Moderne Piraten
wohnen pflegte, wenn er nach Port Said kam.
Im Teeraum des Hotels suchte er sich ein stilles Eckchen aus und machte es sich in einem Klubsessel bequem. Während der Kellner eisgekühlte Erfrischungen vor ihm aufbaute, zog er ein Notizbuch aus der Tasche und überflog die Eintragungen der letzten Tage. Befriedigt ließ er das Buch wieder in der Brusttasche verschwinden. Alles in allem konnte er mit seinen Erfolgen in Port Said ganz zufrieden sein. Noch einmal zog er die Summe. Vertreter von zwei exotischen Gesandtschaften waren für den Vertrieb der Ware fest gewonnen, aussichtsvolle Verhandlungen mit drei andern angeknüpft – die Sache konnte werden. Nur die Vorschüsse, die diese Herrschaften sich auszahlen ließen, beunruhigten und ärgerten ihn. Grundsätzlich zog der Holländer Geschäfte vor, bei denen er die andern von Anfang an in der Hand hatte. Daß es hier umgekehrt war, ging ihm gegen den Strich. – Aber – es war halt nicht anders zu machen gewesen, und schließlich würden die Gauner schon im eigenen Interesse ehrlich sein müssen. Ehrlichkeit unter Spitzbuben nannte man das wohl in der sogenannten bürgerlichen Welt. Sie würden ehrlich sein müssen, weil sie nur dann auf große, dauernde Einnahmen aus dem dunklen Geschäft rechnen konnten. – Ah bah! Die Sache mit den Vorschüssen war nicht so schlimm, selbst wenn jeder von diesen fünf Exoten tausend Pfund verlangte. Was bedeuteten hunderttausend Mark in dem großen Unternehmen Mac Andrews, das täglich ganz andere Beträge umsetzte!
Ärgerlich blieb die Sache mit dem neuen Polizeikommandeur. Die zweite Instanz zögerte, machte Ausflüchte, schien nicht recht Farbe bekennen zu wollen. Nun, diesem Efendi oder Bimbaschi oder was sonst für einen Titel der Mann hatte, dem hatte er gestern deutlich zu verstehen gegeben, daß die Sache jetzt zu einem Ende gebracht werden müßte. Er hatte ihn für heute hierher gebeten. Würde er kommen? Würde es endlich klappen?
Van Holsten holte sein Scheckbuch aus der innern Tasche und überflog die letzten Zahlungen. Ein unverschämtes Geld hatte der Schuft ihn bereits gekostet. Wenn’s so weiterging, würde die Organisation ein kleines Vermögen anwenden müssen, um überhaupt nur in die Nähe des Kommandeurs zu kommen.
Das Geräusch nahender Schritte unterbrach seine Gedanken. Ah, da kam der Efendi ja doch! Dieser zeigte schon von weitem ein Gesicht, das van Hülsten vom Gelingen des Unternehmens überzeugte.
Der Ägypter kam heran und ließ sich mit der Geste eines Mannes nieder, dem eine schwere Arbeit endlich geglückt ist.
Im Flüsterton wurde die Unterhaltung zwischen den beiden geführt.
»Es ist gelungen, Mynheer, endlich! In einer – schwachen Minute hat er endlich eingewilligt. Wir müssen das Eisen schmieden, solange es warm ist. Sie müssen ihm gleich ein angemessenes Honorar zukommen lassen. Ich denke …«
Van Holsten unterbrach ihn. »Well, Mister Efendi, soll geschehen! Ich werde zu ihm gehen und ihm einen anständigen Scheck bringen.«
Abwehrend hob der Ägypter die Hände. »No, Sir! Impossible! Auf keinen Fall dürfen Sie das tun. Sie würden alles verderben. Das muß ganz vorsichtig geschehen, und das Geld muß vorläufig durch meine Hände gehen.« Er flüsterte dem Holländer eine Summe ins Ohr.
Dieser zuckte zusammen. »Das ist aber viel, Sir, außerordentlich viel.«
»Im Gegenteil, Mynheer! Je mehr er gleich das erstemal nimmt, desto sicherer haben Sie ihn. Was heißt hier viel? Wenn Sie ihn auf Ihrer Seite haben, kann Ihre Gesellschaft ohne jede Gefahr das Zehnfache der Summe in einer Woche verdienen.«
Nur wenige Sekunden überlegte van Holsten. Die Worte, die Mac Andrew zuletzt in Duncan-Castle zu ihm gesagt hatte, kamen ihm in die Erinnerung. »Das Geld ist da; benutzen Sie es zweckmäßig!« Er zog das vielgeprüfte Scheckbuch und schrieb den gewünschten Betrag ein.
Der Ägypter nahm das Papier in Empfang. Im Augenblick war es zwischen seinen gewandten Fingern verschwunden. »Well, Mynheer, Sie werden weiter von mir hören: Morgen um dieselbe Zeit wieder hier.« Er verneigte sich nach orientalischer Sitte vor van Holsten und verließ den Raum.
In der Empfangshalle standen zwei Herren in europäischer Kleidung. Im Vorbeigehen blickte der Ägypter sie kurz an und nickte leicht mit dem Kopf.
»Allright, Sir?« kam eine leise Frage von dem einen.
»Allright, Sir!« antwortete der Ägypter ebenso leise und trat aus dem Hotel auf die Straße.
Nach dessen Fortgang hatte
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