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Modesty Blaise 07: Die silberne Lady

Modesty Blaise 07: Die silberne Lady

Titel: Modesty Blaise 07: Die silberne Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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leichter, wasserdichter Regenmantel, ein Riegel Schokolade und eine Feldflasche. In der Flasche war Kaffee gewesen, aber beim Sturz war sie durchlöchert worden. Keine besonders gute Ausrüstung zum Überleben, dachte er dumpf. Eine Nacht im Freien würde ihn nicht umbringen, aber die zweite würde es schaffen.
    Es fiel ihm ein, daß es wenig Sinn gehabt hätte, hinaufzuklettern, selbst wenn er dazu imstande gewesen wäre, denn er befand sich auf der falschen Seite der Schlucht. Über ihm gab es keine Straße, nur einen engen Pfad, der sich in Windungen dahinzog, vorbei an den Steilabstürzen, welche die Wand der Schlucht durchbrachen; selbst für einen gesunden Mann eine schwierige Route. Auf der entgegengesetzten Seite führte dieser Weg eine Zeitlang über Felsgrund und dann durch den Fichtenwald, den er früher durchquert hatte. Jenseits der Bäume erstreckte sich die öde Region der Causse de Mejean, einer menschenleeren Gegend, so trocken, daß die wenigen Schafe, die hier grasten, die Eigenschaft der Kamele entwickelt hatten, lange Zeit ohne Wasser überleben zu können. Hier konnte man ein Dutzend Kilometer wandern und höchstens einen alten Schäfer und seine Frau in einem verfallenen Dorf treffen, das einst vielleicht die stolze Zahl von zwanzig Einwohnern aufgewiesen hatte.
    Die Straße, die an der Schlucht entlangführte, lag tausend Meter entfernt, auf der Nordseite des großen Einschnitts, in dem der Tarn floß. Von dem Platz, an dem er saß, konnte er ein kleines Stück der Straße überblicken. Hundert Meter in einer scharfen Kurve.
    Er erinnerte sich jetzt, daß er, in früheren Augenblicken des Bewußtseins, zweimal mit dem Taschentuch gewinkt hatte, als ein Auto und ein Lastwagen vorbeigefahren waren. Sie waren aber nur für zehn Sekunden in Sicht gewesen, und man konnte kaum auf die Chance zählen, daß ihn jemand in so kurzer Zeit bemerken würde.
    «Du bist auf dem Fluß, Quinn», sagte er sich mit einem dummen Grinsen, «auf einem großen Fluß, ohne Paddel. Iß ein bißchen Schokolade, alter Junge, vielleicht kannst du sie diesmal unten behalten. Schokolade gibt einem Energie. Fast so wie Spinat …» Als er in seinem Rucksack herumstöberte, sah er auf der anderen Seite des Tals ein spielzeuggroßes Fahrzeug, vielleicht einen Wohnwagen, langsam in die Kurve kriechen und stehenbleiben. Ein paar Minuten später kletterten zwei Pinguine heraus.
    Quinn dachte angestrengt darüber nach, dann nickte er befriedigt und zuckte zusammen, als das Hämmern in seinem Kopf wieder begann. «Nonnen», murmelte er, «Quinn kann man nicht anführen. No, Sir. Schwestern der Barmherzigkeit, Gott segne sie. Die Hand des Herrn tut ein Wunder für den guten alten Quinn. Also kommt, Schwesterlein, schaut hierher und seht, wie ich winke.»
    Er konnte die weißen Flecken ihrer Gesichter unter den schwarzen Hauben erkennen, als er begann, mit dem Taschentuch zu winken; dreimal kurz, dreimal lang. Die Pinguine begannen langsam um die Kurve herumzugehen. Sie blieben stehen, schienen miteinander zu sprechen, und eine der Nonnen zeigte auf die Straße. Dann gingen sie weiter, hielten einen Augenblick an und kehrten zum Wagen zurück. Hier warteten sie untätig, und keine von ihnen warf auch nur einen Blick auf die andere Seite der Schlucht.
    Quinns Arm schmerzte von der Anstrengung des Winkens, Schwindel erfaßte ihn. Er ließ den Arm fallen. Das heutige Wunder findet nicht statt, dachte er.
    Er hob die Augen zum Himmel, zuckte die Achseln und sagte ohne Bitterkeit: «Ganz wie du willst, verflixter alter Spaßvogel.»
    Er aß einen Bissen Schokolade und beobachtete die fernen Gestalten. Sein Hals war trocken, er hatte einen gallbitteren Geschmack im Mund. Dann verschwamm die Welt vor seinen Augen, und das Bewußtsein begann ihm wieder zu entgleiten.
    Die jüngere der beiden Nonnen mit dem hübschen, runden Gesicht stand bei der Reihe verblaßter weißer Steine, die die äußere Kante der Kurve einfaßten und einmal eine niedrige Mauer gebildet hatten. Unterhalb der Steine war nichts, denn hier fiel die Schlucht mehr als senkrecht ab und bildete einen Vorsprung über dem Fluß.
    Ihre Begleiterin stand neben dem Wohnwagen, eine Frau Mitte Dreißig, mit frischem Teint und bestimmten Zügen, die von einer großen, stolz gebogenen Nase beherrscht wurden. Die jüngere Nonne blickte auf die Steigung der Straße und auf die verwitterte Felswand an der Innenseite der Kurve.
    «Es wäre schon langsam Zeit, daß Seine Hoheit etwas

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