Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Modesty Blaise 12: Die Lady läßt es blitzen

Modesty Blaise 12: Die Lady läßt es blitzen

Titel: Modesty Blaise 12: Die Lady läßt es blitzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
Vom Netzwerk:
zu lauschen, hörte aber nichts außer der natürlichen nächtlichen Geräuschkulisse. In einiger Entfernung konnte sie eine Reihe größerer Bäume ausmachen, die offenbar das Ende des Pfades bildeten. Nein … die Stämme sahen einander zu ähnlich, und der Abstand zwischen ihnen war für Bäume zu regelmäßig. Es waren Säulen, eine davon abgebrochen; wahrscheinlich die Überreste eines griechischen Tempels. In der gesamten Ägäis konnte man auf unzählige solcher Ruinen stoßen.
    »Oben werden Sie den Mann finden, den Sie sehen möchten«, hatte der Fischer gesagt und dabei verständnislos die Worte wiederholt, die man ihm eingetrichtert hatte. Sie blieb stehen, holte tief Luft und wiederholte im Geiste ein Mantra, um ihre Einbildungskraft zu unterdrücken und die Spannung zu lindern, die sich in ihr aufgestaut hatte. Sie wußte, daß die Falle bald zuschnappen würde, und wollte vorher nicht wissen, wie sie aussah, da das ihre Reaktionsschnelligkeit beeinträchtigt hätte. Sie mußte auch ihre Angst bekämpfen, die Angst, daß Willie Garvin, wenn sie ihn in ein paar Minuten fand, tot sein könnte oder sich in einer schrecklichen Lage befinden würde … zum Krüppel geschlagen, gequält, mißhandelt – man konnte ja nicht wissen, was die unbekannten Feinde getan hatten oder zu tun planten.
    Als sie alle derartigen Spekulationen aus ihrem Gedächtnis getilgt hatte, hob sie ihr Hemd, um die Star .45 Automatik zu entsichern und im Halfter griffbereit zu machen. Dann ging sie zügig weiter. Alles, was sie wußte, alles, was sie überhaupt wissen konnte, war, daß Willie Garvin, falls und wenn sie ihn dort oben in der Dunkelheit fand, nicht als freier Mann handeln würde.
    Irgend etwas anderes, irgend etwas Konturloses, aber doch Feindliches, würde sicherlich noch auf sie warten.
    Eine halbe Minute später stieg sie langsam und vorsichtig ein paar Steinstufen zwischen zwei Säulen hinauf und befand sich auf einer Ebene. Das Licht des aufgehenden Mondes wurde nun offenbar durch den Rand einer sehr hohen Mauer in einiger Entfernung verdeckt. Wieder blieb sie stehen und brauchte einige Zeit, um festzustellen, daß es keine Mauer war, sondern eine steil ansteigende Rundung – wie ein Amphitheater. Plötzlich wurde die ganze Szene in Licht getaucht.
    Dieses Licht kam von zwei Scheinwerfern, die zu beiden Seiten der alten Steinbühne, auf der sie sich befand, montiert waren. Das Licht war gedämpft und diffus, als wären die Scheinwerfer mit einem grobmaschigen Stoff abgedeckt, und ihre Augen gewöhnten sich rasch daran. Acht Meter entfernt stand ihr Willie Garvin gegenüber. Er trug ein dunkles Hemd und dunkle Hosen, die blauen Augen fixierten sie mit einem Ausdruck des Wiedererkennens, allerdings gepaart mit einer glühenden Feindseligkeit, die wie ein körperlicher Schlag wirkte. Seine Hand bewegte sich, fuhr plötzlich zum Griff eines der Messer an seiner Brust, und sein Gesicht verzog sich in einer Grimasse bitteren Hasses.
    In der darauffolgenden Sekunde hatte sie keine Zeit für Überlegungen. Da war nur eine Art von Wissen ohne Verstehen, instinktiv und plötzlich. Das hier war eine lang und sorgfältig geplante Szene; Willie Garvin war einer Art Gehirnwäsche unterzogen worden, Willie Garvin war darauf gedrillt, sie zu töten. Diese drei Dinge wußte sie, als ob sie in Stein gehauen wären, wußte sie ganz einfach, seit sie ihn gesehen hatte, als die Lichter vor einer halben Sekunde angegangen waren. Er hatte seinen Arm gehoben, wurfbereit; die Klinge glitzerte, und es kam ihr nicht in den Sinn, ihre Waffe zu ziehen oder sich auf die Seite zu werfen. Sie hatte Willie Garvin zu oft in Aktion gesehen, als daß sie nicht gewußt hätte, daß er während des Zielens ihrer Bewegung folgen würde.
    Ohne bewußt zu handeln, stand sie ganz still, streckte die Arme rasch seitwärts in die Position, die ihm von seiner Zirkusnummer her vertraut war, und als seine Hand nach vorne schnellte, sagte sie ganz ruhig: »Willielieb, ich bin es.«
    Das Messer flog mit einer solchen Geschwindigkeit durch die Luft, daß sie nur ein kurzes Vorbeizucken wahrnahm. Aber sie fühlte den Luftstoß und spürte gleichzeitig, wie der kugelsichere Griff mit seiner Haifischhautbespannung sie seitlich am Hals streifte, als die Klinge einen halben Zentimeter neben der Haut vorbeischoß. Dann hörte sie von irgendwo hinter sich das Klirren von Stahl, als das Messer auf eine der Säulen traf und zu Boden fiel.
    Willie hatte das zweite Messer

Weitere Kostenlose Bücher