Modemädchen Bd. 3 - Wie Sahnewolken mit Blütentaft
während Jenny den Boden schrubbt? Das wäre ja grauenhaft. Und ich mache mir wegen Mums Weißwein-Konsum Sorgen. Das hier ist eine ganz andere Liga.
»Was sollen wir tun?«, frage ich.
»Was können wir tun?«, seufzt Mum. »Sei nett zu Jenny, würde ich sagen. Sieh zu, dass es ihr gut geht. Im Moment geht es ihr doch gut, oder?«
»Ja, meistens wirkt sie richtig glücklich.«
»Na siehst du.«
»Edie war bei ihr, um nach den jungen Kätzchen zu sehen«, sage ich.
»Nett von ihr.« Mum lächelt. Edie ist für Mum der perfekte Teenager. Kluger Kopf, knielange Röcke, größtmögliche Hilfsbereitschaft und immer nur Einsen.
Das Popcorn fängt zu ploppen an. Als die volle Schüssel vor mir steht, setzt Mum sich zu mir an den Tisch, mit einem merkwürdigen Blick in den Augen.
»Nonie, ich habe nachgedacht«, sagt sie.
Das klingt nicht gut. Ich sage nichts. Auf einmal ist mein Mund ganz trocken. Nicht ideal, wenn man eine Schüssel Popcorn vor sich hat.
»Über unser Haus. Es ist ein bisschen groß, meinst du nicht?«
»Findest du?« Wenn man mich fragt, würde ich sagen, es hat genau die richtige Größe.
»Wenn Harry geht, sind wir beide hier ein bisschen verloren, oder?«
»Meinst du?«
Mum ändert ihre Taktik. »Könntest du dir nicht vorstellen, in eine Wohnung in einer trendigeren Gegend zu ziehen, wenn du mit der Schule fertig bist? Dann gehst du irgendwo aufs College, und ich bin praktisch allein. Was hältst du vom East End, wo viel kreative Energie fließt? Als ich mir die Wohnung in New York vorgestellt habe, die Isabelle beschrieben hat – sie klang so perfekt. Ich wollte eigentlich schon immer in einem alten Industrieloft wohnen.«
Wie bitte? Das ist mir neu. Ich wollte noch nie in einem Industrieloft wohnen. Oder im East End. Ich hänge an unserem Häuschen in Kensington. Und am Bus Nummer 14 und dem Victoria-&-Albert-Museum. Und an den zehn Minuten bis zur Oxford Street. Und an meinem perfekten Zimmer, das ich gegen nichts in der Welt eintauschen wollte.
»Wirklich?«, sage ich. Mehr bringe ich nicht raus.
»Mhm«, macht Mum. »Ich dachte, ich lasse mal einen Makler kommen, der das Haus schätzt. Es wäre doch interessant zu wissen, wie viel es wert ist. Wir müssten Vicente natürlich sein Geld zurückgeben, aber wahrscheinlich wäre noch genug übrig, um eine nette Wohnung für uns beide zu finden. Alles in Ordnung mit dir?«
Ich nicke. Nichts ist in Ordnung. Ich nicke trotzdem.
»Was ist mit meinem Zimmer?«, frage ich mit dünner Stimme.
»Das nimmst du mit. Mit allem Drum und Dran, wenn du willst. Mit all deinen Postern und Möbeln. Aber mal ehrlich, Liebes, du hast nicht mehr umgeräumt, seit du neun warst. Vielleicht wäre eine kleine Modernisierung drin. Wir könnten dir was Neues kaufen. Einen Spiegelschrank, wie du ihn schon immer wolltest. Ein Himmelbett …«
Ich nicke wieder, aber mir ist schlecht. Es stimmt, ich habe Mum seit Monaten – Jahren, wahrscheinlich – in den Ohren gelegen, dass wir meinen alten Schrank gegen einen coolen neuen Schrank mit Spiegeltüren und jeder Menge Platz eintauschen. Und ein Himmelbett habe ich auch schon immer gewollt, aber Mum hat immer Nein gesagt. Für mich war es eins der tollsten Dinge, die man überhaupt haben könnte, aber jetzt, wo sie es mir praktisch anbietet, ist es mir plötzlich nicht mehr so wichtig.
Mums BlackBerry piept. Sie sieht mich entschuldigend an, aber sie muss rangehen. Ich bin froh, dass das Gespräch unterbrochen wird. Ich nehme das Popcorn mit in mein Zimmer und setze mich an den Schreibtisch vor meinen alten Laptop mit der klebrigen Tastatur. Ich bin fest entschlossen, nicht zu verzweifeln. Dazu habe ich keine Zeit. Ich muss meine Karriere planen und pauken, pauken, pauken. Leute ziehen ständig um. Ich muss mich nur daran gewöhnen.
Außerdem ist da eine E-Mail von den Kamelhaarmännern, die mich an unser Treffen in Paris erinnern und mir sagen wollen, wie beeindruckt sie von der »ausführlichen Berichterstattung über unsere Schauspielerfreundin auf dem Met Ball« und dem »marketingstrategischen Impuls« für die neue Miss-Teen-Kollektion sind.
»Wir sind an neuen Wegen interessiert, im Hinblick auf die eventuelle Etablierung einer Teen-Marke mit aufstrebenden Talenten zusammenzuarbeiten«, heißt es weiter. »Bitte kontaktieren Sie uns, um diesbezügliche potenzielle Perspektiven und kreative Möglichkeiten zu diskutieren.«
Ich habe die Nachricht vier Mal gelesen, aber ich weiß immer noch nicht
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