Modesty Blaise 13: Bellman (Kurzgeschichte von Cobra Trap)
zu geben.«
Modesty Blaise erhob sich und auch er stand sofort auf, als sie zum Fenster ging und ihm den Rücken zukehrte; die Hände an ihren Ellenbogen, wie er es sehr oft bei ihr beobachtet hatte, wenn sie intensiv nachdachte. Während er sie beobachtete, verdrängte er den Gedanken, vor dem er sich fürchtete, entlassen zu werden; er stand nur da und bewunderte ihre Anmut ohne den leisesten Anflug von Begehren.
Sie trug eine blassgelbe Bluse, einen Jeansrock und Sandalen, ihre Beine waren nackt. Ihr rabenschwarzes Haar war zu einem Chignon gebunden und offenbarte ihren edlen, schlanken Nacken, ihr einziger Schmuck war ein Amethystanhänger.
Sie war nicht sehr groß, vielleicht ein Meter fünfundsechzig, aber er kannte ihre elegante Figur, denn wenn sie sich zweimal in der Woche zum taktischen Kampftraining in der Halle trafen, die dem Netz-eigenen kleinen Krankenhaus angegliedert war, trug sie einen Gymnastikanzug. Das Training dauerte eine Stunde und war durch und durch professionell; auch für die Spitzenleute wie Krolli, Nedic und Sammy Wan war es überaus lehrreich und sie fanden oft Ausreden, ebenfalls zu diesen Zeiten in der Halle zu sein.
In Gedanken bewunderte er ihre Schnelligkeit und ihr meisterhaftes Timing, aber vor allem ihre einzigartige Kampftechnik beim Rückzug. Diese Fähigkeit hatte sie sich zweifelsohne während ihre Kindheit angeeignet, aber es war eine, die sie zu einem gefährlichen Gegner machte, gefährlicher als er je einem gegenübergestanden hatte.
Zwei Minuten waren verstrichen, als sie sagte, »Hast du nur geblufft, als du gehen wolltest, ohne mir zu sagen, was für ein Gefallen du von mir willst?«
»Nein, Prinzessin. Mir ist nur klar geworden, dass Sie mir den Gefallen nicht blind gewähren können.«
»Also ist es damit erledigt?«
»Nein, eigentlich nicht. Ich rechne damit, dass ich Sie nach Lima begleiten kann und dass ich mich an Sie anhänge, wenn Sie mit Bellman aneinandergeraten. Oder vielleicht kriege ich ihn auch zuerst.«
»Mich am Leben zu erhalten zum Wohle des
Netzes
.«
Es entstand eine Pause, dann sagte er, »Nein. Zu meinem eigenen Wohl. Sie sind so etwas wie meine Lebenslinie.«
Wieder trat eine lange Stille ein. Schließlich sagte sie, ohne sich umzuwenden, »Hast du heute Abend für das Netz etwas zu erledigen? Garcia erwähnte da etwas, das keinen Aufschub duldet.«
»Oh, es hat sich um ein paar Ganoven gehandelt, die für einen Zuhälter arbeiten, der Claudine als eines seiner Pferdchen laufen lassen wollte, aber ich habe das heute Nachmittag geregelt.«
»Die junge Claudine? Eine unserer Kuriere?«
»Ja.«
»Was hast du unternommen?«
»Ich habe mir die Schurken und den Zuhälter geschnappt, ein Flugzeug gechartert und sie nach Tahala geflogen. Jetzt hat sie der gute alte Saad und er überlässt sie für sechs Monate dem Fuad Stamm. Einer der Nomadenstämme mit ungewöhnlichen Vorlieben. So werden sie schnell merken, wie es sich anfühlt. Ich habe Saad gesagt, dass sie keine Vermittlungsgebühr verlangen.«
Sie drehte sich um und sah ihn erstaunt und gleichzeitig amüsiert an. »Danny Chavasse hat schon immer gesagt, dass du Stil hast, doch das ist mir nicht unbekannt. Aber ich habe nicht gewusst, dass du eine Fluglizenz besitzt.«
»Vor fünf Jahren, Prinzessin, hat sie mir eine amerikanische Lady finanziert, damit ich ihren nichtsnutzigen Sohn aus einem Knast nördlich von Duranzo in Uruguay herausholen konnte, in dem er für fünfzehn Jahre saß. Sie hat mich aufgelesen, als…« er unterbrach sich. »Nein, es ist eine lange Geschichte. Entschuldigen Sie. Zumindest so habe ich meine Flugerlaubnis erhalten, und danach habe ich Schädlingsbekämpfung betrieben und ein wenig Waffenschmuggel.«
Sie ging zum Schreibtisch zurück und fragte, »Hast du für heute Abend etwas vor?«
Er lächelte. »Wann und was immer Sie wollen, ich bin frei, Prinzessin.«
»Gut… es scheint, dass ich eine ganze Menge über dich nicht weiß, Willie Garvin, weil du nicht darüber redest.
Vielleicht nützliche Dinge. Ich würde mich freuen, wenn du heute Abend mit mir zu Abend isst und wir dann reden können. Über nichts besonders. Einfach nur reden.« Für einen Augenblick glaubte er zum ersten Mal ein Lächeln bemerkt zu haben. »Es kommt leider nicht oft vor«, sagte sie und hob die Hand, als er sprechen wollte, »aber das ist kein Befehl. Ich gebe außerhalb des Netzes keine Befehle«. Ihre dunkle Augenbraue hob sich leicht über ihrem mitternachtsblauen
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