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Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten

Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten

Titel: Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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sie mit einem nassen Tuch den Schweiß und Schmutz von seinem Körper wusch. Sie trocknete ihn ab, deckte ihn wieder zu und nahm den Notverband von seinem Arm. Nach einer genauen Inspektion der Wunde nickte sie zufrieden, dann nahm sie eine kleine Flasche mit einer farblosen Flüssigkeit aus ihrem Koffer. Nachdem sie die Wunde betupft und den Arm wieder verbunden hatte, veränderten sich die Atemzüge des Mannes.
    Er bewegte sich ein wenig, öffnete die Augen, erstarrte einen Moment lang und entspannte sich dann.
    In seinen blauen Augen lag Mißtrauen. Er sah Modesty scharf an, als sie sich über ihn beugte, dann ließ er ein schwaches, ungläubiges Lachen hören und murmelte:
    «Lieber Gott …» Pause. Die nächsten Worte waren englisch, die Stimme etwas kräftiger: «Sie haben sich kaum verändert, Mam’selle … Nur Ihr Haar trugen Sie aufgesteckt, als ich Sie das letzte Mal sah.» Modestys Brauen schossen in die Höhe. «Sie kennen mich?»
    «Wir lernten uns niemals kennen. Aber ich sah Sie vor fünf Jahren in Wien. Sie sind Modesty Blaise. Ihre Leute nannten Sie, soweit ich mich erinnere, Mam’selle. Sie waren in Geschäften dort … und ich war im gleichen Geschäft.» Seine intelligenten blauen Augen blickten sie amüsiert an. «Auf Ihre Kosten, was ich jetzt bedauere. Ich bin Waldo.»
    Modesty sagte bloß: «Mein Gott», dann setzte sie sich auf die Bettkante und begann zu lachen. «Fünfzigtausend haben Sie mich gekostet, stimmt’s?»
    «Es betrübt mich, aber es war sogar ein wenig mehr.»
    «Danke für die Blumen, die Sie mir nachher sandten. Ich hätte Sie damals gern kennengelernt.»
    «Ich war immer ein sehr zurückgezogener Mensch.»
    «Auch Ihre Geschäfte waren von dieser Art, Waldo.»
    «Sie waren es. Waren sogar vielleicht
gentlemanlike
.
    Aber das ist vorbei.» Er sah auf seinen verbundenen Arm herab. «Die Spielregeln haben sich geändert, Mam’selle. Sie taten gut daran, sich zurückzuziehen.
    Ich werde den gleichen Weg gehen.»
    Alex Hemmer stand auf und ging zum Bett. Modesty sagte: «Waldo, das ist Alex Hemmer, Ihr Gastgeber.»
    «Ich stehe in Ihrer Schuld, Herr Hemmer.»
    «Nicht in meiner.» Hemmer sah Modesty an.
    «Könntest du mir bitte erklären, worüber ihr gesprochen habt?»
    Sie nickte und zog ein Paket Zigaretten hervor.
    Hemmer schüttelte den Kopf. Sie zündete zwei an und schob eine zwischen Waldos Lippen.
    «In den letzten fünfzehn Jahren», sagte sie, «war Waldo
der
Top-Industriespion. Jedenfalls der beste Solo-Mann und einer der Gründer dieses Berufs. Eine ganze Menge von dem, was er macht, ist legal. Manches nicht. Und das ganze Geschäft klappt bloß, weil ein paar der größten Gesellschaften der Welt bereit sind, für Details von neuen Entwicklungen und Erfindungen ihrer Rivalen erhebliche Summen zu zahlen.»
    «Das weiß ich», sagte Hemmer mit einem Anflug von Ungeduld. «Ich habe darüber gelesen.»
    «Ohne Zweifel», erwiderte Modesty. «Doch von Waldo wirst du kaum gelesen haben. Er ist nur in ganz bestimmten Kreisen bekannt. Eine ziemlich große Abteilung meiner eigenen Organisation beschäftigte sich mit Industriespionage. Es war sehr einträglich. Vor fünf Jahren waren Waldo und ich in Wien auf etwas aus, das die Farbstein-Gesellschaft erfunden hatte; er schnappte es mir vor der Nase weg.» Sie lächelte. «Nachher sandte er mir ein schönes Blumenarrangement mit einer sehr witzigen und sehr charmanten Entschuldigung.»
    «Ich hoffe, Sie wußten, daß sie als Akt der Höflichkeit gedacht war und nicht aus Eitelkeit geschrieben wurde.»
    «Das wußte ich.» Sie studierte sein müdes, alterndes Gesicht. «Es zeugte von Stil, Waldo. Und Stil habe ich immer gern.»
    Irgendwie gelang Waldo eine Art Verbeugung, obwohl er im Bett lag. «Stil ist Ihr eigener großer Vorzug, Mam’selle. Aber er stirbt aus. Das Spiel hat sich verändert.»
    «Sie sagten es. Ihre drei Freunde kamen und gingen befriedigt wieder fort, aber ich weiß nicht, ob es dabei bleiben wird.»
    «Salamander Vier.»
    Sie starrte ihn an. Hemmer fragte: «Was ist Salamander Vier?»
    Immer noch Waldo anblickend sagte sie: «Eine internationale Gruppe mit Sitz in Amsterdam. Die
big boys
der Industriespionage. Sehr geschäftsmäßig. An der Spitze stehen mächtige Männer. Es gibt in Salamander Vier Leute, deren Namen du in einem Dutzend verschiedener Länder hören kannst; in der City und in der Gesellschaft, manchmal werden sie auch in politischen Zeitungsartikeln erwähnt. Aber sie haben bisher

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