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Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen

Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen

Titel: Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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Sotheby gegeben hatte. Die andere erklärte, es ginge aus einem sehr schmeichelhaften, in einer australischen Zeitschrift erschienenen und mit Farbfotos versehenen Artikel klar hervor, daß Entwurf und Einrichtung seines Hauses in Hobart nach der Verleihung eines Nobelpreises für schlechten Geschmack verlange.
    Willie sagte leise: «Du heiliger Bimbam, ich glaube, es ist ein Buch des Hasses.» Er sah Clarissa an. «Blättern Sie zurück, bitte.»
    Wie in allen Klatschspalten, gab es herablassende Bemerkungen, spöttische Formulierungen und die übliche Überheblichkeit des Schreibers. Im Laufe der Jahre wurden die Glossen etwas schärfer und unfreundlicher, aber nichts ging über das hinaus, was sich eine im Rampenlicht stehende Persönlichkeit üblicherweise von der Presse gefallen lassen muß.
    Clarissa sagte: «Das ist tatsächlich eine gute Bezeichnung. Ein Buch des Hasses. Da er eine rauhe Schale hat, wurde er von Anfang an von den Leuten scheel angesehen, und das hat ihn furchtbar gewurmt. Das ist nur eine Auswahl der Zeitungsausschnitte.»
    Sam Solon. Ein Mann, der innerlich zerfressen wurde. Modesty lehnte sich an ihre im Rücken gebundenen Arme und versuchte den Mann und sein Reaktionsmuster zu verstehen, um seine weiteren Handlungen zu erraten.
    Auch Willie hatte aufgehört zu lesen und blickte nachdenklich ins Leere.
    Clarissa klappte das Buch zu und sagte: «Los, Condori. Bring sie hinein.»
    Als Modesty jetzt vor Solon stand – ihr Gesicht brannte noch von dem Schlag seiner rauhen Hand – suchte sie nach einem fanatischen Funken in seinen Augen und fand keinen. Da wußte sie, daß der Wurm sich nicht in seine Eingeweide, sondern in seine Seele gefressen hatte, und so gut versteckt war, daß man ihn nicht erkennen konnte.
    Das Gesicht unter dem graugelockten Haar verzog sich plötzlich zu einem boshaften Grinsen. «Sie machen es alle, selbst die Leute, die in meinen eigenen Zeitungen schreiben. Man muß nur zwischen den Zeilen lesen können: Ein verdammter Ignorant, dieser Australier, kann die Mona Lisa nicht von einem Chinesenmädchen unterscheiden und Mark Twain nicht vom Mickey Spillane. Das ist das Bild. Aber ich will Ihnen etwas sagen. Mein Vater kam aus Griechenland. Verstanden? Ich habe eine dreitausendjährige Kultur in meinem Blut. Als ihr Engländer noch in den Wäldern herumgelaufen seid und es in Australien nur Eingeborene gab, hat mein Volk den Parthenon gebaut.» An seinem Hals wurde eine pochende Ader sichtbar. «Und noch etwas: griechisches Blut vergißt nicht. Beleidigen Sie einen Griechen, und nach zwanzig Jahren wird er Sie in den Arsch treten. Ich aber warte mehr als zwanzig Jahre. Ich warte, bis ich sterbe oder tot bin. Dann werden sie ihre Gemeinheiten zurücknehmen. Sie und ihr und alle Leute eures Schlages.»
    Er drehte sich um und winkte Condori. «Okay, führt sie weiter.»
    Condori deutete mit seinem Gewehr, und sie folgten Solon. Am Ende eines breiten Ganges befand sich ein geräumiger Fahrstuhl, für ein Dutzend Leute berechnet. Die beiden standen mit dem Gesicht zur Tür.
    Hinter ihnen standen Condori und Reverend Uriah Crisp. In die Tür war ein hohes rechteckiges Fenster eingelassen. Als der Fahrstuhl abwärts fuhr, sah Modesty im Erdgeschoß Stahlgittertüren. Der Fahrstuhl fuhr weiter abwärts. Eine weitere Stahlgittertür und ein Blick auf Generatoren, ein gedämpftes Summen; noch etwa zwanzig Meter hinunter, dann kam der Lift sanft zum Stillstand. Sie befanden sich in einem großen quadratischen Raum mit verputzten Wänden und Decke. Zu ihrer Linken sahen sie helles Licht.
    Sam Solon ging voraus. Als sie die große Halle hinter dem quadratischen Raum betraten, stellten sie fest, daß die Helligkeit nicht künstlich war. Durch eine Anzahl von großen Bogenfenstern auf der einen Seite der Halle fiel Tageslicht ein. Hinter den Fenstern lag, dreißig Meter tiefer, das Meer.
    Die hohe Halle war in den massiven Fels gesprengt worden, so daß die Fenster knapp über den Klippen lagen. Die starken Stahlträger, die das Dach stützten, wurden von einer mit venezianischem Stuck verzierten Decke verborgen, von der zwei böhmische Kristallüster aus dem 17. Jahrhundert hingen.
    Die Wände waren mit heller Eiche verkleidet und durch dorische Pilaster gegliedert. Schwere Seidenschnüre, die von verzierten Ständern hingen, teilten den Marmorboden in Sektionen, man konnte jedoch beinahe alle Abteilungen vom Eingang aus zur Gänze überblicken, da die Wand gegenüber den großen

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