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Mode ist ein glitzernder Goldfisch

Mode ist ein glitzernder Goldfisch

Titel: Mode ist ein glitzernder Goldfisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Smale
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den Mund, Harriet.
    Â»Ehrlich?«
    Â»Ja.« Ich schlucke. »Aber zum Glück sind wir ja nicht in Singapur, dir kann also nichts passieren.«
    Â»Puh, dem Himmel sei Dank für die englische Gesetzgebung«, sagt er und lehnt den Kopf wieder an die Wand. Seine Mundwinkel zucken. »Das war knapp, was?« Und dann breitet sich Schweigen aus, während er die Augen schließt und ich knallrot anlaufe und überlege, ob es möglich ist, einen noch schlechteren ersten Eindruck zu machen.
    Ist es nicht.
    Â»Ich bin Harriet Manners«, bringe ich schließlich raus, und dann strecke ich ihm die Hand hin, um seine zu schütteln, merke, dass sie vor Nervosität ganz feucht ist, ziehe sie zurück und tue so, als müsste ich mich am Knie kratzen.
    Â»Hallo, Harriet Manners«, sagt der Löwen-Junge, und alles, was ich denken kann, ist: Ich weiß, dass da draußen vor dem Tisch etwas ist, wovor ich weglaufen sollte, aber ich erinnere mich nicht mehr recht daran, was.
    Â»Ã„hm …« Denk nach, Harriet. Lass dir irgendetwas Normales einfallen, was du sagen könntest. »Bist du schon lange hier?«
    Â»Ungefähr eine halbe Stunde.« »Warum?«
    Â»Ich verstecke mich vor Wilbur. Er benutzt mich als Köder. Er stößt mich in die Meute, um zu sehen, wie viele hübsche Mädchen ich mit zurückbringen kann.«
    Â»Wie eine Made?«
    Er lacht. »Ja. So ungefähr.«
    Â»Und hast du … hast du was gefangen?«
    Â»Das weiß ich noch nicht genau«, sagt er, öffnet ein Auge und sieht mich an. »Ist noch zu früh, um das zu sagen.«
    Â»Oh.« Ich schaue kurz auf meine Uhr. »So früh ist es gar nicht mehr«, erkläre ich ihm. »Es ist schon fast Mittag.«
    Der Junge schaut auf meine Uhr – die Messer, Gabel und Löffel hat statt Zeiger und eine bedeutende Verbesserung gegenüber meiner letzten Uhr ist, auf der ein Dinosaurier mit einem Schwanz war, der sich immer im Kreis drehte –, hebt eine Augenbraue und sieht mich ein paar Sekunden konzentriert an.
    Seine Nase zuckt ein wenig.
    Und dann – eindeutig fasziniert von dem fesselnden ersten Eindruck, den ich gemacht habe – schließt er wieder die Augen.
    Während Löwen-Junge offenbar im Tiefschlaf liegt, empfinde ich ganz plötzlich das dringende Bedürfnis, ihm alle möglichen Fragen zu stellen. Plötzlich will ich alles wissen. Zum Beispiel, was das für ein Akzent ist und woher er kommt. Kann er es mir auf meiner Weltkarte zeigen, wenn ich sie aus der Tasche hole? Gibt es seltsame Tiere in seinem Land und richtig große Insekten? Ist er auch ein Einzelkind? Hatte seine Jeans schon Löcher, als er sie gekauft hat, wie die von meinem Vater, und wenn nicht, wie sind sie dann reingekommen?
    Aber es kommt nichts raus.
    Was im Grunde ein Glück ist, denn die meisten Menschen mögen es nicht besonders, wenn ich sie mit Fragen bombardiere, während sie versuchen zu schlafen.
    Â»Versteckst du dich oft unter Möbeln?«, frage ich schließlich. Er grinst mich an, und sein Lächeln ist so breit, dass es sein Gesicht förmlich in kleine Stücke bricht und mein Magen sich augenblicklich anfühlt wie eine Waschmaschine im Schleudergang.
    Â»Nein, normalerweise nicht. Du?«
    Â»Andauernd«, gestehe ich zögernd. »Die ganze Zeit.« Genauer gesagt, sooft ich in Panik gerate. Was, da ich oft in Panik gerate, bedeutet, dass ich schon unter vielen verschiedenen Tischen gehockt habe: unter Esstischen, Schreibtischen, Beistelltischen, Küchenarbeitsplatten … ja, unter allen möglichen Möbeln, unter denen man verschwinden kann. So habe ich ja auch … Nat kennengelernt.
    Gerade ist mir eingefallen, was ich hier eigentlich mache.

14
    F alls ihr euch fragt: Damals habe ich unter einem Flügel gehockt.
    Es war der zweite Tag in der Vorschule, und mir reichte es. Alexa hatte mich schon ins Herz geschlossen – oder wie man das Gegenteil davon nennt –, und ich war bereits zur Zielscheibe ihrer ausgeklügelten Fünfjährigen-Witze geworden. Wer riecht am meisten? Harriet. Wer hat Haare wie eine Mohrrübe? Harriet. Wer hat sich die Milch in den Schoß geschüttet, aber eigentlich ist es Pipi? Harriet.
    Nach anderthalb Tagen dieser Behandlung war ich zu dem Schluss gekommen, Schule sei längst nicht das, als was sie gepriesen wurde. Mir reichte es wirklich. Ich hatte gewartet, bis alle

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