Moderne Piraten
Fahrgäste habe, verhafte ich Sie als dringend verdächtig des Diebstahls, des Rauschgiftschmuggels, des Mordversuches und des Mordes.«
Der Grieche versuchte zu sprechen. Nur undeutliche Worte vermochten die bebenden Lippen zu lallen.
Lornsen fuhr fort: »Es ist alles vorbereitet, Herr Megastopoulos. Ich lasse Sie auf die »Moravia« bringen. Sie gehen als Polizeigefangener nach Hamburg zurück.«
Zehn Minuten später schwangen die Davits auf Deck der »Saravia« ein Rettungsboot aus und ließen es zu Wasser. Man vermied es, den Gefangenen auf den französischen Tender zu bringen. Das deutsche Boot setzte ihn von der »Saravia« zur »Moravia« über, die ihn nach Hamburg vor seine Richter bringen sollte. Mit dem Tender fuhren Gransfeld und Rudi zur »Moravia«, um ebenfalls nach Hamburg zurückzukehren.
Si quid fecisti, nega! (Wenn du etwas ausgefressen hast, gib’s nicht zu!) Nach diesem alten Grundsatz richtete Monsieur Megastopoulos in Hamburg seine Verteidigung vor dem Untersuchungsrichter ein. Mit Nachdruck beteuerte er trotz der erdrückenden Beweise bei jeder neuen Vernehmung seine vollkommene Unschuld.
Die Statuette des Sethos? Mon Dieu, was wollte dieser deutsche Richter von ihm? Er war Kunsthändler und hatte sie ehrlich erworben. Der Kaufvertrag darüber? Bedauerlich, er war ihm auf seinen vielen Reisen abhanden gekommen. Die Rauschgiftmengen in seinem Gepäck? Unerklärlich, ihm selber unerklärlich! Irgendein Feind mußte sie ihm heimlich hineingeschmuggelt haben. Von nichts wußte Monsieur Megastopoulos, auf nichts konnte er sich besinnen. Als einziges blieb, daß er zugab, Konstantinos Megastopoulos zu heißen. Also – dachte sich der Untersuchungsrichter Landgerichtsrat Bergmann, der in langjähriger Praxis hinreichende Erfahrungen mit Leuten vom Schlage des Monsieur Megastopoulos gesammelt hatte – also wird dieser Name höchstwahrscheinlich falsch sein. Wer weiß, unter welchem andern Namen der Mann schon was auf dem Kerbholz hat. Er ließ Fingerabdrücke von dem verstockten Griechen nehmen und schickte sie an die Polizeibehörden aller europäischen Großstädte. Aber auch diese Maßnahme half ihm nicht weiter. Man kannte Monsieur Megastopoulos nirgends. Es war in der Tat das erstemal, daß er trotz seines mehr als bewegten Lebenswandels in die Netze der Justiz geraten war, und er war entschlossen, diesen Umstand bis zum äußersten zu seinem Vorteil auszunutzen.
So kam es, daß Gransfeld und Rudi wieder und immer wieder zu Vernehmungen und zu Gegenüberstellungen mit dem Gefangenen auf das Gericht mußten und daß das Ende ihres Hamburger Aufenthaltes vorläufig nicht abzusehen war. Nicht nur die Sache contra Megastopoulos hielt sie hier fest, sondern auch die andere contra Henke.
Wahrheitsgetreu hatte Rudi auf der Hamburger Polizei sein Ballonabenteuer geschildert, und ein neues Aktenstück mit dem Titel »Strafsache gegen den unverehelichten Fabrikarbeiter Gustav Henke, Aufenthalt zurzeit unbekannt« war darauf entstanden. Das wanderte vom Büro der Kriminalpolizei in das des Untersuchungsrichters und wurde ständig dicker, denn von Tag zu Tag kamen neue Schriftstücke aus Gorla hinzu über die Verhöre, die Altmüller dort zu bestehen hatte, und über die Geständnisse, die der völlig Zusammengebrochene ablegte und die den flüchtigen Henke auf das schwerste belasteten. Schon hatte der Staatsanwalt ein gewisses rotes Formular ausgefüllt, und an tausend Stellen in Deutschland klebten Plakate mit der verhängnisvollen Überschrift »Steckbrief«, in denen für jedermann, der den p. p. Henke in das nächste Untersuchungsgefängnis ablieferte, eine Belohnung von tausend Mark in Aussicht gestellt wurde.
Tausend Mark sind eine schöne Summe, und gar mancher hätte sie sich wohl gerne verdient. Aber Herr Gustav Henke schien durchaus keinen Wert auf eine Bekanntschaft mit der Polizei zu legen. Er war so spurlos verschwunden, als ob ihn wirklich, wie man ja zuerst annahm, die Nordsee verschluckt hätte.
Gransfeld und Rudi saßen im Zimmer des Untersuchungsrichters zwecks Vernehmung in der Strafsache Henke. Ausführlich hatte Rudi den eigenartigen Vorfall mit dem Kessel im Gorlaer Werk erzählen müssen, während die Feder des Gerichtsschreibers über das Papier lief und Wort für Wort mitschrieb.
Landgerichtsrat Bergmann blickte von seinem Aktenstück auf. »Ihr Bericht deckt sich vollkommen mit den Aussagen des Altmüller in Gorla. Das sieht auch stark nach einem Mordversuch aus, aber
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