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Möhrchenprinz - Roman

Möhrchenprinz - Roman

Titel: Möhrchenprinz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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zunächst die Ereignisse des Samstags zusammenfassen. Danach wurde meine Erklärung eingespielt, dass es sich um einen Streich zum Junggesellenabschied handelte und der Schuldige seine Tat bereute, danach sprach die Moderatorin mit einem Experten im Studio nicht etwa über die Frage, wie viel Fleischkonsum gesund oder klimafreundlich sei, sondern über Sachbeschädigung! PS und ich schauten uns an und prusteten los vor Lachen. Derweil erklärte der Experte, dass heutzutage immer mehr Streiche die gesetzlichen Grenzen überschritten. Abiturienten verwüsteten ihre Schule, Kinder sprühten an Halloween Graffitis an Hauswände und Junggesellen demolierten Züge, klauten Fahrräder oder belästigten Passanten auf ihren exzessiven Abschiedspartys. Je abgefahrener, desto besser – die Frage des guten Geschmacks oder der Legalität zähle da nicht mehr.
    »Das wird meinen Vater endgültig davon überzeugen, dass meine Entscheidung, dich einzustellen, eindeutig richtig war.«
    Er entkorkte eine Flasche Champagner, die er aus dem Kühlschrank hinter seinem Schreibtisch geholt hatte.
    »Auf die unbeschädigte Reputation des Namens Siebendt«, toastete er.
    Ich ließ mein Glas an seines stoßen, nahm einen Schluck des exquisiten Tröpfchens und genoss den Augenblick.
    PS schaute auf seine Uhr. »Oh, sorry, aber ich muss weg. Nimm das Glas mit in dein Büro und trink in Ruhe aus, es wäre ja zu schade um den guten Tropfen.«
    Ich war über das abrupte Ende unserer Siegesfeier enttäuscht, hatte ich doch heimlich gehofft, dass wir den Abend mit einem gemeinsamen Essen ausklingen lassen würden, aber als PS mir zum Abschied einen Kuss auf die Wange hauchte, war ich versöhnt. Genüsslich leerte ich das Glas mit den Füßen auf meinem Schreibtisch und schlief auf dem Heimweg in der Straßenbahn ein. Alkohol auf leeren Magen bekam mir einfach nicht.
    Daniel verriet mir nicht, wer ihn über das geplante Interview auf dem Carlsplatz informiert hatte. Immerhin schien der Kontakt nicht aus dem Sender zu kommen, sonst wäre Daniels Name mit Sicherheit bereits an die Öffentlichkeit gelangt. Ich vermutete eine Beziehung zur Marktleitung, denn außer dem Sender, PS und mir war diese Stelle als einzige im Voraus über die Filmaufnahmen informiert worden, aber da die Sache für mich glimpflich ausgegangen war, interessierte es mich nicht weiter. Mit Daniel über diese Dinge zu streiten, war sowieso aussichtslos.
    Die Tage im Büro wurden ruhiger wenn auch nicht weniger arbeitsintensiv. Die Abende und das folgende Wochenende verbrachte ich teilweise am Rhein, teils zu Hause, wo ich mit meiner Mutter oder mit Daniel oder mit beiden kochte und die Stimmung sich langsam normalisierte. Daniel warnicht mehr zänkisch und meine Mutter heulte von Tag zu Tag seltener. Meinen Vater hatte ich seit dem Auftritt während meines Fernsehinterviews weder gesehen noch gesprochen. Ich ertappte mich immer wieder bei dem Gedanken, dass er vom Antlitz der Welt verschwunden war, denn dass der Mann im violetten Hemd mein Vater sein sollte, war für mich unvorstellbar. Ich wusste nicht, wie ich mit der Situation umgehen sollte, und tat das, was angesichts meines aufreibenden Jobs das Einfachste war: nichts.
    Eines Abends erwartete mich meine Mutter bei meiner Heimkehr in einer eigenartigen Stimmung. Sie summte, während sie Sahne schlug. Mit einem Handmixer von dem Typ, den ich zuletzt in einem Freilichtmuseum zum bäuerlichen Leben des vorletzten Jahrhunderts gesehen hatte. Der elektrische Mixer war meinem Bruder zum Opfer gefallen. Ich stand einen Moment in der Küchentür und betrachtete das Bild auf der Suche nach dem Fehler. Endlich fiel es mir auf. Mama trug kein Seidentuch.
    »Wie geht es dir?«, fragte ich, als sie den Schneebesen zur Seite legte und der Lärmpegel auf ein erträgliches Maß sank.
    »Gut, danke der Nachfrage.«
    »Ich weiß zwar nicht, was es gibt, aber kann ich mitessen?«
    »Nun …« Das klang eindeutig ablehnend.
    Ich seufzte. Ich war wieder mal nicht zum Essen gekommen, daher hing mir der Magen inzwischen in den Kniekehlen.
    »Kein Problem, ich mache mir selbst etwas«, murmelte ich.
    Ich zog mich um und ging wieder in die Küche. Nudeln wären jetzt genau richtig. Meine Mutter saß am Tisch und schaufelte Erdbeeren mit Sahne in sich hinein. Mindestensein Kilo Erdbeeren und mindestens einen ganzen Becher Sahne. Genug für drei. Aber mir hatte sie nichts abgeben wollen. Na toll.
    »Weißt du, ich muss jetzt Pläne für mein Leben

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