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so etwas möglich ist. Eine solche Verbindung.«
Sie nickte träge.
Er leerte die Flasche. Sie sah ihm dabei zu.
»Was läuft schief bei dir?«, fragte sie. »Damals sahst du frisch und vital aus, hast Energie versprüht, deine Augen leuchteten. Heute ist dein Gesicht fast grau und deine Augen sind stumpf. Du scheinst eine Menge zu trinken und rauchst, früher hast du die Finger davon gelassen. Du bist ein anderer Michael Wohlert als der, in den ich mal verliebt gewesen war.«
»Warst du das? Verliebt, meine ich.«
»Oh ja, allerdings, und das weißt du nur zu genau.«
»Das tut mir l eid.«
»Und mir erst recht . Also: Was läuft schief?«
Michael zündete sich die nächste Zigarette an. Er inhalierte tief, schien nachzudenken. Dann sagte er: »Es wäre wohl zu einfach, auf die Dinge zu verweisen, die links und rechts geschahen. Vermutlich war es einfach so, dass eine einzige falsche Entscheidung alles nach sich gezogen hat. Der Domino-Effekt. Wahrscheinlich hätte alles einen anderen Verlauf genommen, wenn ich damals den Mut und die Größe gehabt hätte, bei dir zu bleiben. Ich hätte allein auf mein Herz hören und meine Frau verlassen sollen. Stattdessen habe ich im wahrsten Sinne des Wortes den Schwanz eingezogen und das getan, was man so tut, wenn man meint, dass von zwei falschen Entscheidungen eine die richtigere ist, nur weil sie die bequemere ist. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Ich habe Eve geliebt. Vielleicht so sehr wie dich, vielleicht etwas weniger. Ich weiß es nicht, und es spielt heute auch keine Rolle mehr. Eve war hübsch und intelligent, fröhlich und gut im Bett, aber all das warst du auch. Den Unterschied machte ihr Vater aus. Wegen ihm entschied ich mich für Eve. Ihr Alter hatte einen Haufen Kohle und anfänglich einen Narren an mir gefressen. Er gab mir das Geld, das ich brauchte, um mich selbstständig zu machen. Alle meine Ampeln standen auf grün.«
»Und sprangen irgendwann auf rot.«
»Eve starb bei einem Autounfall. Vor acht Jahren. Unter ihrem Herzen trug sie unsere Tochter, sechster Monat. Um unsere Ehe stand es bereits seit längerem nicht mehr sonderlich gut. Ich kam mit meiner Selbstständigkeit nicht voran, trat auf der Stelle und brauchte ständig frisches Geld. Immer wieder zapfte ich ihren Vater an, weil die Scheißbank von mir Sicherheiten haben wollte, die ich nicht vorweisen konnte. Dem Alten dämmerte es längst, dass ich kein guter Kaufmann war, aber ich war nun mal mit seiner Tochter verheiratet, und wenn er mich im Stich ließe, würde er auch Eve im Stich lassen. Also drehte er den Geldhahn etwas zu, aber nicht ab. Das Ganze belastete meine Ehe erheblich. Und plötzlich war Eve tot. Außer etwas Bargeld und Schmuck hinterließ sie mir nichts, der Alte hatte längst entsprechende Vorrichtungen getroffen. Der paranoide alte Sack hatte wohl seit längerem Angst gehabt, ich würde irgendwann seine Tochter aus dem Weg räumen, um an ihr Geld zu kommen. Wie dem auch sei, Eves Tod veränderte die Dinge. Alles ging den Bach runter und mir wurde endgültig klar, dass seit meiner Kindheit die Karten in meiner Hand halte, die gegen anstatt für das Leben spielen. Dann ist das halt so, sagte ich mir schließlich und hörte auf, mich gegen das schlechte Blatt zu wehren.« Er schickte seinen Worten ein beiläufiges Schulterzucken hinterher.
»Erst d ein Bruder, dann deine Mutter, schließlich deine schwangere Ehefrau mit dem ungeborenem Kind ... - das ist ein wenig zu viel des Schicksals für einen Einzelnen, zumindest für meinen Geschmack. Du trägst zu dick auf, als dass man dir ohne weiteres glauben will.«
Michael lächelte fade. »Ich kann dir erzählen, was ich will, du glaubst mir ohnehin nicht.«
»Zumindest tue ich mich sehr schwer damit.«
»Vielleicht findest du ja schon bald heraus, dass ich die Wahrheit sage.«
»Ich bin nicht sicher, ob es mich wirklich interessiert.«
Michael deutete in das Wohnzimmer. »Dein lieber Mann ist auf dem Weg zu uns. Er sieht ziemlich blass aus um die Nase, hoffentlich nicht aus Eifersucht.«
Carola blickte über die Schulter. Joachim kam zur Balkontür. Er sah in der Tat ziemlich durcheinander aus. Sie stieß die Balkontür auf, um reinzugehen. Michael nahm einen tiefen Zug und ließ die Zigarette in die leere Bierflasche fallen, stieß den Rauch aus. Dann ging auch er in das Wohnzimmer und drückte die Balkontür hinter sich zu.
»Es gibt so etwas wie ... ein Muster«, sa gte Joachim staunend. »Das
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