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Modesty Blaise 12: Die Lady läßt es blitzen

Modesty Blaise 12: Die Lady läßt es blitzen

Titel: Modesty Blaise 12: Die Lady läßt es blitzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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charmant wie gekonnt, mein lieber Freund.« Thaddeus Pilgrim lächelte verschwommen über den Kopf des Reporters hinweg. »Meine weißen Haare vermitteln den Eindruck einer um vieles älteren Person, nicht wahr? Und ich bin mir auch darüber im klaren, daß meine bedauernswerte Gewohnheit der – äh – Weitschweifigkeit dazu führen mag, diesen Eindruck zu verstärken, aber Ihre Information ist völlig korrekt.«
    Papadakis sagte bedächtig: »Ich möchte Sie nicht quälen, aber ich bin ziemlich sicher, daß die Tragödie, die Sie in Afrika erlebt haben, Sie sehr stark geprägt haben muß, Doktor. Können Sie mir erzählen, wie Sie jene Jahre verbracht haben, bevor Sie die Herberge der Rechtschaffenheit gründeten?«
    Der Mann in der braunen Kutte brütete eine Weile dumpf vor sich hin und blickte dann mit einem sanften Lächeln auf. »Ich habe einen Weg gesucht, meinen Seelenfrieden wiederzufinden«, meinte er leicht tadelnd. »Zu diesem Zweck zog ich mich von der Welt, die ich gekannt hatte, zurück, reiste viel und ging bei weisen und göttlichen Männern verschiedener Religionen und Philosophien im Osten wie im Westen in die Lehre. Ich hoffe, Mr. äh … ich hoffe aufrichtig, Sie werden mich nicht der Selbstüberschätzung bezichtigen, wenn ich sage, daß ich mich nach vielem Suchen dazu berufen gefühlt habe, die Arbeit zu verrichten, die ich nun tue.« Er hob die Hände. »Einen Hort des Gebets zu schaffen.«
    Papadakis saß da und sah in das runde, gütige Gesicht. Er war verwirrt und versuchte, die Fassade zu durchdringen, die den wahren Thaddeus Pilgrim verbarg, aber es gelang ihm nicht, die geringste Schwachstelle darin zu entdecken. Nach einigen Augenblicken lächelte er, schloß sein Notizbuch und stand auf. »Ich möchte Ihre Zeit nicht länger beanspruchen, Doktor. Danke, daß Sie diesem Interview zugestimmt haben und so hilfsbereit waren.«
    »Nichts zu danken, nichts zu danken, mein lieber Freund.« Dr. Pilgrim stand auf und begleitete den Reporter zur Tür. »Darf ich Sie ins Refektorium führen? Ein paar meiner Brüder und Schwestern im Gebet nehmen zu dieser Stunde gerade eine Mahlzeit ein, und Sie sind herzlich dazu eingeladen, ihnen dabei Gesellschaft zu leisten, da die Fähre nicht vor – lassen Sie mich sehen, wie lange wird es noch dauern?« Während sie durch einen breiten Gang gingen und auf die Terrasse hinauskamen, zog er eine Uhr unter seiner Kutte hervor, studierte sie kurz und fuhr dann fort: »Fünfzig Minuten, Mr. äh … vorausgesetzt natürlich, sie ist pünktlich. Wenn ich sage, daß ein
paar
von uns eine Mahlzeit einnehmen, sollte ich vielleicht erklären, daß wir bei Tisch einen Turnus, oder vielleicht wäre
Schicht
das geeignetere Wort, einhalten, was darin begründet liegt, daß immer ein
paar
von uns beten müssen, um die Triebkraft, oder wenn ich so sagen darf, die
Dynamik
unserer demütigen Petitionen aufrechtzuerhalten.«
    Als Papadakis sicher war, daß Thaddeus Pilgrim mit seiner Rede fertig war, erwiderte er: »Danke, aber ich möchte mich Ihrer Gemeinschaft nicht länger aufdrängen. Es ist ein schöner Abend, und ich setze mich gern an den Hafen und arbeite meine Notizen durch, bis die Fähre kommt.«
    »Wie Sie möchten, lieber Freund, wie Sie möchten. Dann werde ich mich jetzt von Ihnen verabschieden. Wenn Sie diese Stufen hinuntergehen und sich unten nach rechts wenden, befinden Sie sich auf der Straße, die zum Hafen führt. Auf Wiedersehen, Mr. äh … Papadakis. Wir werden Sie in unsere Gebete einschließen.«
    Papadakis bewahrte eine ernste Miene und sagte:
    »Danke.« Die beiden Männer gaben einander die Hand. Thaddeus Pilgrim sah dem Reporter nach, als dieser die Stufen hinunterging, und winkte ihm freundlich zu, als Papadakis sich unten noch einmal umdrehte.
    Dann wandte er sich um und ging ins Arbeitszimmer zurück. Sibyl Pray war schon dort, und in ihrer Gesellschaft befanden sich nun zwei Männer in braunen Kutten und eine weitere Frau in Weiß. Einer der Männer war einen halben Kopf größer als Sibyl Pray, gutaussehend, mit olivfarbener Haut, schwarzgelockten Haaren und weit auseinanderstehenden Augen. Er hieß Kazim, kam aus Anatolien und stand so nahe neben Sibyl Pray, daß die Schultern einander berührten.
    Der andere Mann sah wie ein Mönch aus, denn er war plump und dicklich, vom Schlage eines Bettelmönchs. Obwohl er keine Tonsur trug, war er an der Scheitellinie kahl und hatte nur über den Ohren dichte Haarbüschel. Die braune Kutte

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