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Modesty Blaise 12: Die Lady läßt es blitzen

Modesty Blaise 12: Die Lady läßt es blitzen

Titel: Modesty Blaise 12: Die Lady läßt es blitzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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den oberen Rand des Amphitheaters erreichten und den Hauptgang zwischen den Steinstufen hinabblickten, stellte Willie fest, daß beinahe die gesamte Bevölkerung der Insel hierzusein schien, verstreut in den Sitzreihen. Alle waren ganz still und im blassen Licht der Sterne kaum zu sehen, aber ihre Anwesenheit irritierte ihn. »Was machen die denn hier?« fragte er mürrisch.
    »Sie möchten es sehen, Willie.« Nun, so kurz vor dem Ziel und in der Gewißheit, daß seine neueste Meisterleistung bald ihren Höhepunkt erreichen würde, konnte Tyl seine Aufregung kaum mehr beherrschen. Er hatte Garvins Gehirn genommen und es gleich einem Tontöpfer modelliert, umgestaltet, die Erinnerungen ausgelöscht, vorgetäuschte Erinnerungen geschaffen, einen unbändigen Zorn beigemengt, und genährt und diesen Mann auf den Funken präpariert, der ihn zur Explosion bringen und bedingungslos zum Töten veranlassen würde. »Delilah wird gleich kommen, Willie«, sagte er. »Es ist genauso, wie wir es geplant haben. Und das sind alles Leute vom Netz. Sie möchten dabei zusehen, wie du das Ungeheuer vernichtest, das Modesty Blaise zu Tode gefoltert hat.«
    »Okay.« Willies Stimme überschlug sich vor Zorn.
    »Paß nur auf, daß sie mir nicht in die Quere kommen.«
    »Keine Angst«, erwiderte Tyl beschwichtigend.
    »Die gehört dir ganz allein, Willie.«
    Sie gingen an der Stelle vorbei, wo Dr. Pilgrim flankiert von Sibyl und Kazim auf der einen und Mrs. Ram auf der anderen Seite saßen. Von allen Anwesenden trugen nur Thaddeus Pilgrim und Dr. Tyl ihre braune Mönchskutten, während Mrs. Ram wie gewöhnlich ihre weiße Kutte anhatte. An dem Punkt, wo die Stufen in die Steinplatten der Bühne mündeten, hielt Tyl Willie am Arm fest. »Hier ist es«, sagte er sanft. »Sie wird bald aus dieser Richtung kommen.« Er zeigte auf die Rückseite der Bühne, wo Stufen zur Hinterbühne und zum Klippenpfad führten. »Delilah wird in ein paar Minuten kommen, und wir werden die Lichter einschalten, damit du sie sehen kannst, Willie. Dann tötest du sie, verstanden? Dann tötest du sie.« Seine Stimme war rhythmisch und monoton. »Wenn sie kommt, gehen die Lichter an. Du siehst sie, und du tötest sie. Jetzt brauchst du nur noch ein wenig zu warten. Nur ein wenig …«
    Seine Stimme wurde leiser, dann drehte er sich um und ging die Stufen hinauf zu Thaddeus Pilgrim. Er setzte sich in die Reihe vor ihm, lehnte sich zurück und flüsterte: »Das Szenarium wird gleich beginnen, Dr. Pilgrim.«
    »Eine prächtige Atmosphäre, ganz prächtig«, murmelte Thaddeus Pilgrim gütig. »Ich sehe, wie wir alle, dessen bin ich sicher, mit größtem Interesse dem Ausgang entgegen. Miss äh – Blaise zu erlauben, ihre Waffe zu behalten, erhöht noch die Spannung, wie ich meine.
    Es ist immer möglich, vermute ich, daß sie in Selbstverteidigung rasch genug reagieren
kann
, um Mr. Garvin zu erschießen … obwohl natürlich eine Hemmung
dagegen
vorhanden wäre, eine Hemmung, die Mr. Garvin naturgegebenermaßen nicht empfindet, da Sie ihn ja dieses Gefühls so meisterhaft beraubt haben, und er zweifelsohne den Vorteil der Überraschung haben wird. Dennoch, wir werden sehen. Wir werden sehen …«
    Sein Murmeln verebbte. Am Rand der Bühne unten stand Willie Garvin und schaute mit beinahe geschlossenen Augen über das Rund von Steinplatten hinweg.
    Sein Hemd war bis zur Hüfte offen und gab den Blick auf die beiden Messer im Futteral frei, das er über der linken Brust trug. Seine rechte Hand berührte die Klingen, hob sie leicht an, um sicherzustellen, daß er sie ungehindert und schnell ziehen konnte, dann stand er wieder ruhig da.
    Nach einer langen und schwierigen Behandlung war der Moment gekommen, für den Dr. Tyl gearbeitet hatte. Willie Garvins Gehirn war zum größten Teil inaktiv, stellte von sich aus keine Fragen, wollte nichts wissen, war nur auf ein Ziel gerichtet: das verhaßte Gesicht, das in sein Gedächtnis eingebrannt worden war, zu sehen, das Gesicht Delilahs, das schwarze Haar, die mitternachtsblauen Augen, die hohen Backenknochen … und ihr sein Messer in den schönen langen Hals zu stoßen.

9
    Sie hatte die Taschenlampe an ihrem Gürtel nicht gebraucht, um den Klippenpfad zu finden, der vom Strand hinaufführte. Die ersten sechzig Meter schlängelte er sich steil in die Höhe, aber dann wurde das Gelände ebener, und der Pfad führte gerade über eine sanfte Steigung zwischen vereinzelt stehenden Bäumen.
    Zweimal blieb sie stehen, um

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