Mobile Röntgenstationen - Roman
garantiert!
Einmal, als ich wieder mit inhaliertem Rauch Gymnastik trieb, erwischte mich Danielė und begann so einen Lärm zu machen, dass es mir wirklich in den Ohren hallte. Sie schrie mich an, und ich war immer noch mit meinen Kniebeugen beschäftigt, man konnte doch nicht mittendrin aufhören. Wie war sie dahintergekommen?
Fünfzehn! Ich spuckte das Wasser auf den Korridorboden und keuchte: Du Dumme! Solltest dich freuen. Oder-willst-du-dass-sie-mich-nehmen?
Sie warf die Pamir weg, aber was machte es mir aus, eine neue Schachtel zu kaufen. Ich setzte meine Übungen fort, gewissenhaft und regelmäßig, und zu Danielė sagte ich:
Fall mir in den Rücken, verurteile mich. Aber du weißt gut genug, für wen ich das alles tue! Immer weniger reg ich mich auf, das ist schlecht. Hab mich an alle Mängel gewöhnt – du, Danielė, bist meine einzige Hoffnung!
Von den Militärs streng gefordert, fand sich im Krankenhaus umgehend ein Bett, und ich gelangte in die entsprechende Abteilung. Anfangs lag ich auf dem Korridor und wurde erst nach einigen Tagen in ein bereits überbelegtes Krankenzimmer gepfercht. Ich fühlte mich vollkommen gesund. Es war recht ungemütlich zwischen Männern, die eine schwere Operation hinter sich hatten, bei einem Autounfall oder einer Messerstecherei verletzt worden waren, Opfer von Haus- oder Betriebsunfällen, durch deren Verbände noch das Blut sickerte. Es gab auch leichtere Fälle – Asthmatiker oder Patienten mit Herzattacken, dazu solche wie ich, die zur Beobachtung eingeliefert worden waren. Doch weder die schwer noch die leicht Erkrankten schenkten mir die geringste Aufmerksamkeit, jeder kümmerte sich nur um sich selbst, wartete ungeduldig, dass man ihm von zu Hause Lebensmittel brachte, denn die von der Krankenhausküche kalkulierten Portionen erwiesen sich nicht nur als erbärmlich klein, sie schmeckten auch fade, das Zeug lag einem im Mund. Hatten die Patienten ihre Mahlzeit zu sich genommen, begannen sie gleich wieder etwas zu kauen: der eine Hühnerkeule, der einen Apfel. Andere schmierten sich Margarine aufs Brot und streuten dann etwas Salz drauf – auch schmackhaft!
Danielė besuchte mich nur einmal, dann war sie unterwegs. Auf dem Dorf war ihre Patentante schwer erkrankt, eine Frau, die ihr näher stand als ihre richtige Mutter. Sie bat um zeitweilige Freistellung, und zu ihrem eigenen Erstaunen stimmte der Dekan umgehend zu. Natürlich, natürlich, fahren Sie! Sie müssen doch ein wenig … verschnaufen. Man sah, die Schwindsucht, selbst wo sie nur in Ansätzen vorhanden war, achteten alle. So verlangte es die Tradition, und auch die Literatur hat hier ihre Verdienste: Janonis, Biliūnas. Ich bezweifle nicht, dass in jungen Jahren sowohl dieser Dekan als auch Albinas N., Lehrstuhlleiter, und natürlich Frau Vogel Patricia Holmans Drama empfindsam durchlebten. Umso besser für Danielė, sie wird sich wirklich erholen. Manchmal hasste ich ihre skrupulöse Ehrlichkeit, ihre todernste Gottesgläubigkeit, die Gebete davor und danach , was erflehte sie da eigentlich? Gesundheit, Ruhe oder immer noch diese Zwillinge? Ich erinnere mich nicht mehr. Aber es war unmöglich, sie nicht zu achten. Alles tat Danielė ernst, überlegt, ohne etwas zu verbergen und ohne zu heucheln, sie betete und liebte und lebte. Es gab Zeiten, da streifte ihre Ernsthaftigkeit das Komische. Aber vor dem Hintergrund allgemeiner Tristesse, Menschenverachtung, Egoismus und beinahe kasernenhofmäßiger Disziplinierung erschien Danielė wunderbar stabil, beneidenswert beherrscht und zurückzuhaltend, auf ihre Art fast vollkommen. Solche Menschen brachten damals verschiedene Funktionäre in Rage, solche wie Hrasilda zum Beispiel. Danielė war fundamental – ich beneidete sie um diese Festigkeit, aber ich wusste auch: Keinerlei Übungen, keinerlei künstliche Anstrengungen halfen, das zu erlangen, was einem der Herrgott verweigerte.
Das alles ging mir durch den Kopf, während ich im Krankenzimmer auf einem ungemachten Bett saß, um mich herum stöhnten die frisch Operierten. Besucher kamen und gingen, man erzählte Witze, in der Ecke spielten sie Karten. Die Mehrzahl der Patienten hier waren Russen, selbst die Litauer, die sich, ohne zu mucken, angepasst hatten, sprachen untereinander russisch. Sogar mit mir. Als ich einem von ihnen ins Gewissen reden wollte und ihn bat, doch in der Sprache unserer Vorväter mit mir zu kommunizieren, bekam der vor Verwunderung große Augen. Odurel, paren’? [35] –
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