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Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten

Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten

Titel: Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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dem Platz zurück, wo Jimson im Schatten der Talwand saß. Die Mädchen lagen ausgestreckt um ihn herum, einige von ihnen schliefen.
    Als die Zeit verstrich, war die Angst der Mädchen der Überzeugung gewichen, je länger nichts geschah, desto unwahrscheinlicher sei es, daß irgend etwas geschehen würde. Modesty hoffte, sie würden recht behalten, aber sie glaubte es nicht. Die Männer waren gelangweilt. Sie hatten gegessen, sie hatten geschlafen, und jetzt lagen die langen, leeren Stunden des Tages vor ihnen.
    Man hatte ihr die Armbanduhr weggenommen. Sie blickte zur Sonne auf und wußte, daß ihre Zeitschätzung – zehn Minuten auf oder ab – korrekt war. In einundeinhalb Stunden konnte sie Willie Garvin erwarten.
    Einen Augenblick dachte sie ärgerlich an die MAB-Automatic. Mit dieser hätte sie Rodolfo von ihrem Sitzplatz aus erledigen können und ihn dann mit einem Dutzend Schritten erreicht. Sein Gewehr, das russische AKM-Sturmgewehr, das 7.62er-Patronen verfeuerte, war eine gute Waffe. Eine durchschnittliche Maschinenpistole würde bei einem Schuß auf dreißig Meter Entfernung im besten Fall eine Streuung von 4 bis 6 Zentimetern haben. Die AKM hat auf diese Entfernung eine Streuung von zwei Zentimeter. Sie besaß ein Dreißig-Schuß-Magazin, und in Rodolfos Tasche waren sicherlich mindestens zwei Reservemagazine. Sie überlegte die technischen Details. Sicherung auf der rechten Seite der Kammer. Ganz nach oben geschoben war die Waffe gesichert. Die mittlere Position, durch die kyrillischen Buchstaben AB gekennzeichnet, erlaubte eine Verwendung als MG. Schob man die Sicherung hinunter, konnte man halbautomatisch feuern.
    Am Rand des Plateaus war ein kleiner Hügel, der eine Seite abdeckte. Wenn sie diesen Schutz und als zusätzliche Deckung den Fels benutzte, gegen den Rodolfo lehnte, konnte sie sich vermutlich mit der AKM die ganze Bande eine gute Weile vom Leib halten, vielleicht sogar so lange, bis die Verluste diese zum Rückzug zwangen. Denn es würde viele Verluste geben. Das Camp war nicht mehr als vierzig Meter entfernt, und der Pferch – drei Meter im Durchmesser, mit einer fast zwei Meter hohen Mauer – bot die einzige Deckung.
    Die ersten dreißig Sekunden nach der Feuereröffnung würden taktisch kritisch sein. Sie mußte versuchen, möglichst viele Männer daran zu hindern, den Pferch zu erreichen, und sie jenseits Granatenreichweite zurückzutreiben. Denn eine Granate auf diesem engen Plateau wäre schlimm. Die AKM vollautomatisch zu benutzen war nicht die beste Lösung. Zu viele verschwendete Kugeln. Nein, sie würde auf Schnellfeuer stellen, für jeden Schuß das richtige Ziel wählen und …
    Doch die MAB lag kilometerweit entfernt im Gestrüpp, und Rodolfo beobachtete sie scharf. Er würde sie niemals in seine Nähe kommen lassen, niemals in die Nähe der AKM.
    Jacinto kam mit einem anderen Mann aus dem Camp auf das Plateau zu. Grinsend besahen sie sich die Mädchen. Einen Augenblick lang ruhte Jacintos Blick begehrlich auf Modesty, dann zuckte er bedauernd die Achseln und betrachtete wieder die Mädchen.
    Sie war also der erste Preis, den man für El Mico aufsparte. Jacinto und seine Leute würden sich mit der zweiten Wahl begnügen müssen. Modesty wußte mit trauriger Sicherheit, welches Mädchen Jacinto wählen würde. Rosa, das mollige Mädchen mit dem hübschen Gesicht, die ein, zwei Jahre älter aussah, als sie war.
    «Dein Name?» fragte Jacinto freundlich und zeigte auf sie.
    Das Mädchen lächelte unsicher. «Rosa.»
    «Ein hübscher Name. Wir haben aus einem Haus am Weg etwas Wein mitgenommen. Komm, Rosa, trink mit uns.»
    Sie sah ihn erschrocken an und schielte nach Jimson. Er stand auf und sagte bestimmt: «Diese Mädchen trinken keinen Alkohol. Ich muß darauf bestehen, daß sie bei mir bleiben. Sie sind mir anvertraut, Señor.»
    Der Mann neben Jacinto hatte ein Gewehr über der Schulter. Er hob den Kolben und versetzte Jimson einen harten Schlag auf den Kiefer. Die Mädchen schrien auf. Jimson taumelte zurück, fiel, rollte und blieb auf Knien und Händen liegen. So verharrte er, mit weitgeöffnetem Mund, schnappte nach Luft und formte wortlose Laute in seinem Hals.
    Modesty sah, daß Rodolfo das Gewehr auf sie gerichtet hatte. Sie bewegte sich nicht. Jacinto packte Rosa an der Hand, seine Stimme klang ölig, als er sie fortzuziehen begann und dabei auf sie einsprach. Die anderen Männer folgten grinsend: «Nur ein Glas», sagte er, «danach wirst du dich sehr gut

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