Modesty Blaise 07: Die silberne Lady
langsam. Ein blitzschneller Blick nach hinten hatte Reilly gezeigt, daß da kein Gendarm war. Er hatte sich leicht gedreht, so daß das Knie nur seinen Schenkel traf. Dann schwang er den Revolver hoch und schlug Tarrant auf den Kopf. Der Schlag glitt ab, aber es genügte. Tarrant taumelte, Funken tanzten vor seinen Augen, sein Kopf wirbelte, und ohne den Wagen hinter ihm wäre er gestürzt. Seine Glieder waren wie Gummi, er wandte sich halb um und klammerte sich an den Wagen, um nicht zu Boden zu gleiten.
Die Nonnen standen jetzt vor ihm. Etwas bohrte sich hart in seinen Rücken, und hinter ihm flüsterte Reilly heiser: «Halten Sie still!»
Hände ergriffen seinen Arm, und er fühlte, wie sein Ärmel zurückgeschoben wurde. Er versuchte, den Arm loszureißen, aber die Hände waren sehr kräftig. Einen Augenblick klärte sich sein Blick, und er sah das Gesicht der größeren Nonne. Sie klemmte sein Handgelenk unter ihre Achsel und sagte: «Die Nadel, Angel.»
Tarrant erblickte das Gesicht der anderen Nonne, ein junges und hübsches Gesicht, beeinträchtigt durch die Augen. Sie waren von einem schmutzigen Braun, die Augen eines bösen Kindes.
Er spürte einen scharfen Stich und den kleinen, aber längeren Schmerz, als die Injektion in seinen Blutkreislauf drang. Dann war nichts mehr.
Reilly trat zurück, senkte den Revolver und trocknete seine Stirn. Er sah zu, wie die beiden Frauen Tarrant auf den Boden legten. Die jüngere warf einen Blick auf die andere Straßenseite, klemmte die Unterlippe zwischen die Zähne und stieß einen schrillen Pfiff aus. Ein bärtiger Mann in einem schwarzen Blazer erschien auf der Felswand. Er schaute herunter, nickte, ließ sich wie eine Katze zu Boden fallen und kam über die Straße zur Stelle, wo Tarrant lag.
«Sehr gut, meine Damen», sagte er und lächelte fröhlich. Er bückte sich, hob Tarrants Körper wie ein Bündel Heu und trug ihn zum Wohnwagen. Die ältere Nonne folgte ihm. Die andere blieb bei Reilly, die Augen starr auf ihn gerichtet. Keiner von ihnen sagte etwas. Reilly steckte den Revolver in die Tasche. Sein Gesicht wirkte verstört. Er sah zu, wie der Mann und die größere Nonne Tarrant auf eine Art Bahre im hinteren Teil des Wohnwagens legten und ihn festschnallten. Dann kamen sie heraus und schlossen die Türen.
Die Nonne blieb beim Wagen und beobachtete die Straße. Der Mann ging zurück zum Peugeot.
«Sehr gut, Reilly», sagte er und nahm einen Umschlag aus der Tasche seines Jacketts. «5000 Dollar. Der fällige Betrag.»
Reilly öffnete den Umschlag, nahm einen Streifen blaues Papier heraus und prüfte es genau. Seine Hände zitterten. Die jüngere Nonne ging ein Stück weiter die Straße hinauf bis zur nächsten Kurve und wartete dort.
«In Ordnung», meinte Reilly. Er steckte den Umschlag ein und sah den Mann im schwarzen Blazer an.
«Wir blieben stehen, weil er ein wenig Bewegung machen wollte. Er stand da bei den Steinen an der Kurve, nahe der Kante. Ich säuberte die Windschutzscheibe.
Ich hörte ihn rufen, aber als ich aufblickte, war er verschwunden. Er muß schwindlig geworden und abgestürzt sein.»
Mr. Sexton nickte, seine hellblauen Augen glitzerten amüsiert. «Lassen Sie die Geschichte so einfach», sagte er. «Jetzt wird es am besten sein, Sie suchen das nächste Telefon.»
Reilly wandte sich zum Wagen, um einzusteigen. In diesem Augenblick bewegte sich Mr. Sexton plötzlich.
Er blickte die Straße auf und ab. Keine der beiden Nonnen gab ein Zeichen. Er machte einen schnellen Schritt vorwärts. Sein rechter Arm schwang hoch und fiel nieder, mit einer solchen Geschwindigkeit, daß die Bewegung nur verschwommen zu sehen war, wie die Speichen eines sich drehenden Rades. Die Handkante traf Reilly am Schädelgrund. Ein gedämpfter Schlag war zu hören.
Reilly lag über den Vordersitz des Wagens ausgestreckt. Er hatte einen sieben Zentimeter langen Schädelbruch, Knochensplitter waren in sein Gehirn gedrungen. Er war noch nicht tot, aber es würde nicht lange dauern. Mr. Sexton sah befriedigt aus, als er den Revolver und den Umschlag aus Reillys Tasche in seine eigene steckte, die schlaffen Beine des Mannes ergriff und ihn ganz in den Wagen schob. Er blickte zu Angel, dann zu Clare. Sie beobachteten immer noch die Straße.
Die hintere Tür des Wagens war offen. Mr. Sexton kurbelte das Fenster herunter, untersuchte die Türangeln. Dann bückte er sich und packte den unteren Rand der Tür mit einer Hand, die obere Fenstereinfassung mit
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