Moderne Piraten
danke für Ihren guten Morgen. Ein schöner Morgengruß, wenn man so rücksichtslos aus dem Schlaf geholt wird! Ich verlange Aufklärung! Was soll das bedeuten? Unerhört! Ich werde mich bei der Reederei beschweren, Herr Kapitän. Freiheitsberaubung – Vergewaltigung …«
Lornsen ließ ihn ruhig reden, bis es klopfte. Jensen, in den Händen ein Tablett, auf dem sich eine Anzahl von Blechdosen und Beuteln befanden, kam herein und stellte sich hinter Megastopoulos. Jetzt unterbrach der Kapitän den Griechen. »Herr Megastopoulos, wenn Sie mit Ihrem Verzähl fertig sind, dann können Sie mir vielleicht sagen, was das da zu bedeuten hat?«
Dem weisenden Finger Lornsens folgend, drehte der Grieche sich um. Wie auf den Mund geschlagen verstummte er. Alles, was er an Rauschgiften in seinem großen Gepäck sowohl wie in seinem kleinen Koffer mit auf das Schiff genommen hatte, lag da auf dem Tablett fein säuberlich ausgebreitet vor seinen Augen.
»Ich erwarte eine Aufklärung von Ihnen, Herr Megastopoulos.«
Der Gefragte schwieg.
»Es dürfte Ihnen bekannt sein, Herr Megastopoulos, daß die Mitnahme derartiger Rauschgiftmengen gegen die Beförderungsbestimmungen verstößt. Wie haben Sie sich das eigentlich in Newyork gedacht? Sie wollen mir doch nicht vorreden, daß Sie das Zeug da auf rechtmäßigem Wege durch die Zollsperre bringen können? Wollen Sie sich nicht rechtfertigen?«
Ein drückendes Schweigen herrschte in der Kabine.
»Es ist höchste Zeit, Herr Megastopoulos. Wenn Sie etwas zu Ihrer Entschuldigung zu sagen haben, müssen Sie es jetzt sagen. Sonst müßte ich Sie als überführten Rauschgiftschmuggler behandeln.«
Der Grieche versuchte zu sprechen, stammelte, brachte endlich Worte heraus. »Unerhört, Herr Kapitän! Ich bin kein Schmuggler, ich bin Kunsthändler, wie es in der Passagierliste steht.«
»Soso, Herr Megastopoulos! Gehört das auch zum Kunsthandel?«
Lornsen zeigte auf das Tablett, das Jensen dem Griechen schmunzelnd vor die Nase hielt.
»Das – das sind meine Privatangelegenheiten. Unglaublich, die Sachen hinter meinem Rücken aus dem Gepäck zu nehmen! Sie wissen ja gar nicht, was ich damit vorhabe, ob ich nicht die Absicht hatte, die Sachen mitten im Atlantik über Bord zu werfen. Unerhört, mich des Schmuggels zu verdächtigen!«
»Hm, hm! Merkwürdiger Einfall, einen halben Zentner Rauschgift mitzunehmen, bloß um die Fische damit zu füttern. Na, das wird ja Sache der Polizei sein, ob sie Ihnen das glauben will oder nicht.«
»Sie haben kein Recht, Herr Kapitän, die Polizei mit dieser Sache zu befassen. Bis jetzt habe ich keinesfalls etwas getan, was strafbar wäre.«
Lornsen zog den Vorhang vor dem Regal zurück. »Kennen Sie das da, Herr Megastopoulos?«
»Meine Statuette, das Sethosbild! Unglaublich! Wie kommen Sie dazu, mein Herr, dies Stück aus meinem Gepäck zu nehmen?«
»Weil gut begründete Anklage gegen Sie vorgebracht worden ist, Herr Megastopoulos, daß Sie die Statuette gestohlen haben.«
»Gestohlen? Lächerlich! Ich soll mein Eigentum gestohlen haben? Wer wagt es, diese läppische Behauptung vorzubringen?«
Lornsen öffnete die Tür zum Nebenraum. »Bitte, Herr Doktor!« Gransfeld trat in die Kabine.
»Ich weiß nicht, ob sich die Herren bereits persönlich kennen?« fragte Lornsen.
»O ja, Herr Kapitän, wir sind in letzter Zeit häufiger miteinander in Berührung gekommen.«
Leichenblaß war der Grieche beim Anblick Gransfelds geworden. Er wankte, mußte sich an dem Tisch festhalten und ließ sich kraftlos in einen Sessel sinken.
»Der da ist Konstantinos Megastopoulos, der meinen verstorbenen Oheim in Syut bestohlen« – wie gebannt hingen die Blicke des Griechen am Munde des Arztes – »und, wie ich fürchte, auch ermordet hat.«
Megastopoulos begann zu zittern. Hörbar schlugen seine Zähne zusammen, als die schwere Anklage von Gransfelds Lippen kam. Dieser sprach weiter.
»Der da ist Konstantinos Megastopoulos, der in Genf einen Mordversuch gegen mich und den Jungen unternommen hat. Komm herein, Rudi!«
Mit verglasten Augen stierte Megastopoulos auf die Tür, durch die Rudi hereinkam.
»Kennst du den Mann da wieder? Aus dem Boot damals, das uns rammte?«
Nur einen Blick hatte Rudi auf den Griechen geworfen. »Er ist’s, Herr Doktor! Er ist’s! Genau erkenne ich ihn wieder.«
Lornsen trat dicht an den halb Bewußtlosen heran. »Herr Megastopoulos, kraft der Polizeigewalt, die ich als Kapitän dieses Schiffes über Mannschaft und
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