Modesty Blaise 07: Die silberne Lady
litt und ihm alle Augenblicke die Tränen in die Augen traten, ohne daß er wußte, warum. Aber das war vorbei und vergessen. Er fühlte sich jetzt wie an jenem Morgen vor der Höhle, er sah die Welt mit neuen Augen und bewunderte sie, aber ohne den Schmerz und die Erschöpfung von damals.
Während seines Aufenthalts in der Klinik hatte er dreimal mühsam einen Dankesbrief zusammengestellt und dann wieder zerstört. Die geschriebenen Worte kamen ihm gestelzt und ungenügend vor. Er wollte in ihrer Nähe sein, so daß sie in seinem Gesicht einen Bruchteil dessen lesen könne, was er fühlte, und er erinnerte sich, wie entzückt er war, sie in Tanger zu sehen, als seine Schwäche überwunden war.
Als es soweit war, hielt sie ihn nicht auf oder wies seinen Dank zurück. Sie hörte mit einem feierlichen Gesicht und einem lustigen Zwinkern zu, als er ihr in einfachen Worten dankte, und sagte schließlich: «So, jetzt haben Sie es sich vom Herzen geredet. Und jetzt habe ich ein paar Nachrichten für Sie …»
«Bitte.» Er hob die Hand, dann suchte er in seiner Tasche. «Ich habe noch etwas auf dem Herzen. Ich habe ein kleines Geschenk für Sie, meine Liebe. Es ist natürlich ganz unmöglich, etwas Passendes zu finden, vor allem für ein Mädchen, das schon alles hat. Das hier ist nur ein kleines Andenken.»
In der Schmuckschachtel, die er ihr überreichte, lag ein schweres Goldarmband mit einem einzigen Anhänger. Moulay hatte ihn zu einem Goldschmied geführt, der den Anhänger auf Bestellung in drei Tagen fertiggestellt hatte. Modesty hob das Armband aus der Schachtel. «Oh, das ist aber reizend. Eine winzige Trommel, nicht wahr? Ich verstehe nicht ganz …
Nein, Moment mal, es hat einen Deckel und einen kleinen Griff – oh!» Ihr Gesicht strahlte auf vor Freude.
«Ein Tiegel! Ein Tiegel mit Wagenschmiere!»
«Nicht mit Inhalt. Ich hoffe, daß er nicht mehr benötigt werden wird.»
Sie stand auf und ging zum Fenster, um den Anhänger bei Licht zu sehen. Um den kleinen Zylinder waren die Worte eingraviert:
«
In Liebe und Dankbarkeit – G. T
.»
In fast kindlicher Freude strahlend kam sie zu seinem Armstuhl zurück, legte den Arm um seinen Hals und küßte ihn auf die Wange. «Sie sind reizend, Sir Gerald. Danke für das wunderbare Geschenk.»
«Genau das, was Sie sich immer wünschten?»
«Aber natürlich.»
«Gut. Sie sagten vorhin etwas über Nachrichten?»
«Ah, ja. Erstens, Fraser und René Vaubois haben ihre portugiesischen Kollegen auf Mr. Wu Smiths Seite dieses Erpressungsrackets angesetzt, von dem wir Ihnen auf dem Weg in die Klinik erzählt haben.» Sie setzte sich. «Es wird einfach eine Benachrichtigung an alle Beiträger geschickt, daß auf dieses Konto keine Zahlungen mehr durchgeführt werden können. Wu Smith beteuerte, er sei schockiert und entsetzt, daß seine Bank als Werkzeug für solche Machenschaften gedient habe, und war sehr willig, die Polizei zu unterstützen – das ist also das. Quinn bat mich, Ihnen für den Brief zu danken, den Sie ihm geschrieben haben. Er sagte, er hat überhaupt nichts getan und war eher ein Hindernis als eine Hilfe. Das stimmt nicht, aber ich gebe nur seine Worte wieder. Und Lady Janet läßt Sie herzlich grüßen.»
«Sie wollen doch nicht sagen, daß Sie von Willie keine Nachricht haben.»
«Willie haßt Sie. Sie haben das mit Sexton in der Höhle gesehen, und er meint, es sei an Sie verschwendet gewesen. Er kann sich nicht trösten, das versäumt zu haben.»
Tarrant strich über sein Kinn. «Es ist alles ganz schön und gut, wenn man weiß, wie es ausgeht. Wenn er dort gewesen wäre, wäre er tausend Tode gestorben, genau wie ich.»
«Das komische ist, Lady Janet und Quinn wären auch gern dabei gewesen. Nicht aus technischen Gründen wie Willie. Sie hätten nur gern gesehen, wie Sexton seine Rechnung präsentiert wurde. Ich hatte keine Ahnung, wie blutdürstig sonst recht nette Leute sein können.»
«Er war böse. Aber ihr Wunsch ist theoretisch, glaube ich. In Wirklichkeit ist kein Vergnügen dabei. Nicht einmal Befriedigung. Nur … ich weiß nicht. Erleichterung vielleicht?»
«Das ist alles. Oh, Willie hat doch eine Nachricht geschickt. Er sagte mir, daß für einen gesunden Mann im letzten Stadium der Rekonvaleszenz nichts besser ist als ein schöner warmer Frauenkörper –»
«Also wirklich, Modesty!»
«Ja, er wußte, daß Sie das sagen würden. Und er meinte, Sie sollen nicht mit ‹in meinem Alter› und so weiter anfangen. In
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