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Moderne Piraten

Titel: Moderne Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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wird der Magen dabei wohl allmählich bis in die Kniekehlen hängen.«
    Rudi lachte und deutete auf zwei straff gefüllte Rucksäcke. »Keine Furcht, Herr Doktor! Ich habe ordentlich für Mundvorrat gesorgt. Brot, Butter, Wurst und Käse. Meinetwegen brauchen wir überhaupt nicht an Land zu gehen, sondern können gleich bis ans andere Ende von dem Wässerchen fahren.«
    »Nettes Wässerchen, Rudi! Der Lac Léman ist rund hundert Kilometer lang. Da dürften die Lebensmittel doch knapp werden. Aber schön ist’s auf dem Wasser. Bist doch ein Mordsbengel, daß du das gute, billige Boot entdeckt hast!« Gransfeld machte die Schot, die er bisher in der Hand gehalten hatte, fest und setzte sich ebenfalls nach Steuerbord hinüber. »So, Rudi«, er holte eine Zigarre heraus, »wenn’s jetzt noch gelingt, ein Streichholz anzuzünden, dann bin ich restlos zufrieden.« —
    Schmunzelnd steckte der Küster von Yvoire das reiche Trinkgeld in die Tasche, das ihm der englische Tourist gegeben hatte. Eh bien, ein wenig spleenig, un peu fou waren sie ja alle, diese ausländischen Reisenden! Das war auch solch ein sonderbarer Gedanke, daß der lange Engländer und der andere kleinere Herr ausgerechnet aus der Glockenstube seines Turmes die Aussicht auf den See bewundern wollten. Wenn sie ein paar Kilometer landeinwärts in die Berge kletterten, hatten sie doch eine viel bessere Aussicht. Eh bien, ce sont des fous! Er schlug sich auf die Tasche, in der die silbernen fünf Frankstücke klimperten, und ging vergnügt zu seinem Häuschen.
    In der Glockenstube des Kirchturms von Yvoire drehte der Engländer indessen eine Schraube in den Fensterbalken und befestigte ein gutes Fernrohr an der Schelle, die mit dieser Schraube verbunden war. Er drehte und richtete das Rohr auf das andere Ufer, bis die Häuser von Céligny im Gesichtsfeld erschienen. Dann richtete er weiter, bis sein Blick ein weißes Segel und einen schnittigen Bootsrumpf erfaßte.
    »Da kommen sie, Megastopoulos.« Er ließ den Griechen an das Rohr treten. Dieser schaute lange hindurch.
    »Die ›Céleste‹ scheint’s zu sein, Morton. Zwei Leute sehe ich auch im Boot. Ob es die richtigen sind, läßt sich noch nicht erkennen.«
    Morton schob ihn zur Seite, blickte durch das Rohr und sagte dabei: »Unnötige Sorge, Megastopoulos! Wer anders sollte in dem Boot sein? Bouton hat selber hierher telephoniert, daß der Doktor und der Junge mit der ›Céleste‹ losgefahren sind. Nur die können es sein. Ein halbes Stündchen noch, und wir werden den Empfang sehen, den man ihnen hier bereitet.«
    »Oh, ein warmer Empfang wird das werden!« unterbrach ihn Megastopoulos. »Meine Freunde haben gut vorgesorgt. Ich bin sicher, daß die Zollbeamten da unten die ›Céleste‹ ebenso sehnsüchtig erwarten wie wir. Es wird ein großer Schlag, und es gibt eine hohe Belohnung für sie. Die verhungerten Teufel können’s gebrauchen, sie werden vom Vater Staat schlecht genug bezahlt.«
    Morton trat von dem Fernglas zurück. »Man kann jetzt schon sehen, daß ein Mann und ein Junge in dem Boot sind. In fünf Minuten werden wir sie genau erkennen. Recht geschickt übrigens, wie Bouton den Bengel auf den Leim gelockt hat. Wenn die beiden ahnten, mit was für einer feinen Fracht sie auf die Tour geschickt worden sind! Jetzt müßte man auch ihre Gesichter erkennen können. Schade, der Junge sitzt hinter dem Segel. Aber der da am Steuer – wollen Sie selbst mal sehen?«
    Der Grieche drückte sein Auge an das Okular. »Gransfeld, er ist’s, Morton! Jetzt haben wir den Burschen.«
    »Und den andern auch, Megastopoulos.« —
    Gransfeld ließ die Schot aus, der Winddruck im Segel schwand, und die Fahrt der »Céleste« verlangsamte sich. »Achtung, Rudi, Schwert hoch!«
    Rudi holte das Schwert in den Kasten ein und ging am Mast vorbei bis zur Bootsspitze. Gransfeld warf das Steuer herum, das Boot schwenkte zum Landungssteg und glitt neben ihm entlang. Die Bugleine in der Rechten, sprang Rudi auf den Steg, zog es noch ein Stück näher an das Ufer und machte es fest. Auf einen Wink des Doktors kam er wieder in das Boot zurück, und gemeinsam ließen sie das Segel nieder.
    »So, mein Junge, da wären wir auf französischem Boden! Jetzt wollen wir uns mal die Sehenswürdigkeiten von Yvoire beschauen.«
    Rudi war Gransfeld beim Übertreten aus dem Boot auf den Steg behilflich und beugte sich dann zu den Rucksäcken. »Die wollen wir doch mit an Land nehmen, Herr Doktor?«
    Gransfeld nickte.

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