Modesty Blaise 12: Die Lady läßt es blitzen
etwas sektiererische Phrase, die aber keineswegs als solche gemeint ist, verzeihen wollen. Nein, wir verbringen viel Zeit mit Meditation über
Gegenstand
und
Art
unserer Gebete, und wir arbeiten auch auf praktischem Gebiet, allerdings nicht mit dem Ziel eines besseren Ergebnisses, nämlich auf unseren kleinen Weizenfeldern und auf unseren Fischerbooten. Wir sind keine Selbstversorger, wie Sie verstehen werden, aber wir versuchen, unsere – äh – Importe vom Festland auf ein Minimum zu beschränken.«
»Was die Importe betrifft, Doktor, so müssen diese bezahlt werden, was uns zur Frage der Geldmittel zurückführt. Ich glaube, Sie sagten, daß Sie keine Zuwendungen von außen anstreben und daß niemand, der Mitglied der Herberge der Rechtschaffenheit wird, Geld in die Gemeinschaft mitbringen oder auf irgendeine Weise für sie beschaffen darf. Wovon leben Sie also?«
»Ach. Nun, was Sie sagen, ist im Grunde richtig, Mr. äh … im Grunde richtig, aber im ersten Teil Ihres letzten Satzes liegt vielleicht ein kleines Mißverständnis, das zweifellos darauf zurückzuführen ist, daß ich verabsäumt habe, mich deutlich auszudrücken, und wofür Sie hoffentlich meine Entschuldigung annehmen werden. Es stimmt, daß wir keine Zuwendungen für unsere Arbeit
anstreben
, aber es ist unser fester Glaube, daß Gott dafür sorgen wird, was Er tatsächlich bereits getan hat – ich hoffe Sie werden mir ein weiteres Mal die Verwendung einer
Geschlechtsbezeichnung
in diesem Zusammenhang verzeihen. Wir streben nicht an, aber wir
empfangen
, da diese Gruppen und Einzelpersonen, für die wir beten – auf deren Ersuchen, wie ich erläutert habe –, ausnahmslos äußerst großzügig in der Anerkennung unserer Anstrengungen und, wenn ich so sagen darf, unserer Leistungen für sie sind. Uns fehlt es nicht an Geldmitteln, mein lieber Freund. Was wir für unsere bescheidenen Ansprüche brauchen, geben wir aus. Alles andere bekommen jene, die, wie wir in unseren Meditationen erfahren haben, dringend Hilfe benötigen. Oh, entschuldigen Sie, bitte.«
Die letzten Worte betrafen ein Klopfen an der Tür.
Sie öffnete sich, und eine große Frau in weißer Mönchskutte mit zurückgeschlagener Kapuze trat ein.
Es war eine hübsche Frau um die Dreißig, mit blonden Locken, grauen Augen und markanten Gesichtszügen.
Die Kutte verhüllte ihren Körper, aber aus der Art, wie sie sich bewegte, schloß Papadakis, daß es ein sehr anziehender Körper sein mußte.
»Verzeihen Sie, Dr. Pilgrim«, sagte sie in akzentgefärbtem Englisch. »Ich dachte, Sie hätten gerne eine Information über die Arbeit, die uns heute abend erwartet, bevor Mr. Papadakis uns verläßt.« Sie legte einen Zettel auf den Schreibtisch.
Thaddeus Pilgrims ruheloser Blick wanderte einige Sekunden im Zimmer herum, bevor er sie wahrnahm und sein Gesicht aufleuchtete: »Meine liebe Sibyl, natürlich, natürlich«, rief er glücklich. »Ich glaube, Sie wurden unserem bemerkenswerten Besucher von der Presse noch nicht vorgestellt. Darf ich Sie mit Mr. äh … Papadakis bekanntmachen.« Er machte eine weitausholende Geste. »Mr. Papadakis, es ist mir eine große Ehre, und das meine ich im Ernst, Ihnen eine Dame vorzustellen, die eine der glühendsten Verfechterinnen unserer Sache ist, Sibyl Pray.«
Papadakis stand auf und gab ihr die Hand, wobei er sich bemühte, sich kein Zeichen von Neugier und irgendwelchen Vermutungen anmerken zu lassen. »Sehr erfreut«, murmelte er. Sibyl Pray musterte ihn unverhohlen und fragte mit sorgfältiger Aussprache: »Wie geht es Ihnen?«
Dr. Pilgrim hatte den Zettel aufgehoben und las möglicherweise, was darauf stand. Aber Papadakis bezweifelte das, da die liebenswürdige Stimme wieder begonnen hatte, das quälende Gefüge von Sätzen und Nebensätzen herunterzuleiern. »Es wird Ihnen aufgefallen sein, Mr. Papadakis – und es wäre in der Tat überraschend, wenn es Ihnen nicht aufgefallen wäre, da die Gedankenassoziation, wie ich vermuten möchte, auf der Hand liegt –, daß Sibyls Name sich in bemerkenswerter Weise für die Tätigkeit eignet, die das vorrangige Bestreben unserer kleinen Gemeinde ist. Ich beziehe mich natürlich auf ihren Familiennamen, eine Tatsache, die auszuführen wahrscheinlich völlig überflüssig ist, und ich hoffe auch, daß ich Sie dadurch nicht in irgendeiner Weise beleidigt habe, mein lieber Freund.«
Papadakis fragte höflich: »Sie meinen, daß Ihre Arbeit hier das Beten ist, und daß der Name dieser
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