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Modesty Blaise 02: Die Lady bittet ins Jenseits

Modesty Blaise 02: Die Lady bittet ins Jenseits

Titel: Modesty Blaise 02: Die Lady bittet ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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herein und setzte sich auf den Eckplatz einer Reihe. Er zog einen Stenogrammblock hervor, legte ihn auf die Knie und lehnte sich mit geschlossenen Augen zurück, als wolle er noch ein wenig dösen, bevor der Vortrag begann. Der Lokalreporter.
    Ein indischer Student mit drei oder vier Büchern unter dem Arm schritt lebhaft entlang der rechten Sitzreihe. Er sah sich suchend um, drängte sich schließlich zum Mittelsitz einer Reihe durch, setzte sich hin und vertiefte sich in eines seiner Bücher.
    Nun erschien ein Paar. Der Mann trug eine braune Jacke, die zu einem Anzug gehörte, und eine graue Flanellhose. Um den Kragen eines gräulichweißen Hemdes mit dünnen blauen Streifen hing eine schmutzigrote Krawatte. Unter der Stoffkappe, die ihm fest auf dem Kopf saß, lugten angegraute Haare hervor. Er hatte einen gelblichen, ungepflegten Schnurrbart und einen Bierbauch. Kopf und Schultern ein wenig nach hinten geneigt, so ging er mit angriffslustig herausgestrecktem Bauch einher.
    «Der Gewerkschaftler», dachte Tarrant. «Genosse Bloggs wird uns nun den Bericht des Exekutivkomitees vorlesen.»
    Mitleidig blickte Tarrant auf die Frau dieses Mannes.
    Sie war ein kränkliches Geschöpf mit metallgeränderter Brille und hielt sich ängstlich einen halben Schritt hinter ihrem vorbildlichen Gatten. Trotz des warmen Abends trug sie einen langen schwarzen Mantel. Die Hände staken in dünnen braunen Handschuhen. Auf dem Kopf saß eine dunkle große Filzglocke.
    «Selbstgemacht», schätzte Tarrant. «Besucht Abendkurse für Putzmacherinnen, wenn der Herr Gemahl bei Versammlungen ist.» Er hob seinen Feldstecher an die Augen.
    Der Mann drängte sich gewichtig in eine der Reihen. Die Frau folgte ihm. Durch das Glas sah Tarrant, wie sich ihre Lippen bewegten, während sie zu jenen, die bereits saßen, nervöse Entschuldigungen murmelte.
    Der Mann blieb unvermutet stehen, so daß sie an ihn anstieß. Er sah sie verächtlich an und bedeutete ihr mit einer scharfen Kopfbewegung, sich zu setzen. Sie nahm Platz und zog die Schultern ein wie ein verschrecktes Kaninchen.
    Der Mann sah sich in dem Saal mit einer gewissen Feindseligkeit um. Einen Moment lang schien es, als blicke er direkt auf das Guckloch neben dem Projektor.
    Ein plötzliches Gefühl des Unbehagens wollte sich Tarrants bemächtigen, aber dann kam ihm zum Bewußtsein, daß er nicht gesehen werden konnte. Er hatte sich davon bereits vor zwei Stunden überzeugt.
    Genosse Bloggs steckte den kleinen Finger ins Ohr und schüttelte ihn gereizt. Dann drehte er sich um, setzte sich nieder, verschränkte die Arme und lehnte sich zurück, das Bild eines aufrechten Proletariers.
    «Allmächtiger», flüsterte Tarrant mit ehrfürchtiger Bewunderung.
    Boothroyd sah von seiner Arbeit auf. «Ist etwas passiert, Sir?»
    Tarrant ging zu einem Stuhl, nahm Platz und schüttelte sich in einem leisen Lachen. «Nein», sagte er in einem eigenartigen Tonfall. «Es ist nichts passiert. Ich entdeckte bloß zwei Leute, die ich sehr gut kenne.»
    Eine halbe Stunde war vergangen.
    Ein grauhaariger, exzentrischer Parlamentsabgeordneter hatte Es-Sabah Solon vorgestellt. Es-Sabah Solon seinerseits hatte den Außenminister seiner Freien Kuwait-Regierung vorgestellt, einen Mann namens Ridha Thuwaini.
    Das Publikum hatte schwach applaudiert. Von Ridha Thuwaini leidenschaftlich kommentiert, waren die Dias gezeigt worden, was einen etwas herzlicheren Beifall hervorrief.
    Und nun sprach Es-Sabah Solon selbst. Er war ein Mann mittlerer Größe in einem mittelgrauen Anzug und weißem Hemd. Er hatte dichtes schwarzes Haar, eine scharfe Nase und feurige Augen. Sein Englisch hatte einen Akzent, war jedoch sehr deutlich. Seine Ausdrucksweise verriet die in seinem Innern schwelende Inbrunst, gepaart mit Verstand und Aufrichtigkeit.
    Seine Erscheinung und sein Auftreten standen in einem seltsamen Verhältnis zu der Absonderlichkeit seines Themas.
    Mit professoraler Überzeugungskraft hatte er an Hand einiger auf der Leinwand gezeigter Stammtafeln seine Ansprüche als der wahre Herrscher Kuwaits nachgewiesen. Er nahm Bezug auf die beschämenden Bilder, die gezeigt worden waren und die bewiesen, daß sein leidendes Volk nach Befreiung schrie, und nun schilderte er in kryptischen Ausdrücken die Zukunft.
    «Die Tyrannei trägt in sich den Samen der Selbstvernichtung.» Seine Stimme klang tief, drang jedoch bis in die letzte Reihe des kleinen Saales. «Unterdrückung schafft den Willen und die Mittel, sich die Freiheit

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