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Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen

Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen

Titel: Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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dürfte. Ich gebe eine Runde in die Kammer und mache den Verschluß zu. Jetzt gehört er Ihnen.» Beauregard Browne stand hinter Kingston und drückte ihm die Waffe in die herabhängende Rechte. «Wenn Sie den Colt auf den Boden richten und zweimal den Abzug betätigen, kommt die Patrone in der nächsten Kammer unter den Hahn. Verstanden, Herzchen? Also los. Keiner der Umstehenden wird Ihnen inzwischen etwas zufügen.»
    Kingston starrte durch den Hangar auf den Priester, der zehn bis vierzehn Meter weit weg stand. Die andern konnte er nicht sehen, weil sie irgendwo hinter ihm waren. Seine Arme hingen herab, der Revolver in seiner Rechten zeigte zu Boden. Er betätigte zweimal den Abzug und spürte, wie die Trommel sich drehte.
    Der Priester hatte etwas in der Linken – ein kleines offenes Buch. Die Rechte hielt jetzt einen runden flachen Hut.
    Von hinten hörte er Beauregard Brownes Stimme:
    «Nach einigen biblischen Abschiedsworten, die, wie ich hoffe und glaube, voll Inbrunst und Aufrichtigkeit sein werden, wird Reverend Uriah Crisp, die Geißel der Sünder und das Schwert Gottes, seine Waffe ziehen und Sie erschießen. Sie, Mr. Kingston, können das verhindern, indem Sie im Moment Ihrer Wahl die eigene Waffe heben und auf Mr. Crisp schießen. Ist der Allmächtige auf Ihrer Seite, dann wird unser guter Bruder Uriah seine wohlverdiente Ruhe finden, und Sie können natürlich in Frieden Ihres Weges ziehen. Verstanden?»
    Kingston antwortete nicht. Ihn beschäftigten wichtigere Dinge. Jetzt gesellte sich zu dem Bizarren noch das Makabre, und er mußte vorerst das Gefühl der Unwirklichkeit abschütteln, um rasch und klar zu denken.
    Vor zwei Jahren hatte er ein paar Stunden in Modesty Blaises Haus in Benildon verbracht und zugeschaut, wie sie mit Handfeuerwaffen trainierte. Damals war er der Meinung gewesen, daß sie rascher und gewandter als jeder Mann mit Waffen umging. Er wußte noch nichts über die Treffsicherheit des Mannes, der in dieser Scharade als Priester verkleidet war, aber ohne Zweifel war er rascher als Modesty Blaise.
    Kingston drehte sich um und schaute über die Schulter. Schräg rechts hinter ihm stand Beauregard Browne, in seinem linken Ellbogen lag ein auf Kingston gerichteter Revolverlauf. Der Mann lächelte ermunternd und fragte nochmals: «Verstanden, alter Nußknacker?»
    Wieder blieb Kingston die Antwort schuldig und drehte sich langsam zu dem Priester um. Keine der Möglichkeiten konnte ihn retten. Außer …
    Nur ein Experte konnte auf zehn Meter mit einer Handfeuerwaffe treffen. War sein Ziel beweglich, so war es selbst für den besten Schützen eine kaum lösbare Aufgabe. Das Auto stand nicht weiter als fünfundzwanzig Schritte entfernt, vorne und etwas rechts von ihm. Im Augenblick, in dem er in diese Richtung starten würde, wäre er für ein, zwei Schritte zwischen dem Priester und Beauregard Browne, und würde jenen daher am Schießen hindern. Dann würde er rascher laufen, sich ducken, sich hin- und herbewegen.
    Er konnte um das Heck des Wagens laufen, um die andere Seite zu erreichen, und wenn ihm das gelang, hätte er einen gewissen Schutz. Er würde auch einen Schuß zur Verfügung haben, den er als Abschreckung abfeuern könnte, während er einstieg und den Motor startete.
    Es war nicht sehr gut, aber immer noch besser, als sich mit diesem Wahnsinnigen in Priesterkleidung im Schnellschießen zu messen, und wenigstens bot sein Plan ein Überraschungsmoment. Es war lange her, seit Dick Kingston sich in wirklicher Gefahr befunden hatte, aber es war wie mit dem Radfahren; man verlernte es nie. Er holte tief Atem und traf seine Entscheidung.
    Etwa zwei Sekunden waren vergangen, seit Beauregard Browne zum letztenmal gesprochen hatte. Jetzt sagte er: «Wir müssen annehmen, daß der Sünder verstockt ist und deshalb schweigt, Bruder Uriah. Bitte, beginnen Sie.»
    Reverend Uriah Crisp erhob sein Gebetbuch und schrie mit krächzender Stimme: «
Mögen die Worte aus meinem Mund und das Zusammenspiel meiner Hand und meiner Augen dir heute und immerdar wohlgefällig sein, o Herr, unser aller Erlöser

    Er machte zwei Schritte, hielt das Buch so, daß er Kingston über den Rand im Auge behielt, preßte den Hut an die Brust und begann ein paar der bekannten Sprüche zu singen, die in seinem Gehirn widerhallten, während seine fanatische Wut mehr und mehr anschwoll.
    «
An jeder Biegung des Weges warten die Sünder auf uns und senken den Blick zu Boden. Auf, o Herr, laß keinen dieser

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