Moderne Piraten
er’s nicht, und fuhr ruhig fort: »Stellen Sie sich vor, zwei deutsche Händler versuchen es, die verbotene ›Ware‹ über den See in die geheiligten Gefilde Frankreichs einzuführen, natürlich ohne die Zollwache unnötig zu bemühen. Aber die Zollbeamten haben durch gute Freunde Wind von der Sache bekommen. Man nimmt sie am Ufer in Empfang. Das Boot und ihr Gepäck werden durchsucht, und man findet – man findet ›Ware‹ massenhaft bei ihnen. Jahre können vergehen, ehe diese beiden wieder aus der Maison d’arrêt kommen. Das französische Zuchthaus, meine Herrschaften …« Megastopoulos pfiff leise vor sich hin. Er schien auf diesem Gebiete persönliche Erfahrungen zu besitzen. »Zuchthaus? Wenn wir’s richtig machen, kommen die beiden nach Cayenne. Dann sind wir sie für immer los.«
Morton nahm das Wort. »Der Plan sieht ganz verlockend aus. Wie wollen Sie es aber anstellen, Megastopoulos?«
»Ziemlich einfach, Morton. Einer unserer Genfer Freunde, Monsieur Bouton, besitzt ein Segelboot, das für diese Zwecke besonders geeignet ist.« Er kniff das linke Auge zu und guckte Morton an. Dieser wußte im Augenblick Bescheid. Das Boot war also für den Schmuggel mit der »Ware« eingerichtet und besaß verborgene Hohlräume. Megastopoulos fuhr fort: »Monsieur Bouton wird die Rolle eines Bootsverleihers zu spielen haben. Billigste Bootsmiete, außergewöhnlich günstiges Angebot. Seine Aufgabe ist es, den Doktor zum Mieten seines Bootes zu bewegen. Das übrige – wir werden leider nicht umhin können, eine reichliche Menge unserer Ware zu opfern, denn das Boot und – das ist besonders wichtig – auch das Gepäck der beiden müssen gehörig gesalzen werden. Die Sache mit den Zollbeamten würde ich selbst durch meine Freunde auf der französischen Seite besorgen lassen. Und dann – viel Vergnügen im Zuchthause, Herr Doktor Gransfeld!« Er stieß ein paar Rauchwolken aus und sah sich triumphierend um.
»Sie sind ein Satan, Megastopoulos!« rief die Dimitriescu.
»Well, der Plan ist gut!« unterbrach Morton sie. »Ich denke, wir nehmen ihn an.«
In längerer Sitzung wurden alle Einzelheiten des Anschlages genau besprochen und die Rollen verteilt. Dann trennten sie sich. —
Rasmussen war unmittelbar nach seiner Ankunft in Genf zu der Beratung der Wissenden gegangen und hatte danach eine schlechte Nacht verbracht. Erst am nächsten Morgen kam er dazu, sich nach Susanne, die bei einer befreundeten Familie abgestiegen war, zu erkundigen. Die Auskunft, die er am Telephon erhielt, erschreckte ihn. Susanne verletzt – im Hotel de Montagne auf dem Krankenlager! Der nächste Zug brachte ihn nach Lausanne. Die wundervolle Bahnfahrt am Ufer entlang, der blinkende See, die Alpenriesen ringsherum – er sah kaum etwas von alledem. Seine Gedanken waren bei seinem Kinde. Viel zu groß war seine Sehnsucht, um in Lausanne die Abfahrt des Autobus abzuwarten. Schon wenige Minuten nach Ankunft des Zuges trug ihn ein schneller Kraftwagen über die Serpentinen der Bergstraße zum Hotel de Montagne.
Als der Wagen an der Südseite des Hauses vorbeifuhr, erblickte er Susanne. Sie saß dort im vollen Sonnenschein auf der Terrasse, Zeitungen und eine Erfrischung vor sich. Erleichtert sprang er aus dem Wagen und begab sich nach oben. »Susanne, mein Kind, du warst krank? Hast du dich verletzt? Ist wieder alles gut?«
Susanne ließ die Zeitungen sinken. »Väterchen, du hier? Ist’s möglich? Ja, du bist es wirklich? Keine Ahnung hatte ich, daß du nach Genf fahren wolltest. Was hat dich denn hierher geführt?«
Ein Schatten flog über Rasmussens Züge. »Geschäfte, Kind, die ewigen Geschäfte. Ach, wenn ich doch endlich einmal ausspannen könnte! Aber sprich von dir! War der Unfall schlimm?«
Susanne schüttelte den Kopf. »Nicht so schlimm, Väterchen.« Sie bewegte den Fuß, der noch bandagiert war. »Der Knöchel ist schon wieder ganz heil. Nur noch etwas schonen soll ich den Fuß. Gewiß bist du unnötig erschrocken, als du davon hörtest. Das ist aber wirklich eine überflüssige Sorge, Väterchen. Morgen oder übermorgen wäre ich unter allen Umständen nach Genf zurückgekommen.«
Rasmussen hatte sich inzwischen an dem Tisch niedergelassen. »Aber erzähle doch, Kind! Wie konnte das geschehen?«
»Du lieber Gott! Wie eben so etwas beim Skilaufen vorkommt. Ein dummer Stein war schuld daran. Ich lief dagegen und lag im nächsten Augenblick im Schnee. Dabei hatte ich mir den Fuß vertreten. Herr Doktor Gransfeld
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