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Mobile Röntgenstationen - Roman

Mobile Röntgenstationen - Roman

Titel: Mobile Röntgenstationen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ATHENA-Verlag e. K.
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Hrasilda alles heraus, was ich verschwieg: sowohl die Wut wegen der Angriffe auf Danielė als auch die alte, noch unbeglichene Rechnung zwischen uns beiden. Hatte sie mich doch, von ihrer Komsomol-Kanzel herunter, nicht nur einmal sämtlicher Sünden bezichtigt: Verletzung der akademischen Disziplin, Neigung zur Boheme, nihilistische Tendenzen, das waren ihre Worte, jawohl! Ins Krankenhaus, in dasselbe Dritte Allgemeine, musste auch ich mich nach einer Woche begeben: In letzter Zeit hatte es dort an freien Betten gefehlt. Bis zum Beginn der Untersuchungen bemühte ich mich, den entsprechenden Blutdruck zu halten, wollte ich doch weder mich noch die Ärzte enttäuschen. Unbedingt musste ich mich aufregen, das hält den Blutdruck hoch. Ich bemühte mich, wegen jeder Kleinigkeit, die ich früher gar nicht wahrgenommen hatte, die Nerven zu verlieren: die unbeleuchtete Lydos- und Kedainai-Straße, kaum halbvolle Bierkrüge im morgendlichen Bočiai : Was erlauben die sich? Nichts als Schaum! Ich erregte mich auch darüber, dass ich als einer, der aus den Listen gestrichen war, nicht mehr den allgemeinen Universitätslesesaal betreten durfte. Eine Anweisung! Wessen Anweisung?
    Solche Dinge zerrütteten mein auch so schon angegriffenes Nervensystem. Ich meinte, ein Rauschen in den Schläfen zu hören, ein Summen in den Ohren. Doch auch wenn meinem krankhaft destabilisierten Selbstgefühl Gefahr drohte, ich fühlte mich dennoch glücklich: Das war alles! Es bedurfte gar nicht der Schwindsucht! Über Hypertonie wagt auch keiner zu spotten – er soll es nur versuchen! Ein erfahrener und ebenso durchtriebener Sportjournalist , dem ich wiederum im Bočiai begegnete und der von meinen Sorgen erfuhr, empfahl mir diskret eine besonders wertvolle und glaubhafte Methode, den Blutdruck hochzuhalten. Die Prozedur war nicht sehr angenehm, aber wenn sie einen rettete vor dem Dienst auf einem Unterseeboot oder in der Wüste, dann passte alles, war alles gerechtfertigt. Es kam allein auf das Resultat an, und das konnte nur so lauten: In Friedenszeiten für den Dienst bei der Truppe untauglich. Negoden! [34] Ein solcher Eintrag in meinen Unterlagen würde alle meine Erwartungen erfüllen. Gut, und was dann? – so pflegte Danielė häufig zu fragen, und ich regte mich noch viel fürchterlicher auf: Was heißt: dann? Worauf willst du hinaus? Was soll da noch sein? Ich werde leben und basta! So wie alle. Einmal lief mir in der Č iurlionis-Straße Stepaškin über den Weg, inzwischen schon ein richtiger Oberst, mit Fellmütze und drei großen Sternen auf den Achselstücken, endlich hatte er erreicht, worauf er ein Leben lang hingearbeitet hatte. Natürlich erkannten wir einander, wie auch nicht, schon von weitem, nur zu grüßen verlangte es keinen von uns. Dafür grinsten wir beide, Stepaškin prophezeiend und hämisch, ich durchtrieben und mitleidig. Woher konnte dieser Esel wissen, dass ich schon beinahe frei war, dass ich nie in seiner Scheißarmee dienen würde. Schon dachte ich daran, dem Oberst einen faustgroßen Schneeball hinterherzuwerfen – solange das Kommissariat mich zwecks Beobachtung ins Krankenhaus Nr. 3 beorderte und es dort keine freien Plätze gab, selbst für sehr ernste Fälle, dann würde es auch zu schneien beginnen. Und es wurde immer klarer: Egal, wie diese sehr komplexen Untersuchungen ausfallen würden, auch um die Herbsteinberufung würde ich herumkommen. Es musste schon ein Weltkrieg ausbrechen und selbst das letzte Aufgebot an der Front gebraucht werden: Dystrophiker, mehrfach Vorbestrafte, Irre, Intellektuelle und Invaliden. Um Zufälligkeiten zu vermeiden, machte ich es so, wie es mir der Journalist empfohlen hatte: Mit einem Zug rauchte ich den größeren Teil einer Zigarette auf, Marke Pamir , trank, ohne den inhalierten Rauch auszustoßen, ein Glas Wasser, dann folgte eine Reihe energischer Kniebeugen, immer fünfzehn. Das Resultat stellte sich umgehend ein: Das Herz hämmerte wie wild, die Schläfen pochten, hinzu kam ein Schwindelgefühl im Kopf, so dass mir schien, ich würde gleich zu Boden gehen. Nebelschleier tanzten mir vor den Augen, dazwischen Danielė s unklare Silhouette. Freilich, all diese Erscheinungen gingen schnell vorüber, aber der Journalist hatte gesagt, wie zu verfahren war: Man musste, wenn es so weit war, eine Schwester mit im Boot haben, von ihr erfahren, wann Blutdruck gemessen wurde, dann die Übung durchführen, stets unmittelbar bevor man ins Arztzimmer geführt würde. Erfolg

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