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Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten

Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten

Titel: Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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sitzen?»
    «John Dall bat mich darum, und ich stehe in seiner Schuld.»
    «Welche Art Schuld?»
    «Er kam einmal beinahe vom anderen Ende der Welt, um mir zu helfen, als ich ihn brauchte.»
    Alex Hemmer nickte nachdenklich. «Er erzählte mir ein wenig von dir. Ich weiß, daß du oft in Gefahr warst. Und daß du Dalls Leben gerettet hast, du und ein seltsamer Mann namens Willie Garvin.»
    «Es ist nichts Seltsames an Willie. Etwas Seltenes, vielleicht. Nichts Seltsames. Und daß wir John Dalls Ermordung verhinderten, war bloß ein Begleitumstand, zu dem es kam, weil er uns half.»
    «Willst du mir die Geschichte erzählen?»
    «Nein, Alex. Sie gehört der Vergangenheit an. Und außerdem würde sie deine Prinzipien verletzen. Du bist der Ansicht, daß Menschen sich nicht in Dinge hineinziehen lassen sollen.»
    «Das gilt nur für mich. Ich versuche niemanden davon zu überzeugen.»
    Sie lächelte. «Gut. Du hast auch wenig Gelegenheit dazu, seit du wie ein Einsiedler lebst.»
    Nach einer Weile sagte er, noch immer auf die Statue blickend: «Wirst du John Dall sagen, daß wir miteinander geschlafen haben?»
    «Ich werde es ihm sagen, wenn er fragt. Aber John wird niemals fragen.»
    «Er wird es trotzdem wissen», sagte Alex Hemmer ruhig. «Wenn er die Statue sieht, wird er es wissen.»
    Sie sah die Statue an und dann Hemmer. Plötzlich lachte sie. Es war ein ansteckendes Lachen voll spitzbübischem Humor, das ihr Gesicht aufleuchten ließ. «Ich glaube, du hast recht», sagte sie.
    «Und?»
    «Und es macht nichts. Er lebt nicht in der Vorstellung, mich zu besitzen oder ein Exklusivrecht auf mich zu haben.»
    Hemmer sagte ein wenig betrübt: «Ich glaube nicht, daß irgendein Mann in dieser Vorstellung lebt.» Er hielt inne. «Willie Garvin macht mich neugierig. Erzähl mir etwas über ihn.»
    «Nein. Das würde dich bloß verwirren, Alex. Es verwirrt jeden. Aber ich nehme an, du wirst ihn kennenlernen.» Hemmer sah sie überrascht an. «Kommt er nach Finnland?»
    «Er ist bereits hier. Wir reisten zusammen her. Er arbeitet einen Monat lang in einem Holzfällerlager nahe Rytinki.»
    «Er arbeitet? Ich dachte, er sei ein reicher Mann.»
    «Das ist er. Aber er liebt die Abwechslung, und Holzfällen macht ihm Spaß.»
    «Holzfällen ist eine ziemlich anstrengende Abwechslung.»
    «Eben deshalb vermutlich. Siehst du? Du bist bereits verwirrt. Jedenfalls nehme ich an, daß er seinen Ausflug bereits beendet hat und in das Hotel gezogen ist, in dem ich wohnte. Ich hinterließ eine Nachricht für ihn, daß ich zu dir gezogen sei. Ich vermute, daß er uns besuchen wird, wenn das reizende finnische Mädchen, das die Bäckerei führt, ihm dazu Zeit läßt.»
    Hemmer fuhr langsam mit einer Hand durch sein Haar und schüttelte den Kopf. Es fiel ihm eine Reihe von Fragen ein, die er stellen könnte, doch er vermutete, daß sie zu weiteren Fragen führen würden und seine Neugierde am Ende doch unbefriedigt bliebe.
    Als er seine leere Tasse hinstellte, hörten sie ein schwaches Geräusch; es kam von der schweren Tür zwischen dem großen Zimmer und der gedeckten Veranda. Ein merkwürdiges Geräusch, als schlüge jemand mit der flachen Hand auf das Holz. Modesty sagte: «Besuch?» Sie warf ihre Zigarette ins Feuer und schlang den Gürtel ihres Umhangs fester um die Taille.
    Alex Hemmer sagte: «Ich hörte kein Auto, und wer würde zu Fuß kommen?» Er ging zur Tür und öffnete sie. Ein Mann, der kniend an der Tür gelehnt hatte, fiel über die Schwelle. Er trug eine schwere Kordhose, die in festen Stiefeln steckte, und eine Windjacke, die einmal weiß gewesen sein mußte, jetzt aber naß und schmutzverklebt war. Die Kapuze war ihm vom Kopf gerutscht. Seine bloßen Hände und das Gesicht waren weiß vor Kälte.
    Modesty ging an Hemmer vorbei, bückte sich und schob die Hände unter die Schultern des Mannes. Sie sagte: «Nimm seine Füße und hilf mir, ihn zum Feuer zu tragen, Alex. Dann mach bitte die Tür zu, bring einen Brandy und leg ein paar Wärmflaschen ins Bett.»
    Hemmer öffnete den Mund, um eine nutzlose Frage zu stellen, und schloß ihn wieder. Gemeinsam trugen sie den bewußtlosen Mann auf den Teppich vor dem Kamin. Hemmer brachte eine Flasche Brandy und ein Glas aus dem Schrank, dann ging er in die Küche, um die Wärmflaschen zu füllen.
    Als er zurückkehrte, sah er, daß Modesty dem Mann die Stiefel und die eisig nasse Hose ausgezogen hatte.
    Sie hatte ihm auch die Windjacke halb abgenommen, doch sein rechter Arm

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