Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady
aufstehen. Dann fand ich heraus, daß sie die Schamanin der Einheimischen war und mich mit Liebestränken aufputschte. Zum Glück war ich dort nur auf der Suche nach zwei kleinen schwarzen Perlen.»
«Liebestränke?» fragte Tarrant ungläubig. «Ich dachte immer, die primitiven Aphrodisiaka aus den Hörnern des Rhinozeros wären längst überholt.»
«Probieren Sie gelegentlich mal eine Woche mit Lala aus», sagte Willie. «Sie verwendet eine Art von zerquetschten Ameisen, glaube ich. Jedenfalls wirkt das Zeug.»
«Es gibt da noch etwas anderes, das wirkt, Willie.»
Modesty wies auf die Schnüre, die Collier gezogen hatte, und berichtete in wenigen knappen Sätzen von Dinahs seltsamer Fähigkeit.
Willie rieb sich das Kinn. «Das ist genau das richtige für Steve. Ich wußte doch, daß da etwas war, das sie mir nicht erzählt hatte. Meinst du, daß Gabriel sie darum haben will?»
Tarrant stieß ein Knurren aus. «Warum sollte Gabriel Rohre lokalisieren wollen?»
«Es geht nicht nur um Rohre», sagte Modesty. «Irgend jemand muß Dinah dazu bringen, sich darüber auszusprechen, was sie sonst noch alles tun kann. Steve meint, dieses Talent könnte sich auch auf das Aufspüren anderer Dinge ausdehnen.»
«Welche zum Beispiel, Prinzessin?»
«Ich weiß es noch nicht. Es scheint Dinah noch nicht aufgegangen zu sein, daß dies womöglich der Grund ist, warum Gabriel sie haben will.»
«Himmel – man könnte doch meinen, daß sie sich Gedanken darüber macht.»
«Ja. Aber sie spricht nicht gern über ihre Fähigkeit auf diesem Gebiet, und vielleicht mag sie nicht einmal daran denken oder sie überhaupt ausüben. Nach dem eben durchgeführten Experiment war sie ganz zitterig.
Jedenfalls würde es uns gewisse Hinweise geben, wenn man sie zum Reden bringen könnte. Genau wie es uns Hinweise brächte, wenn wir erst einmal herausgefunden haben, wo Gabriel eigentlich am Werke ist. Hast du irgend etwas festgestellt, Willie?»
Sie hatten die Ställe erreicht und wendeten, um den Weg zurückzuschlendern. «Ich habe dafür gesorgt», erwiderte Willie, «daß alle alten Kontaktleute das Ohr am Boden halten. Einigen davon können wir trauen, einigen nicht. Sonst hat sich bis jetzt nichts ergeben.»
«Ich habe meine eigenen Leute eingesetzt, die sich bemühen, Gabriels Spur aufzunehmen», sagte Tarrant.
«Sobald ich positive Berichte bekomme, werde ich Sie sofort anrufen, Modesty.»
«Danke, Sir Gerald.»
«Vielleicht halten Sie mich über jeden Fortschritt auf dem laufenden. Oh – und vergessen Sie bitte die Angelegenheit Aaronson. Hatten Sie Willie schon davon erzählt?»
«Noch nicht. Wir hatten noch nicht viel Zeit. Wir wollen es für den Augenblick vergessen. Aber mir gefällt die Sache noch immer nicht recht.»
«Meine Liebe», erklärte Tarrant mit einem Seufzer, «ich habe so vieles auf meinem Teller, das mir nicht gefällt. Aber man gewöhnt sich daran.»
Dinah schob ihren Läufer vor und sagte: «Schach.»
«Tut mir leid, aber das ist nicht Schach», erwiderte Collier. «Sie vergaßen Ihren eigenen Bauern auf des Königs viertem Springer.»
«Verdammt.» Stirnrunzelnd zog sie den Läufer zurück und ließ dann ihre Finger rasch über das Schachspiel in Taschenformat gleiten, das sie auf dem Knie hielt. Es war ein Doppel des laufenden Spiels, das es ihr ermöglichte, den Stand der Figuren durch Abtasten zu überprüfen, wenn ihr Gedächtnis sie im Stich ließ.
Die Nacht war hereingebrochen. Willie Garvin war im obersten Stockwerk und beendete gerade seine Prüfung des Alarmsystems, das ultrasonar und mit InfrarotStrahlen arbeitete. Modesty saß in einem Lehnstuhl, hatte das Radio auf geringe Lautstärke gedreht und lauschte geistesabwesend dem Klavierspiel von Earl Hines, der sich in
Satin Doll
in ständigem Kampf gegen Schlagzeug und Bässe zu behaupten hatte. Als sie Willie die Treppe herunterkommen hörte, stand sie auf und goß ihm ein Bier ein.
«Weißt du, was ich jetzt möchte?» sagte er, als er das Zimmer betrat. «Ah, genau das ist es. Danke, Prinzessin.» Er nahm das Glas, hob es ihr entgegen und schaute dann zu den Schachspielern hin. «Was für einen Geruch hat eigentlich Steve, Dinah?»
«Ich weiß nicht, was heutzutage in die niederen Klassen gefahren ist», sagte Collier voll Bitterkeit.
«Überhaupt kein Respekt mehr vorhanden.»
«Sein Geruch erinnert an Wildleder, das man betastet», erklärte Dinah. «Irgendwie sanft, aber nicht weich, nachgiebig und doch zäh.»
Collier dachte
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