Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mode ist ein glitzernder Goldfisch

Mode ist ein glitzernder Goldfisch

Titel: Mode ist ein glitzernder Goldfisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Smale
Vom Netzwerk:
rausgegangen waren, und dann war ich unter den Flügel gekrochen. Wo ich eine zutiefst unglückliche Nat angetroffen hatte. Sie weinte, weil ihr Vater gerade mit der Kassiererin von Waitrose abgehauen war.
    Wir freundeten uns sofort an, wahrscheinlich, weil wir beide nur noch ein Elternteil hatten: Es war ein bisschen so, als würde man den Besitzer der anderen Hälfte seiner Freundschaftshalskette finden. Ich hatte ihr einen Teilzeitanteil an meinem Vater angeboten und sie mir ein bisschen von ihrer Mutter, und so wurden wir beste Freundinnen. Und blieben es.
    Wenigstens bis … heute.
    Â»Harriet«, sagt eine Stimme, und unter dem Saum der Tischdecke tauchen zwei rote Schuhe auf. »Vielleicht bildest du dir ja ein, du wärst in den letzten dreizehn Minuten unsichtbar geworden, aber das bist du nicht. Ich kann dich sehen.«
    Mein Magen setzt zum Sturzflug an, und diesmal hat es nichts mit dem Jungen zu tun, der neben mir hockt. »Oh.«
    Â»Ja, oh«, pflichtet Nat mir bei. »Du kannst also ruhig wieder rauskommen.«
    Ich werfe noch einen Blick auf den Löwen-Jungen, der immer noch die Augen zuhat, flüstere: »Danke, dass du den Tisch mit mir geteilt hast«, und krieche aus meinem miserablen Versteck.
    Nat ist stocksauer. Noch saurer als damals, als ich aus Versehen ihre neue Flasche Parfüm von Gucci aus dem Fenster gestoßen habe, weil ich einen improvisierten Tanz vorführte, den sie überhaupt nicht sehen wollte.
    Â»Was machst du hier, Harriet?«, flüstert sie mit einem verdutzten Blick auf Wilbur.
    Â»Ich …«, setze ich in heller Panik an. »Es ist nicht, wonach …«
    Â»Nicht zu fassen«, unterbricht Nat mich. Ihre Wangen glühen mit jedem Augenblick mehr, und ihr Blick schießt immer wieder zu Wilbur.»Ich weiß, dass du nicht gern shoppen gehst, Harriet, und ich weiß auch, dass du eigentlich nicht mit herkommen wolltest, aber dich unter diesem Tisch zu verstecken … ich meine, ausgerechnet unter diesem …« Peinlich berührt bis auf die Knochen wirft sie wieder einen Blick auf Wilbur.
    Ich runzle die Stirn. Was redet sie da?
    Da geht mir plötzlich ein Licht auf: Ich habe mich geirrt, Nat weiß gar nicht, dass ich gerade entdeckt wurde. Sie hat nicht mitgekriegt, dass Wilbur Fotos von mir gemacht hat. Sie hat mich nur hier gesehen und hat angenommen, ich wäre ihr gefolgt und dann unter den Tisch gekrochen, weil es das Einzige ist, was ich wirklich gut kann: mich völlig unmöglich machen.
    In diesem Augenblick schaue ich rüber zu Wilbur, und der Schock trifft mich wie ein Fausthieb in den Magen. Seine Miene ist völlig ausdruckslos. Er nimmt überhaupt keine Notiz von Nat. Sie wird nicht entdeckt.
    Was bedeutet – und bei diesem Gedanken schießt ein heißer Stromstoß durch meinen Magen –, dass ich nicht nur unfreiwillig auf Nats lebenslangen Traum aufgesprungen bin.
    Ich habe ihn ihr gestohlen.
    Erschrocken sehe ich Nat an.
    Â»Und?«, sagt sie mit zitternder Stimme. »Was geht hier ab, Harriet? Kannst du mir das erklären?«
    Noch kann ich es retten, denke ich. Es ist noch nicht zu spät. Nat muss es nicht erfahren. Ich muss ihr nicht das Herz brechen und ihren Traum zerstören, und ich muss es nicht auf die denkbar demütigendste Weise tun: An dem Ort, wo sie dachte, ihr Traum würde wahr werden, vor den Augen des Menschen, der ihr hätte geben können, was sie sich so sehnlichst wünscht.
    Â»Ich habe nach ungewöhnlichen Eckverbindungen geschaut«, sage ich so schnell wie möglich. »Für meine Hausaufgaben in Werken.«
    Ein Herzschlag, und dann: »Hä?«
    Â»Werkunterricht, Hausaufgaben«, wiederhole ich und sehe Nat bewusst in die Augen. »Da hieß es, regionales Handwerk könne sehr interessant sein und wir sollten uns mal in anderen Gegenden umsehen. Wie … Birmingham.«
    Nat macht den Mund auf und wieder zu. »Wie bitte?«
    Â»Also«, sage ich, und meine Stimme wird immer leiser, »ich fand, aus der Entfernung sah dieser Tisch hier sehr … solide aus. Von der Konstruktion her. Und da dachte ich, ich schaue ihn mir mal genauer an. Du weißt schon. Von … unten.«
    Â»Und?«
    Â»Und?«, wiederhole ich verständnislos. »Und was?«
    Â»Was waren es?«, fragt Nat und kneift die Augen noch weiter zu. »Was für Eckverbindungen waren es? Ich meine, du warst ganz schön lange da

Weitere Kostenlose Bücher