MK Boeckelberg
Zweifel, dass Hünner ein Mörder war.
Er verwarf den Gedanken sofort wieder. Denn, zeigte er Hünner an, würde auch seine eigene Geschichte ans Tageslicht kommen, zwangsläufig. Und das wollte er auf keinen Fall. Es war so schon schlimm genug. Die Medien würden auf jeden Fall über ihn herfallen. Einen schwulen Fußballstar durfte es nicht geben. Nein, dann zahlte er lieber den Preis der unerfüllten Genugtuung und verratenen Gerechtigkeit. Es konnte kein Preis zu hoch sein, um sich selbst zu schützen.
Alexander stöhnte unter der Last seiner Gedanken. Warum hatte ihm niemand gesagt, dass das wahre Leben kein Spiel, sondern der Kampf um dass eigene Dasein war, manchmal sogar mit tödlichen Waffen.
Blieb nun nur noch die Frage nach seinem offiziellen Abgang. Er würde den Verein nicht aus der Verantwortung entlassen. Sie würden ihn weiter bezahlen müssen. Sie würden einen Weg finden. Sein Berater musste einen Weg finden. Dafür hatte er in den vergangenen Jahren genug an ihm verdient. Und er sollte ihm ja nicht mit dem Gefasel kommen, dass Vertrag Vertrag war und dass Alexander gefälligst die Nerven behalten und sich zusammenreißen sollte. Nein, sein Berater musste mit dem Verein verhandeln, um einen ordentlichen Abgang zu erreichen. Denn das war der Verein ihm schuldig, nach all den Jahren. Alexander Rauh wollte in der Öffentlichkeit unbeschadet bleiben. Wenigstens das.
Er würde freiwillig auf ein Abschiedsspiel verzichten, obwohl es ihm zustand, aber er wollte so schnell wie möglich aus diesem Haifischbecken raus. Er ging mit steifen Schritten ins Wohnzimmer zurück und setzte sich. Dann wählte er die Nummer seines Beraters.
* * *
Frank war nach der Probe doch noch zu sich nach Hause gefahren. Ihm war zwar nicht wohl bei dem Gedanken gewesen, in die leere Wohnung zu kommen, aber er hatte Ecki und Marion nicht in Verlegenheit bringen wollen, auf ihn warten zu müssen.
Nun lag er in der Badewanne, eine kalte Bügelflasche Landbier in der Hand, und träumte sich zu Lisa. Was mochte sie gerade tun? Er öffnete die Augen. Seine Stimmung drohte in Verzweiflung umzuschlagen. Mit einem Ruck stieg er aus der Wanne. Tropfnass ging er ins Wohnzimmer, stoppte die CD und stellte die Flasche ab. Zu viel Gefühl jetzt. Auf dem Weg in die Küche nahm er im Bad ein Handtuch vom Haken und begann sich abzutrocknen. Er hatte Hunger. Außerdem musste er sich ablenken.
Frank dachte an die Probe. Sie war erstaunlich gut gelaufen. Er hatte seit langem mal wieder völlig abschalten und sich in seiner Musik verlieren können. Der ganze Stress war mit einem Mal weg gewesen.
Der Neue in der Band machte einen sympathischen Eindruck. Wimo ist ein echter Frauentyp, würde Lisa sagen, jemand zum Kuscheln und Anlehnen. Frank war vom ersten Ton an beeindruckt gewesen von der Spielweise des Bassisten. Wimo passte gut zur Band.
»Dass es so schnell gehen würde, habe ich nun doch nicht gedacht.« Ecki hielt Frank die Zeitung hin. »Da, lies.«
Frank stellte ergeben seinen Joghurtbecher zur Seite. Seit Ecki ihn vom Dach des Krankenhauses geholt hatte, versorgte ihn sein Freund mit allerlei »Gesundem«, wie er sagte. Vermutlich in der Annahme, dass in Franks Körper die Mischung aus allerlei »ungesunden« Gedanken und der sich über viele Jahre angesammelten Umweltgiften zu der mentalen Eskalation geführt haben mussten. »Was meinst du?«
Die Frage erübrigte sich beim Blick auf den Aufmacher der Seite:
Parteiausschluss: Daniel C. Hünner abgelöst
KFM mit neuem OB-Kandidaten.
Unternehmer nicht länger tragbar. Mösges soll es nun richten.
Von Herbert Baumann
„Wir haben die Notbremse ziehen müssen", erklärte der Parteivorsitzende der Kommunale für Mönchengladbach, KFM, Peter Pausen, gestern Abend nach der überraschend einberufenen Sondersitzung der Parteispitze. Und: „Wir mussten frühzeitig einen möglichen Schaden von der Partei abwenden und mit aller Kraft den Neuanfang wagen. Herr Hünner gehört ab sofort auch nicht mehr der Kommunale für Mönchengladbach an. Wir haben ihn mit einstimmigem Beschluss aus der KFM ausgeschlossen. Für seinen weiteren Lebensweg wünschen wir ihm alles Gute."
Die Nachricht, dass der schon als künftiger Oberbürgermeister gehandelte KFM-Kandidat Daniel C. Hünner ab sofort nicht mehr an der Wahl zum höchsten Amt der Stadt Mönchengladbach teilnimmt, schlug bei allen anderen Fraktionen wie eine Bombe ein. Aber der Reihe nach:
Der bekannte, aber auch nicht unumstrittene
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