gab es nicht den kleinsten Hinweis auf eine
New-Age-Alter-Feind
-Paranoia. Er band lediglich das Amt für Grenzfragen in seine Modernisierungskampagne ein, die aus der Diözese eine lebendige, engagierte, unverzichtbare Institution machen sollte. War das wirklich so falsch? Aber wen betrachtete er als den Feind?
    «…   Paranoia, psychische Probleme, Einsamkeit, Isolation, Stress, Existenzangst   …»
    Ganz offenkundig erstreckte sich die Toleranz des Bischofs nicht auf das Übernatürliche. Merrily vermutete, dass er nicht an Geister glaubte und dass für ihn kein Unterschied zwischen dämonischer Besessenheit und Schizophrenie bestand – und das war beunruhigend. Bis zu welchem Grad war gesunde Skepsis mit dem christlichen Glauben vereinbar? Und was meinte er mit
im Bischofspalast unterbringen
?
    «…   Plattenladen in der Church Street?»
    «Was? Entschuldige, Schatz.»
    Jane drehte die Musik leiser. Das war noch nie vorgekommen – Merrily warf ihrer Tochter einen Blick zu.
    «Ich habe gesagt, was glaubst du, wem ich über den Weg gelaufen bin, in so einem winzigen Plattenladen in der Church Street?»
    Es war inzwischen fast dunkel geworden, und sie verließen die Stadt über den Kings-Acre-Kreisel, in dessen Mitte ein Kreuz aus dem vierzehnten Jahrhundert stand.
    «Leonardo DiCaprio?», sagte Merrily. «Richard Ashcroft von The Verve?»
    «Beinahe. Lol Robinson.»
    «Oh», sagte Merrily beiläufig. Es hatte eine Phase gegeben, in der sie angefangen hatte, Lol Robinson viel zu sehr zu mögen. «Tatsächlich? Wie geht’s ihm denn so?»
    Jane erzählte ihr, dass Lol gerade dieses tolle Apartment über dem Laden gemietet hatte, mit Blick über die malerische Kopfsteinpflasterstraße und zwei Pubs in nächster Nähe.
    «Es gehört dem Ladenbesitzer. Davor hat seine Schwester dort gewohnt, aber sie ist ausgezogen. Sie heißt Katherine Moon, wird aber nur Moon genannt, und ich glaube, sie und Lol   … Na, jedenfalls hat er sich

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