Modesty Blaise 08: Heiße Nächte für die Lady
bekannten Künstlern und eine ansehnliche Silbersammlung. Maudes Eltern bewirtschafteten in Worcestershire 500 Morgen Land und hatten ihr schon als Kind eine Leibrente ausgesetzt, die nun ein nützliches Zusatzeinkommen für sie darstellte. Sie glaubten, ihre Tochter wäre eine kleine Nummer im Zivildienst (was sie ja auch war), und sie wären sicher erschüttert und entsetzt gewesen, hätten sie über die wahre Natur von Maudes Arbeit Bescheid gewußt.
Willie kannte Maude Tiller als eine fröhliche Gefährtin, gesellig und umgänglich, gut im Bett, mit dem Hang zu einer liebenswerten Tolpatschigkeit, hinter der sich jedoch beträchtliche Fähigkeiten versteckten.
Er hatte sie nie gefragt, wie es gekommen war, daß sie Agentin in Tarrants Außenabteilung wurde. Er vermutete, daß sie aus der Verwaltungsabteilung für eine Sonderaufgabe zu Tarrant versetzt worden und dann ganz einfach dageblieben war. Das war die vom Zufall bestimmte Methode, nach der London die Dinge zu regeln pflegte. Ein Wunder, daß die Geheimdienstmaschinerie dabei so gut funktionierte.
Maude hatte sich geduscht und umgezogen. Sie trug jetzt eine Baumwollbluse mit Rollkragen. Danach hatte sie für sie beide eine einfache Mahlzeit, bestehend aus Suppe und kaltem Fleisch, zubereitet. Sie hatte Willie nicht angeboten, sich zu duschen, was er ein wenig seltsam fand. Ihm schien, als wollte sie, seit sie die Wohnung betreten hatten, einen gewissen Abstand wahren, vielleicht ganz unbewußt. Jetzt hockte sie mit angezogenen Beinen in einem schwarzen Ledersessel, rührte in ihrem Kaffee und blickte konzentriert auf die Tasse, als führe sie da eine äußerst wichtige Tätigkeit aus.
Es war das erste Mal, dachte Willie erstaunt, daß Maude Tiller ihm gegenüber reserviert war. Während des Essens hatte nur er die Unterhaltung geführt und bloß einsilbige Antworten bekommen. Jetzt lehnte er sich in die Sofaecke und ließ das Schweigen deutlich werden. Fast zwei Minuten vergingen, bevor sich Maude dessen bewußt wurde. Dann blickte sie auf, warf ihm ein Lächeln zu und fragte: «Wie geht es Modesty?»
«Gut. Ich sprach letzte Nacht mit ihr am Telefon. Sie ist gerade aus Idaho zurück.»
«Etwas Besonderes?» Willie war sicher, daß etwas Besonderes passiert war, aber sie hatte am Telefon nicht davon reden wollen. Er antwortete: «Nein, es waren nur Ferien mit John Dall. Kennst du ihn?»
«Den? Ich hätte nicht gedacht, daß ein Multimillionär Modestys Typ ist.»
«Das klingt ein wenig verbittert, Liebes. Was hat Modesty denn getan?»
Sie blickte erstaunt auf. «Modesty? Gar nichts.»
Da konnten es also nur die Multimillionäre sein, dachte Willie, ging aber nicht weiter darauf ein, sondern sagte: «Nein, sie sind normalerweise nicht ihr Typ, aber John ist in Ordnung. Ich sagte ihr, daß ich dich in
Three Meadows
treffen würde, und sie bat mich, dich von ihr zu grüßen.»
«Bestelle ihr auch meine Grüße, wenn du sie siehst.»
Eine Theorie nahm in Willies Geist Gestalt an. Um sie zu testen, fragte er wie nebenbei: «Wie geht es deinem Rücken nach Jacobys Behandlung?»
«Oh, er schmerzt ein bißchen.» Maude verzog das Gesicht. «Zwei Sekunden lang war ich so wütend, daß ich diesen Saukerl mit Freuden hätte umbringen können.»
«Soll ich dich massieren?»
Sie wußte, daß seine Hände nicht nur geschickt waren; so etwas wie eine magische Kraft lag darin, die verspannte Muskeln löste und schmerzendes, gequetschtes Fleisch beruhigte. Aber Maude wurde steif bei seinen Worten und entgegnete sofort: «Nein, es ist nicht weiter schlimm. Du brauchst dich nicht weiter darum zu kümmern.»
Willie stellte die Kaffeetasse nieder und fragte mit weicher Stimme: «Maude, hast du etwa Angst, daß ich versuchen könnte, mit dir ins Bett zu gehen?»
«Nein – gut – oh, ich weiß nicht.» Sie rieb sich ein Auge und schien verwirrt. Dann lächelte sie verlegen.
«Vielleicht.»
«Das ist aber ziemlich dumm, nicht wahr. Wann habe ich jemals gedrängt?»
Sie seufzte und schüttelte den Kopf. «Hast du nie, Willie. Es tut mir leid. Aber es wäre doch ziemlich normal, wenn wir zusammen ins Bett gingen, und ich – ich fühle mich einfach nicht danach.» Sie blickte ihn unglücklich an.
Willie grinste. «Mach dir nichts draus, Liebes. Das kann jedem passieren. Vielleicht eines Tages sogar mir. Du mußt einfach ruhiger werden und aufhören zu grübeln, ja.»
«In Ordnung.»
Er sah ihr an, wie erleichtert sie war, als sie aufstand.
«Willst du noch
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