Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady
diesem Gebiet ganz speziell begabt sein. Such mir bitte eine Zange heraus, Liebling.» Sie brachte ihm eine Zange von der Werkbank und sah zu, als er zwei etwas mehr als dreißig Zentimeter messende Stücke von dem Draht abschnitt.
«Du sprachst über das Auffinden von Wasseradern», sagte er, «aber das Sonderbare dabei ist, daß es keine Rolle spielt, ob die Rohre mit Wasser gefüllt sind oder nicht. Die Abteilung Wasserversorgung in Michigan hat mit diesen verdammten Dingern gußeiserne Rohre, tönerne Abflüsse und gemauerte Rohreinmündungen lokalisiert, gleichgültig, ob sie Wasser führten oder trocken waren. Andere Firmen benutzen diese Dinger für Gasrohre oder Stromkabel.»
«Ich dachte, du hättest diese Frage noch gar nicht studiert.»
«Habe ich auch nicht – jedenfalls nicht systematisch.
Viele Wissenschaftler sagen, es könne nicht erklärt werden und funktioniere daher auch nicht. Aber eine Menge Ingenieure in den USA gehen einfach drauflos und finden Rohre. Und die Scottish Electricity Board hier bei uns ist gerade mit Versuchen beschäftigt.»
Er hatte die beiden Stücke Draht geradegezogen und bog jetzt jedes Stück rechtwinklig ab, wobei ein Teilstück länger als das andere wurde.
«Welchen Prozentsatz an Erfolg haben diese Ingenieure denn zu verzeichnen?» erkundigte sich Modesty.
«Ich habe keine Statistik darüber», erwiderte Collier mit Bedauern. «Aber ich weiß, daß sie diese Geräte bei der Milford-Wasserversorgung, Connecticut, fünfzehn Jahre lang benutzt haben. Und dort arbeiten Ingenieure, die wirklich mit beiden Füßen auf der Erde stehen und Ergebnisse sehen wollen. Brauchst du dieses Stückchen Kupferrohr noch?»
«Nein. Warum?»
«Wir werden dem Mädchen einen Leckerbissen verschaffen. Und eine Überraschung. Kannst du eine Säge finden?»
Modesty sah schweigend zu, als Collier das etwa zentimeterdicke Kupferrohr in den Schraubstock klemmte und zwei Stücke von je zehn Zentimeter Länge absägte.
Er rieb die kleinen Röhren sauber und sagte: «Ich habe von Leuten gehört, die das mit einem Stückchen Draht von einem Kleiderbügel fertigbringen. Man hat mir gesagt, daß sie es sogar über einer Geländekarte schaffen, ohne auf dem wirklichen Terrain zu sein.»
«Über einer Karte?»
«Einfach eine kleine alte Karte. Das wäre aber nun wirkliche Mediumqualität.» Er seufzte. «Ich muß das einmal eingehend studieren. Vielleicht wird Dinah eine Reihe von Experimenten für mich durchführen.» Er runzelte die Stirn. «Komisch, daß sie dieses Talent bisher nie erwähnt hat.»
«Finde ich gar nicht komisch», sagte Modesty und schaute ihn amüsiert an. «Sie erwähnte es aus dem gleichen Grunde nicht, aus dem du darüber zu sprechen vermeidest, daß du das Phänomen übersinnlicher Fähigkeiten erforschst. Du hattest schon drei Wochen mit mir geschlafen, ehe du es mir sagtest. Du hast dich als Metallurg ausgegeben, du Schwindler.»
«Na ja …» Er grinste, zuckte die Achseln und schob dann das kurze Teilstück jedes der beiden abgebogenen Drähte durch die Kupferröhrchen. «Wenn du den Leuten erzählst, daß du das Phänomen übersinnlicher Wahrnehmung erforschst, halten sie dich für einen komischen Kauz.»
«Ja. Darum ist auch Dinah so zurückhaltend, anderen zu erzählen, daß sie Rohre und Kabel auf eine kauzige Methode zu lokalisieren vermag.»
«So muß es wohl sein.» Er nahm mit jeder Hand ein Stück Kupferrohr auf, so daß die horizontalen Enden der beiden dicken Drähte wie Pistolenläufe auf sie gerichtet waren. «Vorwärts jetzt, Baby. Ich hab dich ganz auf Nummer Sicher.»
Dinah stand auf, als sie um das Landhaus bogen und in den Garten kamen. «Wenn ihr keinen Draht finden könnt, kann ich mich auch mit einem Kleiderbügel behelfen», sagte sie.
Collier blickte mit einem Lächeln zu Modesty. «Das habe ich auch gerade gesagt, Dinah. Aber wir haben etwas Besseres als das. Hier.» Er ging zu ihr und drückte ihr die Röhrengriffe in die Hände. Ihre Augen weiteten sich. «Aber das sind ja richtige Detektoren. Woher wußten Sie …?»
«Er ist so ziemlich der bedeutendste Forscher auf dem Gebiet übersinnlicher Wahrnehmung in diesem Land», sagte Modesty. «Daher weiß er Bescheid.»
«Steve! Davon haben Sie mir nichts erzählt.»
«Und Sie haben mir auch nichts erzählt. Wir wissen beide, warum wir es nicht taten. Aber hier befinden Sie sich in sympathisierender Gesellschaft. Niemand wird denken, Sie wären aus der ‹Lach-Akademie›
Weitere Kostenlose Bücher