Modemädchen Bd. 3 - Wie Sahnewolken mit Blütentaft
Ehrlich«, unterbreche ich. Können wir es bitte schnell hinter uns bringen?
Sie sieht mich überrascht an, dann lächelt sie.
»Ich schätze, ich kann nichts vor dir geheim halten, oder?«, sagt sie. »Na ja, wir wohnen in einem Haus. Natürlich hast du es gemerkt. Es war nur … du hast nie was gesagt. Ich wollte es dir schon an Krähes Geburtstag sagen, aber irgendwie ist alles schiefgelaufen …«
»Mum«, unterbreche ich sie. »Ich freue mich für euch. Wirklich. Er ist ein super Typ. Aber könnten wir nicht das Haus behalten? Bitte? Ich meine, jetzt wo Harry nicht mehr heiratet, ist er häufiger hier. Er kann auf mich aufpassen. Und du wohnst ja dann hauptsächlich in Brasilien, also …«
»In Brasilien?«, fragt Mum. Sie sieht mich überrascht an.
»Ja. Ziehst du nicht zu ihm? Oder kommt er her? Aber wie will er von hier aus seine Projekte leiten?«
»Wie bisher auch«, sagt Mum. »Von seinem Büro im Gartenhaus. Nur dass es dann unser Garten sein wird. Warte mal … Brasilien ?«
»Da wohnt er doch«, erkläre ich.
»Peter? Nein. Er wohnt im Nachbarhaus.«
»Peter?«
»Peter Anderson. An wen hast du denn gedacht? Warte mal – doch nicht Vicente?«
Ich nicke. Natürlich Vicente. Wer sonst?
»Aber er ist doch die Liebe deines Lebens«, sage ich zittrig. Das mit Peter Anderson ist irgendwie verwirrend. »Er schickt dir doch die ganzen weißen Rosen.«
»Die Rosen? Ach – aber nein, die waren nicht von Vicente«, sagt Mum. »Also, der Riesenstrauß schon, letztes Jahr. Völlig übertrieben, fand ich. Die anderen kamen alle von Peter. Es sind meine Lieblingsblumen. Aber warte mal – Vicente ? Wie kommst du auf Vicente?«
Und so erzähle ich ihr mit wackeliger Stimme alles, was ich weiß. Wie sie und Vicente »eine Pause eingelegt« hatten. Ihre Begegnung mit Papa, und wie sie aus Versehen schwanger wurde. Der Unfall. Dass sie zu Vicente zurückwollte und nicht konnte. Die Hochzeit, die nie stattfand. Die ganze Geschichte.
Ich habe keine Ahnung, wie Mum reagiert, weil ich mich beim Reden auf ein bestimmtes Muster auf der Marmorplatte konzentriere, aber ich spüre, wie das Blut aus meinen Füßen zurück in meinen Kopf fließt, und inzwischen ist mein Gesicht so heiß, dass ich meinen kalt gewordenen Kaffee damit aufwärmen könnte.
Als ich fertig bin, ist es still. Endlich sehe ich auf, aber Mum starrt mich einfach nur an. Eine Weile bringt sie kein Wort heraus. Sie sieht traurig aus. Irgendwann findet sie die Sprache wieder.
»Das hast du wirklich gedacht?«, fragt sie. »Die ganze Zeit? Warum? Ich meine, wie kommst du auf das ganze Zeug?«
»Telefongespräche«, sage ich. »Wenn du mit Freundinnen geredet hast. Granny. Du weißt schon …«
»Mummy!« Mum sieht inzwischen richtig wütend aus. Dann greift sie nach meinen Händen und sieht mir in die Augen. »Es tut mir so, so leid, Liebling«, sagt sie. »Und weißt du was – von allen Leuten war es Gloria, die mir gesagt hat, ich hätte schon vor Jahren mit dir über alles reden sollen. Aber ich habe es einfach nicht geschafft.«
Ich zucke die Schultern. Sie muss sich für nichts entschuldigen. Unfälle passieren.
Mum lässt eine meiner Hände los und streicht mir über die Wange.
»Nonie! Das ist ja unerträglich! O Gott. Ich schätze, ich muss dir endlich die ganze Geschichte erzählen, oder?«
Wieder zucke ich die Schultern. Wenn sie Lust hat. Auch egal.
»Du warst das am meisten geliebte und erwünschte Baby auf der ganzen Welt«, sagt sie zärtlich. »Ich bin völlig erschüttert, dass dir das nicht klar war. Es stimmt, nachdem ich deinen Vater kennengelernt hatte, habe ich schnell gemerkt, dass wir als Paar nicht zusammenpassten. Ich war schwanger und ich habe mich gefragt, ob es ein Fehler war, Vicente zu verlassen. Deine dusselige Großmutter wollte unbedingt, dass ich zu Vicente zurückgehe … dass ich versuche ihn zurückzugewinnen. Immerhin hatten wir Harry. Aber ich glaube, Granny hatte es vor allem auf sein Vermögen abgesehen. Sie wollte, dass ich seinen Grundbesitz heirate. Jedenfalls bin ich nach Brasilien geflogen, und er sagte: Ja, er würde liebend gern wieder mit mir zusammen sein, aber nicht mit dem neuen Baby. Und da ist mir alles klar geworden, Nonie. Da wusste ich, wie unbeschreiblich lieb ich dich habe. Weil es mir nie im Leben auch nur eine Sekunde lang in den Sinn gekommen ist, ich könnte mit Vicente irgendwas verpasst haben, wo ich doch dich hatte. Selbst als du noch so klein wie eine Erbse in
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