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Modesty Blaise 12: Die Lady läßt es blitzen

Modesty Blaise 12: Die Lady läßt es blitzen

Titel: Modesty Blaise 12: Die Lady läßt es blitzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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steckten in Sandalen, und seine Hände ruhten mit ineinander verschränkten Fingern auf dem Schoß. Der Blick seiner großen wäßrigen Augen unter den weißen Brauen war höflich, aber etwas unbestimmt, als ob der dahinter befindliche Geist sich mit anderen, höheren Dingen beschäftigte. Er saß an seinem Schreibtisch in dem nüchtern eingerichteten Arbeitszimmer der Herberge der Rechtschaffenheit und lenkte nun seinen abwesenden Blick von der Dohle, die beim Fenster in einem Käfig saß, mit einem liebenswürdigen Lächeln auf den Reporter ihm gegenüber.
    »Es stimmt, daß wir niemanden bekehren wollen, Mr. Papadakis«, sagte er freundlich. »Tatsächlich mißbilligen wir diesen Begriff, da wir keinen Glauben haben, zu dem wir unsere sterblichen Mitbrüder bekehren möchten.« Eine Spur von Humor leuchtete in den milden blauen Augen auf. »Wir erstreben auch keine Geldmittel für unsere Arbeit. Sie werden keinen Beweis dafür finden, daß wir naive Leute überreden, uns ihr Vermögen, ihre Arbeit oder ihre Zeit zu schenken, das kann ich Ihnen versichern.«
    Papadakis lächelte mißbilligend, als hätte er eine solche Versicherung nicht nötig, und schrieb etwas in sein Notizbuch. Er war ein dunkler, stattlicher Grieche Mitte Dreißig und sprach fließend englisch. »Wie ich höre, gibt es Zweigstellen ihrer Gesellschaft in Makao, in South Carolina und in England« – er warf einen Blick in sein Notizbuch – »in North Thursby, in der Nähe von Hull.«
    Thaddeus Pilgrim neigte den Kopf. »Wir haben in jeder dieser Zweigstellen etwa ein Dutzend Gefolgsleute, Mr. äh …« Er hielt inne, beugte sich vor und studierte die Visitenkarte auf seinem Schreibtisch. »Ja, Mr. Papadakis, nicht? Vielleicht hätte ich sie nicht als
Gefolgsleute
bezeichnen sollen, da ich mich in keiner Weise selbst als
Führer
sehe, wenn Sie verstehen, was ich meine. Das würde doch die Sünde des Stolzes einschließen, finden Sie nicht? Ich glaube, es wäre richtig zu sagen, oder es wäre wenigstens nicht falsch zu sagen, daß ich – allerdings nicht durch eigenes Verdienst, wie ich mich hinzuzufügen beeile – daß ich vielleicht das
Zentrum
unserer kleinen Gruppe bin, da ich es war, der das Vorrecht hatte, das äußerst wesentliche Vorrecht, wie ich Ihnen versichere, hier auf Kalivari die Herberge der Rechtschaffenheit zu gründen. Ich möchte keineswegs, daß Sie oder die Leser Ihrer zweifellos ausgezeichneten Zeitung glauben, daß das, was man vielleicht meine
Position
hier nennen könnte, in irgendeiner Weise über dem steht, was meine Kollegen machen, Mr. äh …« Er beugte sich vor, um neuerlich einen Blick auf die Visitenkarte zu werfen, und der Heiligenschein aus weißem Haar flatterte ein wenig, als er sich bewegte. »Ach ja, Mr. Papadakis …«
    Papadakis reduzierte im Unterbewußtsein die langatmigen Abschweifungen zu einem Hintergrundgeräusch und konzentrierte sich darauf, die Story herauszuarbeiten, die er schreiben würde. Nicht nur schreiben, sondern auch weltweit publizieren. Es war genau die Art von Story, die dazu angetan ist. Die wöchentliche Fähre, mit der er angeblich heute morgen aus Athen angekommen war, würde ihn auf ihrer Rückfahrt von einigen näher gelegenen Inseln der weitverstreuten Kykladen noch heute abend wieder nach Athen zurückbringen. Am Morgen würde er in Piräus landen und zu Mittag mit der fertiggeschriebenen Story an seinem Schreibtisch sitzen.
    Die Herberge der Rechtschaffenheit war einst ein Kloster gewesen, das aufgelassen worden war und langsam zerfiel. Die Gefolgsleute Pater Thaddeus Pilgrims hatten die kleine Insel Kalivari schließlich von der griechischen Regierung gepachtet und das Gebäude renoviert. Außer der Herberge selbst und den verschiedenen Nebengebäuden gab es auf der Insel keine anderen Häuser. Das kleine Fischerboot, in dem Papadakis am Vorabend nach Einbruch der Dunkelheit tatsächlich nach Kalivari gekommen war, hatte sofort wieder abgedreht, nachdem es ihn einen Kilometer von der winzigen Hafenanlage entfernt an Land gesetzt hatte. Es war für ihn nicht schwer gewesen, sich heute morgen in der Nähe des Hafens zu verstecken und sich, als die Frühfähre ankam, unter die wenigen Besucher und Waren abladenden Männer zu mischen.
    Papadakis bemerkte, daß Thaddeus Pilgrim mit seinem eintönigen Geschwafel zu Ende war. Er kritzelte etwas in sein Notizbuch und fragte mit vorgetäuschtem Interesse: »Darf ich Sie fragen, Dr. Pilgrim, was das genaue Ziel der Herberge

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