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Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen

Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen

Titel: Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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nicht, woher sie stammen. Komisch, es interessiert ihn nicht sonderlich.»
    Modesty nickte. «Gut, dann werden wir auch nicht darüber sprechen. Ich verlasse mich auf euch, die Konversation in Gang zu halten; wenn er mit mir spricht, erstarrt sein Blick, er verfällt in eine Trance und sieht mich nur noch als Objekt für seine Malerei.»
    Willie legte den Kopf schief und blickte in gespielter Verzweiflung zum Himmel, dann verließ er das Zimmer und rief: «Nach dem Badezimmer nach
links
, Luke. Zuerst links, dann rechts.»
    Modesty blickte nachdenklich auf die Tür. Sie murmelte: «Also hat Willie nur eine Überraschung daraus gemacht? Nun, ich will Ihnen etwas sagen: Unser Willie lügt wie gedruckt. Da steckt etwas anderes dahinter.»
    Während der nächsten Stunde sprach Luke Fletcher wenig. Zufrieden hörte er der zwanglosen Konversation zu, an der er in jedem Moment hätte teilnehmen können, wenn er es gewollt hätte. Hungrig vertilgte er zwei große Teller Hühnersalat, einige Butterbrote und einen Obstkuchen. Nach dem Tee nahm er begeistert Modestys Einladung an, mit ihr spazierenzugehen, während Willie Garvin und Tarrant das Geschirr spülten.
    Die Ställe, der Spaziergang über die kleine Wiese, die Rückkehr durch das Wäldchen, die leuchtenden Farben der unordentlichen Blumenbeete – alles gefiel ihm. An der zu einer Werkstatt ausgebauten Scheune zeigte er allerdings kein Interesse, und die Tontauben betrachtete er eher ängstlich. Als sie zum Haus zurückkehrten, griff er sich an die Stirn und rief: «Ich habe ganz vergessen. Ich habe Ihnen etwas zum Ansehen mitgebracht.» Er lief zu dem geparkten Wagen und öffnete eben die hintere Tür, als Willie vom Haus her rief: «Sie sind hier, Luke. Ich habe sie mit hereingenommen.»
    «Oh, oh, danke, Willie. Ich hatte es vergessen.» Er nahm Modestys Arm, seine Augen blickten wieder besorgt. «Ich wollte sie wegwerfen, aber ich zeigte sie Willie, und er sagte, ich müsse sie herbringen. Er meinte, er würde mich umbringen, wenn ich es nicht täte.»
    An der Tür warf Modesty Willie einen mißtrauisch fragenden Blick zu und erhielt ein erstauntes Lächeln als Antwort. Als sie das Wohnzimmer betrat, betrachtete Tarrant eben ein großes schmales Paket, das zugeschnürt auf dem Sofa stand. Luke Fletcher nahm es, versuchte, den Knoten zu lösen, gab auf und zog die Schnur achtlos über eine Ecke hinunter. Willie hielt den Atem an und sagte: «Aufpassen, Sie verschlafener Kerl!»
    Fletcher grinste. «Sie machen sich zuviel Sorgen, Willie», sagte er unvermutet. «Versuchen Sie, sich zu entspannen.»
    Das Packpapier fiel zu Boden, Fletcher stellte drei längliche Bilder auf das Sofa und lehnte sie gegen die Wand. Jedes Bild maß etwa neunzig mal sechzig Zentimeter. Modesty stellte sich neben Tarrant, und dann senkte sich eine Stille über das Zimmer, die einige Minuten anhielt.
    In dem Tageslicht, das von den Fenstern einfiel, wirkten die Farben kühn und kraftvoll, typisch für Fletcher. Wie er das Licht und die Struktur behandelte, zeugte von sorgloser Meisterschaft; seine Technik war vollkommen. Die Bilder besaßen jedoch vor allem eine beinahe schmerzhafte Intensität des Gefühls; sie schienen verzweifeltes Verlangen auszudrücken.
    Das erste Bild zeigte eine dunkelhaarige junge Frau, die sich bückte, während sie die Kajüte-Treppe eines kleinen Bootes herabkam. Das Stück Himmel hinter ihr war schwarz und rot, bedrohlich wie eine böse Waffe.
    Sie trug Shorts und eine bis zur Taille offene Bluse. Die Kleidungsstücke waren naß und klebten an ihr. Die Wiedergabe des dünnen Stoffes, der sich an ihre Körperformen schmiegte, war atemberaubend. Die Details des Hintergrunds waren, wie bei jedem Gemälde Fletchers, perfekt angedeutet. Irgendwie war es ihm gelungen, in den Linien des Körpers, des Halses und Kopfes ein überwältigendes Gefühl des Kampfes auszudrücken, und dazu noch die Überzeugung, daß sie zwar allein im Kampf, aber nicht wirklich allein war; sie ging zu jemandem, der sie brauchte.
    Tarrant zuckte unmerklich zusammen, als er im Vordergrund des Bildes die Ursache dieser Überzeugung sah – ein Stück zerknittertes Laken, das nicht ganz flach lag, weil eine Falte den Fuß eines Mannes bedeckte, der in der Kajüte lag.
    Das zweite Bild zeigte einen Teil des Gesichts der Frau, ihre Schläfe, Ohr, Auge und den Umriß des Kinns; dann die Schulter und die lange Linie des nackten Rückens und das Rückgrat, das bis zu der Wölbung des Gesäßes

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