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Mode ist ein glitzernder Goldfisch

Mode ist ein glitzernder Goldfisch

Titel: Mode ist ein glitzernder Goldfisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Smale
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unten. Da musst du es doch sagen können.«
    Sie stellt mich auf die Probe. Sie will wissen, ob ich die Wahrheit sage, und das kann ich ihr nicht verübeln. Schließlich habe ich den Tag damit begonnen, mir das Gesicht mit Talkumpuder zu weißeln und gegen die Wand zu laufen in dem Versuch, mir den Arm zu brechen (leider hat sie mich dabei erwischt).
    Â»Ich glaube, es sind …«, setze ich an, aber ich habe absolut keine Ahnung, was für Verbindungen es sind. Und die Chancen stehen nicht schlecht, dass Nat sich in einer Minute auf den Boden kniet und nachsieht. »Es sind …«, wiederhole ich, und der Satz verliert sich im Nichts.
    Â»Schwalbenschwänze«, sagt eine Stimme, und der Löwen-Junge kriecht unter dem Tisch hervor. »Schwalbenschwanzverbindungen der alten Schule, wie vermutet.«
    Â»Nick!«, schreit Wilbur hocherfreut. »Da bist du ja!« Und dann betrachtet er verwundert den Tisch, als wäre er ein Zugang zu einem anderen Universum. »Wie viele von euch stecken noch da drunter?«
    Nat richtet den Blick auf den Löwen-Jungen und dann auf mich. Und dann wieder auf ihn. Die Falten auf ihrer Stirn werden tiefer. »Schwalbenschwanz?«
    Â»Ja, Schwalbenschwanz«, bestätigt Nick. »Eine genauere Inaugenscheinnahme hat ergeben, dass es keine Fingerzinkung ist, eigentlich die bevorzugte Methode bei der Konstruktion von Tischen.«
    Nat sieht mich an und blinzelt drei oder vier Mal. Ich sehe, dass sie Mühe hat, die Situation zu begreifen, die offensichtlich absolut unbegreiflich ist.
    Â»Mhm«, sage ich leise. »Genau.«
    Schweigen macht sich breit. Endlos langes Schweigen. Ein Schweigen, von der Art, von der man einen Bissen nehmen könnte, wenn man mal Lust hätte, Schweigen zu kosten.
    Just in dem Augenblick, als ich denke, ich würde damit durchkommen und alles würde gut werden, fällt Nats Blick auf Wilburs Hand. Und in der hält er die drei verdammten Polaroidfotos von mir. Entwickelt allein zu dem Zweck, Nat die wahre Natur meiner teuflischen Lügen vor Augen zu führen, wie das Porträt von Dorian Gray.
    Ein Schluchzen aus den Tiefen von Nats Kehle durchbricht das Schweigen, und ich trete automatisch vor, um sie zu beruhigen. »Oh, oh, Nat, ich wollte nicht …«
    Nat wendet sich mit verzerrtem Gesicht ab. Es ist zu spät. Sie weiß es, und sie hat es auf die schlimmste Art und Weise erfahren: Ich habe ihr in aller Öffentlichkeit – rums, krawumm, patsch – dreist ins Gesicht gelogen.
    Ich hätte heute Morgen im Bett bleiben sollen.
    Oder wenigstens unter dem Tisch.
    Â»Nein«, flüstert Nat.
    Und mit diesem letzten Wort – dem Wort, das keiner von uns zurücknehmen kann – springt sie von der Bühne und läuft davon.

15
    Menschen, die Harriet Manners hassen:
    1. Alexa Roberts
    2. Die Hut-Dame
    3. Die Besitzer der Stände 24D, 24E, 24F, 24G und 24H
    4. Nat
    V erräterin. Betrügerin. Schwindlerin. Abtrünnige. Treulose Tomate. Kollaborateurin. Schlange. Gut, dass ich mein Wörterbuch mitgenommen habe, denn den Rest des Tages weigert Nat sich, mit mir zu reden, und ich habe jede Menge Zeit, über meine Missetaten zu grübeln. Kollaborateurin. Das Wort gefällt mir. Klingt ein bisschen wie Labrador.
    Doch die wahre Katastrophe ist, dass mich zu dem Zeitpunkt, als ich mich endlich so weit zusammengerissen hatte, um mich aus der schmutzigen kleinen Ecke, in die ich mich verkrümelt hatte, wegzubewegen, ein echter Sicherheitsmann kam und mich in ein Büro voll mit noch mehr Menschen schleifte, die alle so aussahen, als wären sie sauer auf mich. Anscheinend schulde ich – beziehungsweise meine Eltern – den Standbesitzern der Clothes Show die stattliche Summe von 3000 Pfund.
    So was passiert, wenn man an einem Tisch Tintenfässer verkauft und am nächsten Kleider und am nächsten Gemälde und am nächsten heiße Wachskerzen und auf jedem einzelnen Tisch ein Schild mit der Aufschrift »Wer was kaputt macht, bezahlt es« steht und man nicht ausreichend versichert ist.
    Ich rege mich nicht unnötig auf. Nein, ich betrachte mich vielmehr als positiven, lebensbejahenden Menschen, wenn auch als einen, der die Düsternis und die Tragödie des modernen Lebens begriffen hat.
    Trotzdem muss es gesagt werden:
    Der heutige Tag erweist sich als einzige Aneinanderreihung von Katastrophen.
    Der Rest des Donnerstags lässt sich

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