Modemädchen Bd. 3 - Wie Sahnewolken mit Blütentaft
so dick, dass man eine Decke daraus stricken könnte. Ich werfe Krähe einen Blick zu und lache heiter. Jedenfalls soll es heiter klingen.
»Tja, sieht so aus, als hätte ich im Sommer eine Freundin in Amerika und die andere in der Bibliothek. Gott sei Dank habe ich noch dich, oder?«
Vorsichtig legt Krähe die Bommel hin und den Kopf schief. Ihr Blick ist nicht sehr vielversprechend.
»Mein Vater hat mir letzte Woche geschrieben. Er macht sich Sorgen um meine schulischen Leistungen. Und die Familie vermisst mich. Sie wollen, dass ich den Sommer bei ihnen in Uganda verbringe.«
Jetzt bin ich sprachlos. Krähe weiß es seit einer Woche, und sie hat mir bis jetzt nichts davon erzählt. Bei wichtigen Nachrichten ist sie eine echte Katastrophe. Ich wünschte, sie würde ab und zu mal den Mund aufmachen. Manchmal weiß ich ihre Schweigsamkeit wirklich zu schätzen, aber nicht immer .
In diesem Moment wachen die Kätzchen auf und fangen an leise maunzend herumzuturnen.
Jenny, Edie und ich nehmen es als Vorwand, sich jede eins zu nehmen und zu streicheln. Wir reden nicht miteinander. Wir sehen einander nicht an.
Mein wunderschöner prüfungsfreier, freundinnenreicher, Mode-planerischer Sommer hat sich soeben in einen Albtraum verwandelt. Und dann piept mein Telefon. Eine SMS von Mum.
»Habe eben dein Zeugnis erhalten. Komm sofort nach Hause. Wir müssen reden.«
Der Albtraum hat gerade erst angefangen.
Mum sitzt am Küchentisch (weißer Marmor, passende Stühle, absolut Flecken-feindlich) mit meinem aufgeschlagenen Zeugnis vor der Nase und einer Tasse sehr starkem Kaffee. Doch das Schlimmste ist, sie sieht nicht mal wütend aus. Sie wirkt einfach nur hilflos und traurig.
»Was soll ich tun, Nonie?«, fragt sie.
Fangfrage. Ich beiße mir auf die Lippe.
»Ich schicke dich auf eine teure Privatschule. Ich helfe dir stundenlang dabei, deine Wahlfächer auszusuchen. Ich versuche immer und immer wieder dir zu erklären, wie wichtig die Prüfungen sind und wie wichtig das College ist und wie wichtig es ist, dich auf die Zukunft vorzubereiten. Was soll ich denn noch machen, damit irgendwas davon bei dir ankommt?«
»Meine Noten sind also nicht so gut?«, frage ich. Am besten, wir bringen es hinter uns.
Sie seufzt. »Nein. Sie sind nicht so gut.«
Sie schiebt mir das Zeugnis hin. Es rutscht über den Marmor. Ich habe kein großes Bedürfnis, es zu lesen.
»Aber es ist doch das erste Jahr der A-Levels, oder? Das nächste Jahr zählt erst so richtig«, versuche ich es optimistisch.
»Wenn du so weitermachst, schaffst du es nicht ins nächste Jahr«, sagt Mum. »Sie sind nicht nur von dir enttäuscht, Nonie. Sie machen sich Sorgen.«
»Oh.« Vielleicht haben die ganzen Stichpunkt-Aufsätze nicht die Wirkung erzielt, die ich angepeilt hatte. Trotzdem bin ich fest entschlossen, mich aufs Positive zu konzentrieren. »Aber, Mum, so viele gute Noten brauche ich gar nicht. Ich weiß, du hättest gern, dass ich aufs College gehe und so, aber wenn Krähe ihr eigenes Label hat, dann leite ich es für sie, und selbst wenn sie kein eigenes Label aufmacht, hat gerade ein großes Modehaus angefragt, die uns anheuern wollen. Meine Karriere hat schon längst angefangen.«
Ich versuche nicht selbstgefällig zu klingen oder so was, aber ehrlich gesagt bin ich ganz zufrieden mit mir. Ich habe Krähe geholfen, drei Kollektionen auf die Beine zu stellen, und falls Andy Elat Recht hat – und er hat immer Recht –, ist sie gerade dabei, durch die Stratosphäre zu schießen. Ich habe eine Karriere! Juhu! Und dafür brauchte ich nicht mal einen Schulabschluss.
»Oh, Nonie.« Mum seufzt wieder. »Du bist so naiv, mein Schatz. Du hast keine Ahnung, oder?«
Na gut, jetzt bin ich nicht mehr selbstgefällig, jetzt bin ich sauer. Keine Ahnung? KEINE AHNUNG? Habe ich nicht immerhin eine Modenschau für die Londoner Fashion Week organisiert? Habe ich nicht gerade eine Kaufhauskollektion in die Läden gebracht und mit Joan Burstein geplaudert? Wie viel Ahnung brauche ich noch?
»Jetzt setz dich und hör zu«, sagt Mum.
Ich bin so überdreht, dass mir gar nicht aufgefallen ist, dass ich noch stehe. Ich setze mich und rutsche zur Stuhlkante vor. Mum versucht nach meiner Hand zu greifen, aber dem Mädchen, das »keine Ahnung« hat, ist momentan nicht nach Händchenhalten.
»Überleg mal, Schätzchen. Krähe ist die Designerin. Sie ist der Name. Sie ist die, von der die Leute etwas wollen. Was würdest du denn machen?«
»Das, was ich immer
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