Modesty Blaise 08: Heiße Nächte für die Lady
ein einziger Bissen. Dann, nachdem alles vorüber ist, entfliegt sie zu den Jungferninseln, mit diesem ewigen Superliebhaber, diesem Danny Chavasse. Oh, sagte ich zu ihnen, habt ihr denn gar kein Gefühl? Habt ihr kein Mitleid mit diesem armen einsamen Burschen?»
Dinah drohte: «Noch ein hämisches Wort mehr, du Schandmaul, und ich nehme mich selber seiner an. Du solltest dich was schämen.» Willie trank sein Glas aus und zuckte die Achseln.
«Na ja, man kann sie halt nicht alle haben, Liebes. Ich gehe mich schnell umkleiden. Ich erwarte euch in fünf Minuten am Wagen.»
Modesty hielt ihn zurück. «Ich komme mit. Ich muß mit dir über Marmelade reden.»
«Marmelade?» Willie sah verblüfft aus.
«Ja. Hausgemachte Marmelade.» Sie hakte sich bei ihm unter. «Wir müssen ein Dorffest ausfindig machen, das nächstes Wochenende irgendwo hier in der Nähe abgehalten wird, wo wir einen ganzen Stand hausgemachter Marmelade aufkaufen können …» Sie entfernten sich.
Collier fing an, den Picknickkorb zusammenzupacken. «Es ist doch komisch mit dieser Maude», begann er dann. «Findest du nicht auch, Liebling? Ich meine, ich weiß, Danny Chavasse hat so ein Zauberding, aber ich hätte doch nicht geglaubt, daß sie darauf hereinfällt. Oder? Nicht nach allem, was sie zusammen mit Willie erlebt hat.»
Dinah erwiderte: «Du bist wunderbar, wenn du so dumm bist, Tiger.»
«Eh? Wieso bin ich dumm?»
«Weil ich dir immer alles erklären muß. Aber bleib so, ich mag dich so, genauso wie du bist.»
«Hübsch und blöd?»
Sie lachte. «So ähnlich. Es ist nur, daß Willie Danny Chavasse extra gebeten hat, Maude zu einem bißchen Inselromantik mitzunehmen.»
«Extra gebeten hat? Aber warum?»
«Weil Willie es Maude sozusagen versprochen hatte, aber nicht von Modesty fort wollte, solange sie nicht wieder auskuriert und in Ordnung war.»
«Oh. Bis sie wieder nur einen Bauchnabel hat?»
«Ja, richtig.»
«Hat dir Willie das selbst gesagt?»
«Aber natürlich nicht, du Döskopp!»
«Wie kannst du es dann wissen?»
«Ich weiß es. weil ich eine Frau bin, deshalb.»
«Moment mal … Modesty ist auch eine Frau, und ebenso Maude.»
«Richtig gedacht, Professor. Du kannst darauf wetten, daß sie es auch wissen. Wir posaunen unser Wissen nur nicht aus.»
«Guter Gott. Und Maude hat sich damit abgefunden?»
«Warum nicht? Erstens, der Gedanke, den Zauber des Superliebhabers auszuprobieren, reizt jede Frau. Zweitens, sie ist viel zu realistisch, um sich über Willie zu ärgern, wenn er Modesty vorzieht, was sonst? Und drittens, wenn sie Willies Blankowechsel einlösen will, ist immer noch Zeit dazu.»
Collier raufte sich die Haare. «Und nicht einmal der so welterfahrene Willie hat eine Ahnung, daß du sein gerissenes Ränkespiel völlig durchschaut hast?»
«Natürlich nicht. Und wenn du es ihm sagst, bringe ich dich um.»
«Unter diesen Umständen werde ich es bleibenlassen. Außerdem hätte ich es ohnehin nicht getan. Man muß schon ein Mann von besonderem Kaliber sein, um bei diesen Enthüllungen weiblicher Falschheit unerschüttert zu bleiben. Und solche Männer gibt es nicht viele.»
Collier klappte den Korb zu, nahm ihn auf, ergriff den Arm seiner Frau und schlenderte mit ihr über den Rasen, dorthin, wo Willie den Wagen geparkt hatte.
Was er soeben von Dinah gehört hatte, bereitete ihm großes Entzücken, denn er mochte Frauen außerordentlich gern. Sie waren für ihn eine ständige Quelle der Verwunderung. Heute abend beim Essen wollte er eine lebendige Beschreibung des heiteren Augenblicks am Limonadenstand geben, als Modesty, ihn verfolgend, von einem Polizisten zur Ordnung gerufen worden war und dann sanft und reumütig vor ihm stand, während er ihr einen strengen Verweis wegen, wie er es nannte, Herumtollens auf dem Kricketplatz erteilte.
Mit der Welt in Frieden stieß Collier einen langen, glücklichen Seufzer aus. So oder so, es war auf jeden Fall ein schöner Tag gewesen.
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